TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/25 93/17/0100

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Veröffentlicht am 25.06.1993
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Index

L37166 Kanalabgabe Steiermark;
L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;

Norm

KanalabgabenG Stmk 1955 §2 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §5 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §7;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der J in H, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. März 1993, Zl. 03-12 Sti 15-93/2, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bescheiden des Abgabenverfahrens ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom 19. August 1991 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin auf Grund des Kanalgesetzes 1955, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 70, des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. Nr. 71 (im folgenden: Stmk KAbgG 1955) und der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Oktober 1989 für die "Einschlauchung" ihrer Liegenschaft H Nr. 81 in das öffentliche Kanalnetz des Abwasserverbandes X einen einmaligen Kanalisationsbeitrag von S 66.862,40 vor. Nach der Begründung dieses Bescheides bestehe gemäß § 5 des Kanalgesetzes 1955 für die Liegenschaft Anschlußzwang an das öffentliche Kanalnetz. Daher erfolge die Vorschreibung des einmaligen Kanalisationsbeitrages.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 5. März 1992 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde diese Berufung ab und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Hausanschlußkanal bis zu jenem Grundstück geführt worden, auf welchem sich das im erstinstanzlichen Bescheid genannte Bauwerk befinde. Damit sei die gemäß § 5 des Kanalgesetzes 1955 festgelegte Entfernung von weniger als 100 m gegeben. Das Grundstück sei eben. Die Höhenlage und die Beschaffenheit des Kanalstranges ließen den Anschluß zu. Weiters werde darauf hingewiesen, daß durch § 21a WRG in der Fassung der Novelle 1990 die Verpflichtung der Wasserbehörden eingeführt worden sei, rechtskräftig erteilte wasserrechtliche Bewilligungen auf die Einhaltung des Standes der Technik zu überprüfen. Die bestehende Dreikammerkläranlage der Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 18. Juli 1967 wasserrechtlich bewilligt. Sie entspreche jedoch nicht mehr den Anforderungen einer Abwasserentsorgungsanlage nach dem heutigen Stand der Technik. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 23. Juni 1992 sei die Beschwerdeführerin auf diesen Umstand aufmerksam gemacht und verpflichtet worden, um die Errichtung einer dem Stand der Technik entsprechenden Abwasserversorgungsanlage nach den Bestimmungen der Wasserrechtsnovelle 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft anzusuchen.

1.3. Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. Mai 1992 wurde der von der Beschwerdeführerin gegen den vorgenannten Bescheid erhobenen Vorstellung Folge gegeben, der Bescheid behoben und zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen.

1.4. Mit Bescheid vom 12. Mai 1992 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 19. August 1991 neuerlich als unbegründet ab, änderte ihn allerdings dahingehend ab, daß § 4 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79 (im folgenden: Stmk KanalG 1988), "für die Anschlußverpflichtung herangezogen" werde. In der Begründung dieses Bescheides wird darauf hingewiesen, daß gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Kanalanschlußverpflichtung ausschließlich dem Ausnahmewerber obliege. Im § 4 Abs. 1 leg. cit. werde ausdrücklich die Verpflichtung der Eigentümer von bebauten Grundstücken zum Anschluß an einen öffentlichen Kanal ausgesprochen.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

1.5. Mit Bescheid vom 2. März 1993 wies die Steiermärkische Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Beschwerdeführerin in der Vorstellung ausgeführt, sie habe den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Kanalanschlußverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 erbracht, da sie in dem bei der Bezirkshauptmannschaft anhängigen Wasserrechtsverfahren aufgefordert worden sei, Planunterlagen für eine vollbiologische Abwasserkläranlage oder eine Erklärung über den Anschluß an die Ortskanalisation vorzulegen. Nach mehreren Fristerstreckungen habe sie schließlich der Bezirkshauptmannschaft ein Gutachten vorgelegt, wonach die bestehende Dreikammeranlage den Ö-Normen entspreche. Sodann heißt es in der Begründung des Bescheides weiter, in den Art. 10 bis 15 B-VG werde die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern geregelt. Das Wasserrecht falle in die Zuständigkeit des Bundes und werde in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen. Das Baurecht hingegen falle in die Kompetenz des Landes, wobei Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister sei. Auf Grund der unterschiedlichen Behördenzuständigkeiten hätten sich die Parteien im jeweils anhängigen Verfahren zu artikulieren und könnten nicht darauf vertrauen, daß ein Informationsaustausch zwischen den unabhängig voneinander handelnden Behörden erfolge. Aus dem Akt lasse sich nicht entnehmen, daß die Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend die Kanalanschlußverpflichtung vor der mitbeteiligten Gemeinde zumindest einen Hinweis auf das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft deponiert hätte. Selbst dann müßte bezweifelt werden, ob mit einem solchen Verweis der Nachweis im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 erbracht worden wäre. Es liege somit keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin vor.

