TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/8 92/18/0057

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Veröffentlicht am 08.07.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AÜG §3 Abs1;
AÜG §4;
AVG §58 Abs2;
GewO 1973 §323a Abs1;
GewO 1973 §323a Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Jänner 1992, Zl. VwSen-250063/2/Gf/Kf, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 7. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, einer bestimmt bezeichneten Gesellschaft in der Zeit vom 22. Jänner 1991 bis 25. Jänner 1991 fünf namentlich genannte Arbeitskräfte überlassen zu haben, ohne diesen einen Dienstzettel auszustellen, diese über die für die Überlassung wesentlichen Umstände zu informieren und über die Überlassung laufende Aufzeichnungen zu führen, und dadurch gegen im einzelnen angeführte Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes-AÜG verstoßen zu haben. Es wurden deshalb über den Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. August 1991 einerseits wegen Übertretung der GewO 1973 bestraft worden sei, weil er fünf seiner Arbeitskräfte überlassen habe, ohne die hiefür erforderliche Konzession besessen zu haben, anderseits jeweils wegen Übertretung des AÜG über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) in der vorbezeichneten Höhe bzw. Dauer verhängt worden seien.

Der Beschwerdeführer habe die ihm in Ansehung des AÜG inkriminierten Sachverhalte nicht bestritten, jedoch die Ansicht vertreten, zur Beachtung dieses Gesetzes im vorliegenden Fall nicht verpflichtet gewesen zu sein, weil es an einer Arbeitskräfteüberlassung als der wesentlichen Voraussetzung der Anwendbarkeit des AÜG gefehlt habe. Zur Entkräftung dieser Auffassung genüge es, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Bescheid der belangten Behörde vom heutigen Zahl, Zl. VwSen-250052, zu verweisen, mit dem "festgestellt" worden sei, daß im vorliegenden Fall der Tatbestand der Arbeitskräfteüberlassung als erfüllt anzusehen sei. Davon ausgehend sei daher auch die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers in bezug auf die herangezogenen (im einzelnen angeführten) Bestimmungen des AÜG gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zutreffend vertritt der Beschwerdeführer - dies in Übereinstimmung mit der belangten Behörde - die Auffassung, daß die Begehung der ihm angelasteten Übertretungen des AÜG (§ 22 Abs. 1 Z. 2 lit. b iVm § 11 Abs. 4; § 22 Abs. 1 Z. 2 lit. c iVm § 12 Abs. 1; § 22 Abs. 1 Z. 2 lit. d iVm § 13 Abs. 1) zwingend das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung (§ 3 Abs. 1, § 4 AÜG; § 323a Abs. 1 GewO 1973) zur Voraussetzung habe. War demnach eine Arbeitskräfteüberlassung i.S. der zitierten Normen zu verneinen oder entzog sich die Frage, ob eine solche vorlag, aufgrund eines mangelhaften Verfahrens einer abschließenden Beurteilung, so war auch den im Beschwerdefall in Rede stehenden Tatanlastungen der Boden entzogen.

2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Sinne der Begründungsökonomie dazu, daß ihrer Ansicht nach der Beschwerdeführer hinsichtlich fünf seiner Arbeitnehmer den Tatbestand der Arbeitskräfteüberlassung verwirklicht habe, auf das "hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. VwSen-25052" verwiesen. Mit dieser Verweisung wurden die in diesem Bescheid enthaltenen, das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung begründenden Erwägungen zum Bestandteil der Begründung auch des hier bekämpften Bescheides gemacht.

Der besagte Bescheid vom 7. Jänner 1992, Zl. VwSen-250052, wurde aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0055, infolge Verstoßes gegen § 44a Z. 1 VStG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In dem daraufhin erlassenen Ersatzbescheid vom 3. August 1992 änderte die belangte Behörde der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend die spruchmäßige Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (in Ansehung der Übertretung der GewO 1973), übernahm jedoch inhaltlich völlig unverändert die Begründung des aufgehobenen Bescheides vom 7. Jänner 1992, mithin auch die für das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung gegebene Begründung dieses Bescheides. Auch der Ersatzbescheid vom 3. August 1992 wurde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft und von diesem mit Erkenntnis vom 22. Dezember 1992, Zl. 92/04/0200 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben - (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG); dies deshalb, weil die Annahme der belangten Behörde, es seien vom Beschwerdeführer die Tatbestandsvoraussetzungen der Überlassung von Arbeitskräften i. S. des § 323a Abs. 1 GewO 1973, nicht hingegen die des Ausnahmetatbestandes nach Abs. 2 Z. 1 dieser Gesetzesstelle erfüllt worden, mangelhaft begründet worden sei.

3. Da die belangte Behörde, indem sie hinsichtlich des Vorliegens einer Arbeitskräfteüberlassung auf die Begründung des Bescheides vom 7. Jänner 1992, Zl. Vw Sen-250052, verwies - diese Bezugnahme darf nicht eng dahin gedeutet werden, daß allein die in dieser dem Datum und der Geschäftszahl nach bezeichneten Erledigung enthaltene Begründung zu verstehen sei, sondern schließt bei verständiger Würdigung dieser Verweisung auch die im Ersatzbescheid vom 3. August 1992 enthaltene, insoweit unverändert gebliebene Begründung mit ein -, den hier angefochtenen Bescheid in einem wesentlichen Punkt (vgl. oben II.1.) mangelhaft begründete, belastete sie diesen mit einer gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu seiner Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser Mangel ist i.S. des oben II.1. Gesagten wesentlich.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992180057.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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