TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/8 93/18/0138

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Veröffentlicht am 08.07.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
25/01 Strafprozess;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
StGB §127;
StGB §164;
StGB §5 Abs1;
StPO 1975 §260;
StPO 1975 §460;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 9. Februar 1993, GZ. 2.2 F 1-C 73/91, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 18. Jänner 1993 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der seit 5. Jänner 1991 in Österreich lebende rumänische Staatsbürger seinen Lebensunterhalt deshalb bestreiten könne, weil er eine Arbeitserlaubnis erhalten habe. Trotz gesicherter Existenz sei er am 21. Februar 1992 wegen eines Eigentumsdeliktes angezeigt und mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Weiz vom 13. Juli 1992 sei über ihn eine Geldstrafe im Ausmaß von 60 Tagessätzen (a S 180,--) verhängt worden. Am 5. Oktober 1992 sei er erneut wegen eines gleichartigen Deliktes straffällig geworden, wobei das Bezirksgericht Weiz am 17. November 1992 eine Geldstrafe im Ausmaß von 80 Tagessätzen (a S 180,--) verhängt habe. Wer trotz gesicherter Existenz mit kurzer zeitlicher Distanz Eigentumsdelikte begehe, stelle ein Sicherheitsrisiko dar. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stelle daher eine Gefahr, insbesondere für die öffentliche Sicherheit dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes u.a. zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (Z. 4).

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anwendung dieser Bestimmung, weil die belangte Behörde keine Feststellungen dahingehend getroffen habe, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Die belangte Behörde habe bloß auf zwei Strafen verwiesen, jedoch mit keinem Wort erwähnt, um welche exakten Delikte es sich gehandelt haben soll.

Der Beschwerdeführer ist darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde zur Begründung ihres Ausspruches die Strafverfügungen wegen eines "Eigentumsdeliktes" und eines "gleichartigen Deliktes" herangezogen hat. Das Unterbleiben der Anführung der gesetzlichen Bezeichnung der Delikte und allenfalls des entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzbuches vermag einen wesentlichen Begründungsmangel nicht darzustellen. Eines Vorhaltens der beiden Gerichtsakte (gemeint des Inhaltes derselben) bedurfte es nicht, da die rechtskräftigen Strafverfügungen dem Beschwerdeführer bekannt sein mußten (und nach dem Akteninhalt auch bekannt waren) und die von der Behörde insoweit ins Auge gefaßte rechtliche Beurteilung nicht dem Parteiengehör unterliegt (vgl. § 45 Abs. 3 AVG). Die belangte Behörde hat die rechtskräftigen Strafverfügungen mit Recht einer strafgerichtlichen Verurteilung gleichgestellt, weil die Rechtskraftwirkungen einer Strafverfügung gleich einem Urteil sind (Bertel, Grundriß des Österreichischen Strafprozeßrechtes, 3. Aufl., RZ 622; SSt 13/59). Auf Grund dieser rechtskräftigen Verurteilungen stand für die belangte Behörde bindend fest, daß der Beschwerdeführer wegen "Eigentumsdelikten" verurteilt wurde.

Bei den gerichtlich strafbaren Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, handelt es sich nach Ausweis der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten um das Vergehen des versuchten Diebstahls, des Diebstahles und der Hehlerei. Das Gewicht dieser erstgenannten Straftaten ist mit Rücksicht auf die sie kennzeichnende Schuldform des Vorsatzes, die mehrfache Begehung innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr und die Begehung einer Tat nach bereits erfolgter Verurteilung keinesfalls als gering zu veranschlagen. In der Annahme der belangten Behörde, daß ein Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährden würde, vermag der Verwaltungsgerichtshof einen Rechtsirrtum nicht zu erblicken.

Da somit ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund vorliegt, war die belangte Behörde nicht gehalten, Erhebungen über den "Leumund" (am Arbeitsplatz) zu pflegen. Das Gesetz sieht Ausnahmen von diesem zwingenden Versagungsgrund nicht vor (§ 10 Abs. 3 FrG).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180138.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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