TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/25 90/14/0015

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Veröffentlicht am 25.05.1993
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
53 Wirtschaftsförderung;

Norm

EStG 1972 §23a;
EStG 1972 §24 Abs1 Z2;
EStG 1972 §24;
StruktVG 1969 §11;
StruktVG 1969 §8 Abs2;
StruktVG 1969 Art4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde der R GmbH & Co KG als Rechtsnachfolgerin der BF GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für OÖ, vom 11.2.1988, 14/63/4-BK/Fu-1987, betr einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Wirkung zum 31. März 1983 schlossen sich die BF Gesellschaft mbH & Co KG (in der Folge: übertragende Gesellschaft) und die RG Gesellschaft mbH & Co KG (in der Folge: aufnehmende Gesellschaft) gemäß Art IV StruktVG zusammen, wobei die übertragende Gesellschaft aufgelöst und ihr Vermögen in die aufnehmende Gesellschaft eingebracht wurde. Sowohl an der übertragenden als auch an der aufnehmenden Gesellschaft waren im Zeitpunkt des Zusammenschlusses als Kommanditisten Dipl.Ing. RF und HH zu 60 % bzw 40 % am Gewinn und am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Komplementärin war bei beiden Gesellschaften jeweils eine weder am Gewinn noch am Vermögen beteiligte Gesellschaft mbH. Der Gewinn wurde bei beiden Gesellschaften nach Abzug einer an die jeweilige Komplementärin zu leistenden Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit von 10 % ihres Stammkapitals zwischen den beiden Kommanditisten aufgeteilt.

Für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Jänner 1983 bis 31. März 1983 erklärte die übertragende Gesellschaft neben einem laufenden Verlust von 1,458.380 S einen Veräußerungsgewinn von 25,243.599 S, der durch die Aufdeckung der stillen Reserven anläßlich der Einbringung ihres Vermögens in die aufnehmende Gesellschaft entstanden sei. Die übertragende Gesellschaft beantragte, diesen Veräußerungsgewinn nach Abzug des Freibetrages gemäß § 24 Abs 4 EStG 1972 mit dem ermäßigten Steuersatz des § 37 leg cit zu besteuern.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Antrag keine Folge. Bei einem Zusammenschluß zu Handelsgesellschaften gemäß Art IV StruktVG bestehe kein Aufwertungszwang, sondern nur ein Aufwertungswahlrecht. Die Ausübung dieses Wahlrechtes sei nach der in Judikatur und Literatur vertretenen Ansicht aber nur dann zulässig, wenn der Aufwertung wirtschaftliche Motive - wie etwa ein Kapitalkontenausgleich oder das Vorliegen eines Tauschvorganges - zugrunde lägen. Wenn hingegen sowohl an der übertragenden als auch an der aufnehmenden Gesellschaft dieselben Gesellschafter im selben Ausmaß beteiligt seien, sei weder ein Kapitalkontenausgleich vorzunehmen noch liege ein Wechsel im Vermögensstand der Gesellschafter vor. In diesem Fall seien die bisherigen Buchwerte daher zwangsweise weiterzuführen. Auch die Absicht der Sanierung des Unternehmens bzw die Erfüllung des Grundsatzes der "Bilanzwahrheit" stellten keine wirtschaftlichen Motive für die Aufwertung dar. Ebensowenig liege der Fall des Ausscheidens der Kommanditisten im Sinn des § 23a Abs 2 EStG 1972 vor, weil diese in bilanzbündeltheoretischer Betrachtungsweise lediglich ihre Teilunternehmungen unter einem anderen Titel bzw einer anderen Rechtsform fortführten. Die Anwendung des begünstigten Steuersatzes gemäß § 37 leg cit sei überdies nur bei einer Vollaufwertung (Aufdeckung aller stillen Reserven und eines allfälligen Firmenwertes) zulässig, an deren Vorliegen Zweifel bestünden.

Die aufnehmende Gesellschaft erhob als Rechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft (in der Folge: Beschwerdeführerin) gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit dem die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschluß vom 28. November 1989, B 879/88-3, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der für das hg Verfahren ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde zunächst vor, den Sachverhalt insofern unrichtig festgestellt zu haben, als durch die vorgenommene Aufwertung der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens "genau" die negativen Kapitalkonten der beiden Kommanditisten ausgeglichen worden seien. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hätten die im Zeitpunkt des Zusammenschlusses vorhandenen stillen Reserven gar nicht ausgereicht, um die negativen Verrechnungskonten und die ursprünglichen Hafteinlagen der beiden Kommanditisten abzudecken. Die Kommanditisten hätten daher weitere Einlagen von 3,3 Mio S bzw 2,2 Mio S geleistet. Um die Aufdeckung aller stillen Reserven zu beweisen, sei die Vorlage eines Sachverständigengutachtens angeboten worden.

Der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften ist zwar berechtigt, führt aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nämlich nicht auf die genannten Sachverhaltsfeststellungen gestützt, sondern diese nur der Ausführung weiterer Bedenken gegen die Richtigkeit der Vorgangsweise der Beschwerdeführerin zugrunde gelegt. Selbst wenn die belangte Behörde von dem von der Beschwerdeführerin geschilderten Sachverhalt ausgegangen wäre, hätte sie - wie in der Folge ausgeführt wird - zu keinem anderen Bescheid kommen können.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Sache vor, bei der übertragenden Gesellschaft habe es sich vor dem Zusammenschluß um ein schwer überschuldetes Unternehmen mit einem hohen negativen Betriebsvermögen gehandelt. Da die Übertragung eines überschuldeten Unternehmens nach dem Strukturverbesserungsgesetz nicht möglich sei (es müsse sich immer um "einen Wert von null Schilling aufwärts" handeln), sei von der Aufwertungsmöglichkeit Gebrauch gemacht worden und hätten die beiden Kommanditisten Bareinlagen von insgesamt 5,5 Mio S geleistet. Die Aufwertung sei somit eine wirtschaftlich begründete Maßnahme gewesen.

