TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/7 90/04/0295

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Veröffentlicht am 07.07.1993
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §18 Abs1;
GewO 1973 §339 Abs3 Z2;
GewO 1973 §340 Abs1;
GewO 1973 §340 Abs7;
GewO 1973 §350 Abs5;
GewO 1973 §350 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in O, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. April 1990, Zl. IIa-50.013/2-90, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. Jänner 1990 stellte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gemäß § 340 Abs. 1 und 7 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des vom Beschwerdeführer angemeldeten Friseur- und Perückenmachergewerbes nach § 94 Z. 18 GewO 1973 im näher bezeichneten Standort nicht vorlägen. Die Ausübung des angemeldeten Gewerbes wurde daher gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1973 untersagt.

Zur Begründung heißt es im wesentlichen, der Beschwerdeführer habe hinsichtlich des Befähigungsnachweises ausgeführt, er hätte entgegen der schriftlichen Mitteilung der Meisterprüfungsstelle der Handelskammer Tirol vom 27. November 1989, wonach er die Meisterprüfung im Gewerbe Friseur- und Perückenmacher am 27. November 1989 nicht bestanden habe, bei richtiger Anwendung der Gesetze die Prüfung bestanden. Nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften heißt es sodann, daß der Beschwerdeführer weder das Meisterprüfungszeugnis noch den Bescheid über die erteilte Nachsicht der Gewerbeanmeldung angeschlossen habe. Auf die in der Gewerbeanmeldung vorgebrachten Ausführungen bezüglich der nicht bestandenen Meisterprüfung durch den Beschwerdeführer wäre nicht näher einzugehen, weil diese Gründe für die gegenständliche Gewerbeanmeldung nicht von Bedeutung seien.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. April 1990 als unbegründet abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe kein Meisterprüfungszeugnis für das angemeldete Handwerk vorlegen können. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für das angemeldete Friseurgewerbe mangels Erbringung des Befähigungsnachweises nicht vorgelegen seien, sei die angefochtene Entscheidung zu Recht ergangen.

