TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/8 92/01/1038

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Veröffentlicht am 08.07.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Y in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Oktober 1992, Zl. 4.306.252/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 8. Februar 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Oktober 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer tritt der Feststellung der belangten Behörde, seine Staatsangehörigkeit sei ungeklärt, nicht entgegen. Bei Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer die (von der belangten Behörde verneinte) Flüchtlingseigenschaft zukommt, kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß sich der Beschwerdeführer im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) "außerhalb seines Heimatlandes" befinde und nicht in der Lage oder im Hinblick auf seine Furcht vor Verfolgung nicht gewillt sei, sich des Schutzes "dieses Landes" zu bedienen, orientiert sich doch der Begriff des "Heimatlandes" - wie sich insbesondere aus der jeweils daran anschließenden Regelung hinsichtlich der Personen, die staatenlos sind, aber auch aus § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt C Z. 2 und 3 der Konvention ergibt - im gegebenen Zusammenhang ausschließlich an der Staatsangehörigkeit. Ist aber ungeklärt, welche Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer besitzt, so ist er als staatenlos anzusehen, und es gilt demnach § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, wonach in derartigen Fällen Flüchtling ist, wer sich infolge der in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe "außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren".

Der Beschwerdeführer, seinen Behauptungen nach ein Palästinenser, betrachtet Syrien als sein "Heimatland", wo er geboren und "in Geheimdienstproblematiken verwickelt" worden sei, Geheimdiensttätigkeiten aber nie ausgeübt habe, weswegen er dort Schwierigkeiten gehabt habe und nach Libyen "übersiedelt" sei. Er habe "nach Ablauf seines Sichtvermerkes in seinem Reisepaß" (bei dem es sich nach den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren um einen syrischen Paß für Palästinenser handelte) "bei der eigenen Botschaft in Libyen um Verlängerung" angesucht, welche ihm jedoch verweigert worden sei, sodaß ihm "auf Grund drohender Verfolgung im eigenen Heimatland" nichts anderes übriggeblieben sei, "als sich dem Schutz eines Konventionsstaates zu unterstellen". Abgesehen davon, daß sich der Beschwerdeführer nach der Aktenlage, bevor er nach Österreich ausgereist ist, jahrelang, nämlich von 1987 bis 1990, ununterbrochen in Libyen aufgehalten hat und daher schwerlich davon gesprochen werden könnte, daß Syrien das "Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes" gewesen sei, ist auch nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien aus einem der (im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 taxativ angeführten) Konventionsgründe einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Bei seiner niederschriftlichen Befragung am 30. November 1990 gab der Beschwerdeführer an, daß er (zwecks Erlangung der weiteren Gültigkeit seines Reisedokumentes) nicht mehr nach Syrien habe zurückkehren wollen, weil er dort wieder vom Geheimdienst zur Mitarbeit gezwungen worden wäre. Dieser allfällige Umstand stellt aber keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0786, mit weiteren Judikaturhinweisen). In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid begründete der Beschwerdeführer eine ihm drohende Verfolgungsgefahr in Syrien damit, daß er dort sofort nach seiner Ankunft vom Geheimdienst festgenommen worden und ins Gefängnis gekommen wäre. Ungeachtet der Frage, ob darauf - im Hinblick auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 mangels Vorliegens eines der Tatbestände des Absatzes 2 dieses Paragraphen oder deshalb, weil die belangte Behörde diesem zusätzlichen Vorbringen im Rahmen ihrer Beweiswürdigung in schlüssiger Weise keinen Glauben geschenkt hat - überhaupt Bedacht genommen werden kann, wäre aber auch damit für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil nicht ersichtlich ist, daß derartige gegen ihn gerichtete Maßnahmen auf einen der Konventionsgründe zurückzuführen gewesen wären. Entgegen der in der Beschwerde diesbezüglich zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Beschwerdeführers war eine Verfolgung aus solchen Gründen auch nicht darin zu erblicken, daß "die Verlängerung des Sichtvermerkes" (durch die syrische Botschaft in Libyen) abgelehnt worden sei (vgl. unter anderem die die Verweigerung der Ausstellung eines Reisepasses betreffenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1990, Zl. 89/01/0431, und vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605).

Der Beschwerde kann nicht entnommen werden, daß sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt stellt, es habe (auch) in Libyen - nach dem bisher Gesagten dem "Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes" - für ihn eine Verfolgungsgefahr bestanden. Es sei aber - da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, er hätte in diesem Land ohne gültiges Reisedokument keine Aufenthalts- und keine Arbeitsbewilligung erhalten und wäre daher nach Syrien zurückgeschickt worden - bemerkt, daß auch darin keine Verfolgung aus einem der Konventionsgründe gelegen gewesen wäre.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011038.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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