Die Beschwerdeführerin geht in diesen sowie in ihren folgenden Ausführungen von der zutreffenden Ansicht aus, daß bei Vorgängen nach Art IV StruktVG grundsätzlich ein Aufwertungswahlrecht besteht. Die in der Literatur vertretene Rechtsansicht, es bestehe in diesen Fällen ein allgemeines Wahlrecht zwischen Buchwertfortführung und Teil- oder Vollaufwertung (in diesem Sinn Helbich, Umgründungen4, Seite 521, mwA), ist darauf zurückzuführen, daß bei diesen Vorgängen regelmäßig wirtschaftliche Gründe, insbesondere das Erfordernis des Kapitalkontenausgleichs, für eine Aufwertung vorliegen (vgl Schögl-Wiesner-Nolz-Kohler, EStG8, § 23 Tz 12). Diese Rechtsansicht ändert jedoch nichts daran, daß in jedem einzelnen Fall das Vorliegen wirtschaftlicher Gründe für die Aufwertung zu prüfen ist.

Die Beschwerdeführerin meint nun, im gegenständlichen Fall lägen die gewichtigen wirtschaftlichen Gründe in der Erzielung eines positiven Betriebsvermögens der übertragenden Gesellschaft und der damit verbundenen finanziellen Sanierung und Absicherung der aufnehmenden Gesellschaft.

Die Einbringung eines bloß buchmäßig überschuldeten Betriebes ist nach Art IV StruktVG möglich (vgl Helbich, aaO, Seite 520, mwA). Da die übertragende Gesellschaft im vorliegenden Fall nicht nur buchmäßig sondern auch wirtschaftlich überschuldet war, war die Leistung der Bareinlagen von insgesamt 5,5 Mio S zweifellos erforderlich, um einen Zusammenschluß gemäß Art IV leg cit überhaupt zu ermöglichen. Die Leistung der Bareinlagen hat die Aufdeckung der stillen Reserven aber keinesfalls vorausgesetzt. Ein Zusammenschluß gemäß Art IV leg cit und somit die Beseitigung der strukturellen, wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten der übertragenden Gesellschaft wäre daher ebenso auch ohne Aufwertung (die bloße Aufdeckung unbestrittenermaßen vorhandener stiller Reserven hat noch keinen Sanierungseffekt) möglich gewesen. Auch das Argument, die Aufwertung sei aus Gründen der Bilanzwahrheit geboten gewesen, ist nicht stichhältig, weil danach bereits die Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen der Bilanzwahrheit widerspräche.

Nicht zutreffend sind die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die Aufwertung sei bei Vorgängen nach Art IV bei fremden Gesellschaftern zwingend, weshalb sie bei "identen" Gesellschaftern nicht verboten sein könne. Sowohl bei fremden als auch bei "identen" Gesellschaftern besteht ein Aufwertungswahlrecht, wenn wirtschaftliche Gründe dafür vorliegen. Die Beschwerdeführerin konnte jedoch für ihren besonders gelagerten Fall, in dem sowohl an der übertragenden als auch an der aufnehmenden Gesellschaft dieselben Gesellschafter im selben Ausmaß beteiligt sind, keinen anzuerkennenden wirtschaftlichen Grund für die Aufdeckung der stillen Reserven nennen.

Auch die Bestimmung des § 23a EStG 1972, wonach beim Ausscheiden eines Kommanditisten ohne Abfindung der Betrag des negativen Kapitalkontos, den er nicht auffüllen muß, abzüglich allfälliger Veräußerungskosten als Veräußerungsgewinn im Sinn des § 24 leg cit gilt, führt im vorliegenden Fall - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht zur zwingenden Ermittlung eines Veräußerungsgewinnes. Bei Vorliegen eines negativen Kapitalkontos ist die Übertragung eines Mitunternehmeranteils bzw ein Zusammenschluß nach Art IV StruktVG zulässig, wobei die Verpflichtung zur Versteuerung des negativen Kapitalkontos als Veräußerungsgewinn gemäß § 23a EStG 1972 auf den Rechtsnachfolger übergeht (vgl Helbich, aaO, Seite 532, mwA). Der von Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 23a Tz 26, vertretenen Rechtsansicht, die Verrechnungsverluste (Wartetastenverluste) gingen grundsätzlich (im Sinn einer ausnahmsweisen Umwandlung in vortragsfähige Verluste) verloren, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Denn bei einem Zusammenschluß nach Art IV StruktVG handelt es sich um eine unveränderte (einkommen)steuerliche Fortführung (Rechtsnachfolge) der übertragenden Gesellschaft, weswegen die für Kommanditisten verbliebenen Wartetastenverluste in den Folgejahren im Rahmen der aufnehmenden Gesellschaft verrechnet bzw ausgeglichen werden können (vgl Nolz, Die einkommensteuerlichen Bestimmungen im Abgabenänderungsgesetz 1981, ÖStZ 1/82, Seite 16). Mit dem Hinweis auf § 23a leg cit zeigt die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990140015.X00

Im RIS seit

26.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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