Mit Beschluß vom 25. September 1990, B 697/90-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insofern verletzt, "als die belangte Behörde nicht in Stattgebung seiner Berufung die Aufhebung des Untersagungsbescheides und die Zurkenntnisnahme der Gewerbeanmeldung bewilligt hat". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vorgebracht, richtig sei, daß der Beschwerdeführer die Gewerbeanmeldung vorgenommen habe, ohne ein Prüfungszeugnis der Meisterprüfungskommission vorzulegen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer die Meisterprüfung aber bestanden. Es sei nur von der Meisterprüfungskommission in gesetzwidriger Weise die Bewertung mit "nicht genügend" durchgeführt worden, obwohl die Bewertung auf "bestanden" hätte lauten müssen. Da gegen den Beschluß der Prüfungskommission gemäß § 350 Abs. 6 GewO 1973 kein Rechtsmittel zustehe, müßte der Beschwerdeführer den Weg der Anmeldung des Gewerbes beschreiten, um eine positive Bewertung zu "erkämpfen". Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Gutachten nur dann verbindlich sein, wenn es in einer vom Gesetz oder in einer in Gesetzesrang erhobenen Vorschrift vorgesehenen Art zustandegekommen sei. Im gegenständlichen Fall weise der Beschwerdeführer einen Notenduchschnitt von 3,5 auf, was aus den Bewertungsbögen ersichtlich sei. Es hätte somit die Prüfungsbeurteilung auf "bestanden" lauten müssen. Weiters werde darauf hingewiesen, daß die im § 3 Z. 2b Friseur-Meisterprüfungsverordnung genannte "Frisur nach Bildvorlage" (Wasserwelle) nicht entsprechend dem Gesetz geprüft worden sei, sondern als Aufgabenstellung eine gelegte Welle geprüft worden sei. Eine Wasserwelle sei aber eine mit Lockenwicklern und nicht mit den Händen gelegte Frisur. Auch sei auf Grund der Bewertungsbögen in der Meisterarbeit nach § 3 Z. 2c der Friseur-Meisterprüfungsverordnung, Schnitt- und Föhnwelle, bei allen drei Prüfungen dasselbe Modell präsentiert worden und es sei bei den ersten beiden Prüfungen jeweils eine positive Bewertung erfolgt. Es könne deshalb nicht sein, daß beim dritten "Anlaß" beim selben Modell die Bewertung nunmehr auf "nicht genügend" laute. Überdies sei der Schnitt gar nicht geprüft worden. Schon aus diesem Grund hätte die Bewertung nicht auf "nicht genügend" sondern auf "bestanden" lauten müssen. Es sei somit offensichtlich in gesetzwidriger Weise vorgegangen worden, da bei einem Notendurchschnitt von 3,5 die Bewertung auf "bestanden" hätte lauten müssen. Überdies sei in gesetzwidriger Weise die Akteneinsicht in den Meisterprüfungsakt - entgegen der vom Vorgänger des derzeitigen Leiters der Prüfungsstelle geübten Praxis - verweigert worden. Es werde die willkürliche Vorgangsweise der Prüfer in der gegenständlichen Angelegenheit sehr wohl einer Überprüfung im Instanzenzug und insbesondere durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegen müssen. Es könne nicht rechtens sein, daß sich gegen eine gesetzwidrige Anwendung der Prüfungsbestimmungen ein Beschwerdeführer nicht zur Wehr setzen könne. Was hier durch die Prüfer der Meisterprüfungsstelle erfolgt sei, sei ein Relikt des alten Zunftwesens, "das bemüht ist, jede Konkurrenz zu unterbinden". Der Beschwerdeführer sei somit insbesondere in seinem Recht verletzt, daß die Prüfung in gesetzmäßiger Form abzulaufen habe. Insbesondere seien die zitierten Bestimmungen der Friseur-Meisterprüfungsverordnung nicht eingehalten worden. Auf Grund allgemeiner rechtlicher Prinzipien sei dann, wenn der Notendurchschnitt eines Prüflings 3,5 betrage, auf "bestanden" zu erkennen. Jede andere Bewertung könne nur als Willkür bezeichnet werden. Es könne auch nur als Willkür bezeichnet werden, wenn nunmehr die Bewertungsbögen, die in der genannten Form vorlägen, einer Akteneinsicht entzogen würden. Ausdrücklich werde diesbezüglich gerügt, daß die Prüfer über den Inhalt und die Vorlage der Bewertungsbögen nicht durch die belangte Behörde befragt worden seien. Es werde insbesondere beantragt, den Prüfern, insbesondere der Meisterprüfungsstelle, aufzutragen, die Bewertungsbögen vorzulegen, und falls die offensichtlich unrichtige Behauptung aufgestellt werden sollte, es gäbe keine Bewertungsbögen, mögen die (namentlich bezeichneten) Prüfer, ebenso wie der Leiter der Prüfungsstelle, unter Erinnerung an den Sachverständigeneid als Zeugen, allenalls unter Eid, über den Verbleib und den Inhalt der Bewertungsbögen befragt werden. Sollten in der Gegenschrift der belangten Behörde die Bewertungsbögen nicht vorgelegt werden bzw. nicht die Außerstreitstellung erfolgen, daß der Inhalt der Bewertungsbögen in dieser Beschwerde richtig wiedergegeben worden sei, werde der Beschwerdeführer weitere Zeugen aufbieten, die Einsicht in die Bewertungsbögen genommen hätten und die die Richtigkeit der Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Prüfungsverlaufes und des Inhaltes und der Existenz der Bewertungsbögen bestätigen würden. Der Verwaltungsgerichtshof möge deshalb ausdrücklich der belangten Behörde auftragen, die genannten Bewertungsbögen durch die Meisterprüfungsstelle vorlegen zu lassen. Im übrigen werde der Inhalt der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof auch zum Gegenstand dieses Schriftsatzes gemacht und die diesbezüglichen Ausführungen ausdrücklich wiederholt, unter Hinweis darauf, daß durch die Vorgangsweise der belangten Behörde, wie im Schriftsatz an den Verfassungsgerichtshof geschildert, auch gesetzliche Bestimmungen im einfachen Gesetzesrang verletzt worden seien.

Gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1973 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 - ist die Befähigung für ein Handwerk (§ 6 Z. 1) durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung nachzuweisen.

Nach § 94 Z. 18 GewO 1973 ist das Gewerbe der "Friseure und Perückenmacher" ein Handwerk (§ 6 Z. 1).

Nach § 339 Abs. 3 Z. 2 GewO 1973 sind der Anmeldung (des Gewerbes), falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege oder der Bescheid über die erteilte Nachsicht (§ 28) anzuschließen.

Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes hat nach § 340 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 die Bezirksverwaltungsbehörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Nach § 340 Abs. 7 hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 -, dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Hinsichtlich des Verfahrens bei Prüfungen bestimmt (unter anderem) § 350 Abs. 5 GewO 1973, daß über den Verlauf der Prüfung und der Beratung der Prüfungskommission eine Niederschrift aufzunehmen ist, die von allen Prüfern zu unterzeichnen ist. Das Ergebnis der Prüfung bestimmt sich nach der Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Nach Abs. 6 dieser Gesetzesstelle ist das Ergebnis der Prüfung dem Prüfling durch die Vorsitzenden vor der gesamten Kommission bekanntzugeben. Gegen den Beschluß der Kommission steht dem Prüfling kein Rechtsmittel zu. Über die bestandene Prüfung ist dem Geprüften ein Zeugnis auszustellen, das auf "bestanden", allenfalls - bei weit über dem Durchschnitt liegenden Leistungen - auf "mit Auszeichnung bestanden" zu lauten hat. Aus dem Zeugnis muß die Einstimmigkeit oder Mehrstimmigkeit des Beschlusses ersichtlich sein. Über eine nur teilweise bestandene Prüfung ist dem Geprüften ein Zeugnis auszustellen, wenn er 1. die gesamte Prüfung mit Ausnahme des Prüfungsteiles Ausbilderprüfung oder

2. den Prüfungsteil Ausbilderprüfung bestanden hat.

Nach § 6 der Allgemeinen Meisterprüfungsordnung, BGBl. Nr. 356/1979, hat die Meisterprüfungsstelle auf Grund des Beschlusses der Meisterprüfungskommission über die bestandene Meisterprüfung ein Zeugnis entsprechend der Anlage zu dieser Verordnung auszustellen (§ 350 Abs. 6 GewO 1973). Die Mitunterfertigung des Meisterprüfungszeugnisses durch die Mitglieder der Meisterprüfungskommission ist zulässig.

Der Wortlaut des § 350 Abs. 5 und 6 GewO 1973 läßt in seinem Zusammenhalt keinen Zweifel darüber aufkommen, daß zur Beurteilung und Festlegung des Ergebnisses einer Prüfung allein die (nach § 351 oder § 352 GewO 1973 bestellte) Prüfungskommission berufen ist. Wenn diese Vorschrift auch die von Rechts wegen vorgesehene Art des Zustandekommens des Prüfungsergebnisses (bzw. dessen Verkündung sowie die Ausfertigung des Prüfungsergebnisses) zum Inhalt haben, so ist dem Gesetz (und dem konform der Allgemeinen Meisterprüfungsordnung) dennoch keinerlei Anhaltspunkt zu entnehmen, daß diese Aufgaben der Prüfungskommission - auch nur teilweise - auf die belangte Behörde übergehen, deren Aufgabe es (lediglich) war, zu prüfen, ob im Sinne des § 340 Abs. 1 GewO 1973 "auf Grund der Anmeldung des Gewerbes" die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung "des angemeldeten Gewerbes" durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen (vgl. dazu näher etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1981, Zl. 04/3330/79). Da gesetzliche Voraussetzungen u.a. "das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung" - und nicht etwa ganz allgemein die tatsächliche Befähigung - oder das Vorliegen eines Bescheides über die erteilte Nachsicht im Grunde des § 28 GewO 1973 (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1992, G 317/91-8 und Folgezahlen) ist, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ihren Abspruch auf den Mangel der "Erbringung des Befähigungsnachweises" gründete.

Auf die Frage, ob das - hier negative - Prüfungszeugnis nur dann verbindlich sein kann, wenn es in einer vom Gesetz oder in einer in Gesetzesrang erhobenen Vorschrift vorgesehenen Art zustandegekommen ist, war bei diesem Ergebnis im Beschwerdefall nicht einzugehen. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.

Soweit aber in der Beschwerde unter Wiederholung des Vorbringens an den Verfassungsgerichtshof Bedenken wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht werden, so vermag der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der (auch im Beschluß des Verfassungsgerichtshofs vom 25. September 1990, B 697/90-4, zitierten) ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 9233/1981, 11645/1988, 11760/1988 und 11937/1988; vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1992) diese Bedenken nicht zu teilen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, einen Antrag auf Aufhebung der anzuwendenden Rechtsvorschriften beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Beschwerde erweist sich im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ihre Abweisung zur Folge hatte.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990040295.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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