1.6. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach der Begründung dieser Beschwerde habe die Bezirkshauptmannschaft die Beschwerdeführerin aufgefordert, Planunterlagen für eine vollbiologische Abwasserkläranlage und eine Erklärung über den gewählten Anschluß an die Ortskanalisation der Bezirkshauptmannschaft vorzulegen. In der Folge habe die Beschwerdeführerin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Z vom 24. April 1992 vorgelegt, aus welchem sich ergebe, daß die mechanische Kläranlage der Beschwerdeführerin baulich, abwassermäßig und hygienisch voll den Ansprüchen nach den einschlägigen Ö-Normen entspreche und voll betriebsbereit sei. Mit Bescheid vom 24. November 1992 habe die Bezirkshauptmannschaft die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides ein dem Stand der Technik entsprechendes Abwasserentsorgungsprojekt für ihren Gastgewerbebetrieb vorzulegen oder den Anschluß an die öffentliche Kanalisation bekanntzugeben. Dagegen sei Berufung erhoben worden, über welche bislang noch nicht entschieden worden sei.

Im Hinblick auf das zitierte Sachverständigengutachten hätte die belangte Vorstellungsbehörde der Vorstellung stattgeben müssen. Im vorliegenden Verfahren habe die Beschwerdeführerin in der Vorstellung den Antrag gestellt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft zu unterbrechen, da letzteres für das vorliegende Verfahren präjudiziell sei. Es sei sohin von der Beschwerdeführerin nicht nur ein Hinweis auf das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft deponiert worden, sondern es sei der Unterbrechungsantrag auch mit dem vorliegenden Sachverständigengutachten begründet worden. Im übrigen sei die Bezirkshauptmannschaft erst auf Grund einer Information seitens der mitbeteiligten Gemeinde wegen der Frage des Kanalanschlusses tätig geworden.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 2 Stmk KAbgG 1955 in der Fassung LGBl. Nr. 80/1988 lautet auszugsweise:

"(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlußpflicht für das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle ist der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlußpflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluß zu leisten. ..."

§ 4 Stmk KanalG 1988 bestimmt auszugsweise:

"(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. ...

...

(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Gleiches gilt für Regenwässer, wenn ihre Versickerung auf dem eigenen Grundstück möglich ist oder sie als Betriebsmittel (zum Beispiel zur Bodenbewässerung) Verwendung finden. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen."

§ 6 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 lautet:

"(1) Über die Verpflichtung zur Errichtung und zum Anschluß einer Hauskanalanlage, über die Inanspruchnahme fremden Grundes und fremder Hauskanalanlagen sowie über Art und Höhe der Entschädigung ist bei erst zu errichtenden Bauwerken von der Baubehörde zugleich mit der Erteilung der Widmungsbewilligung, wenn sie jedoch schon vorliegt zugleich mit der Baubewilligung, bei bestehenden in einem amtswegigen Verfahren zu entscheiden. In diesem Fall hat die Entscheidung auch den Auftrag zu enthalten, binnen angemessener Frist einen Bauentwurf über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluß an die Kanalanlage zur Genehmigung einzubringen. Bei Verzug ist die Baubehörde berechtigt, auf Kosten und Gefahr des Verpflichteten den Bauentwurf ausarbeiten und die Hauskanalanlage danach ausführen zu lassen."

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. März 1987, Zl. 86/17/0179, zum Verhältnis der die Abgabenpflicht betreffenden Regelung des § 2 Abs. 1 Stmk KAbgG 1955 zu jener der §§ 5 Abs. 1 und 7 des Kanalgesetzes 1955 (diese Bestimmungen entsprechen den §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Stmk KanalG 1988) betreffend die Anschlußpflicht ausgesprochen hat, entfaltet ein die Anschlußpflicht feststellender Bescheid Bindungswirkung auch für die Abgabenbehörden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0222).

Fehlt es an einer bescheidmäßigen Feststellung der sich aus § 4 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 ergebenden gesetzlichen Anschlußpflicht, so haben die Gemeindeabgabenbehörden bei Anwendung des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Stmk KAbgG 1955 das Vorliegen des Tatbestandselementes der Anschlußpflicht der betreffenden Liegenschaft vorfrageweise zu beurteilen.

In der Beschwerde wird nun nichts vorgebracht, was die Richtigkeit dieser Beurteilung durch die Abgabenbehörden und die belangte Behörde in Frage stellen würde.

Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen (die Vorstellung gegen den Kanalisationsbeitragsbescheid abweisenden) Vorstellungsbescheid und damit die Abgabenvorschreibung vielmehr mit Argumenten, die im vorliegenden Verfahrenszusammenhang nicht zielführend sind. Sie macht nämlich geltend, daß ihre mechanische Kläranlage baulich, abwassermäßig und hygienisch voll den zu stellenden Ansprüchen genüge und betriebsbereit sei. Damit behauptet sie der Sache nach das Vorliegen eines Tatbestandes, der die Ausnahme von der Anschlußverpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 rechtfertigen könnte. Eine solche Ausnahme von der Anschlußverpflichtung setzt allerdings die Erlassung eines entsprechenden Bescheides der Baubehörde voraus. Ein solcher Bescheid liegt aber, wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ableiten läßt, nicht vor. Solange dies aber nicht der Fall ist, stand der Beurteilung der Anschlußpflicht durch die Abgabenbehörden die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin eine mechanische Kläranlage betreibt, ebensowenig entgegen wie der Umstand, daß über den von ihr behaupteten Antrag auf Aussetzung des Vorstellungsverfahrens in der Abgabensache bis zur Entscheidung des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft als Wasserrechtsbehörde nicht abgesprochen bzw. diesem Antrag offenbar mangels (unmittelbarer) Präjudizialität nicht Rechnung getragen wurde.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993170100.X00

Im RIS seit

17.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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