TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/29 91/19/0197

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Veröffentlicht am 29.07.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §12 Abs1;
AZG §9;
VStG §44a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J in X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. Mai 1991, Zl. 5-212 C 9/3-91, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 17. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführer der Übertretungen des § 9 Arbeitszeitgesetz und des § 12 Abs. 1 leg. cit. schuldig erkannt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener der C-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten habe, daß ein namentlich genannter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft am 19. und 20. Juni 1989 die Höchstgrenze der Tagesarbeitszeit in näher umschriebenem Ausmaß überschritten habe und daß am 20. Juni 1989 nach Beendigung der Tagesarbeitszeit nicht die Mindestruhezeit von 11 Stunden gewährt worden sei. Gegen den Beschwerdeführer wurden wegen dieser Übertretungen Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In der Begründung des Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsstrafverfahren sei gegen den Beschwerdeführer geführt worden und nicht gegen seinen gleichnamigen Vater. Dies folge daraus, daß nur der Beschwerdeführer Geschäftsführer der genannten Gesellschaft m. b.H. sei und die Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an ihn erfolgt sei. Zur Richtigstellung der Bezeichnung der Gesellschaft m.b.H. entsprechend dem geänderten Firmenwortlaut sei die belangte Behörde als Berufungsbehörde berechtigt. Die Erfüllung des objektiven Tatbestandes sei im Verfahren nicht konkret bestritten worden. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG sei Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen, weil der Beschwerdeführer den Mangel seines Verschuldens nicht glaubhaft gemacht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1 Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid das Geburtsjahr des Beschwerdeführers eingefügt habe, obwohl es gegen ihn bisher kein behördliches Vorgehen gegeben habe. Aus dem Bescheid erster Instanz sowie aus den Vorladungen sei nicht ersichtlich gewesen, gegen wen sich das Verwaltungsstrafverfahren richte.

1.2 Mit diesen Ausführungen entfernt sich der Beschwerdeführer vom Akteninhalt. Schon das Erhebungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 21. September 1989 an den Gendarmerieposten X betraf den Beschwerdeführer, wie sich aus der Angabe seiner Privatanschrift ergibt. In der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 29. November 1989 wurde der Beschwerdeführer unter Angabe seines Geburtsjahres (1960) und seiner Privatanschrift genannt. Für den Beschwerdeführer schritt in der Folge der nunmehrige Beschwerdevertreter ein. In der schriftlichen Stellungnahme vom 5. Februar 1990 äußerte sich der Beschwerdeführer zu den ihm vorgeworfenen Straftaten, ohne dabei irgendeinen Zweifel zu äußern, ob das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn geführt werde. Im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer unter Anführung seines Geburtsdatums und seiner Privatanschrift bezeichnet. Im Berufungsbescheid vom 13. September 1990, mit dem das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung wegen örtlicher Unzuständigkeit aufgehoben wurde, wurde bei der Bezeichnung des Beschwerdeführers wieder sein Geburtsdatum angeführt. Das erstinstanzliche Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 31. Jänner 1991 enthält zwar bei der Bezeichnung des Beschwerdeführers nicht das Geburtsdatum oder -jahr, doch geht aus dem Inhalt dieses Straferkenntnisses infolge der Bezugnahme auf die Geschäftsführereigenschaft des Beschwerdeführers bei der genannten Gesellschaft m.b.H. eindeutig hervor, daß dieses Straferkenntnis den Beschwerdeführer betrifft. Im angefochtenen Bescheid wurde wiederum das Geburtsjahr des Beschwerdeführers genannt.

Die angeführten Verfahrensschritte zeigen, daß von vornherein nicht der geringste Zweifel daran bestehen konnte, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt wurde. Die Zustellungen erfolgten an ihn bzw. an seinen ausgewiesenen Vertreter. Auch der Umstand, daß im erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 31. Jänner 1991 das Geburtsdatum des Beschwerdeführers nicht genannt ist, rechtfertigte im Hinblick auf die Erwähnung der Geschäftsführereigenschaft des Beschwerdeführers sowie die Tatsache, daß dieses Straferkenntnis nicht dem Vater des Beschwerdeführers zugestellt wurde, keinerlei Zweifel daran, daß sich dieses Straferkenntnis an den Beschwerdeführer gerichtet hat. Die Anführung des Geburtsjahres des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid diente somit nur der Verdeutlichung der Bezeichnung der von Anfang an als solche behandelten Partei und nicht etwa dem (rechtswidrigen) Austausch der Partei im Berufungsverfahren.

2. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers bestand kein Hindernis, die von ihm gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung abgegebenen Stellungnahme vom 5. Februar 1990, in der er sich zu den Vorwürfen geäußert hat, zu verwerten. Der Umstand, daß diese Behörde örtlich unzuständig war, hatte die Aufhebung des von ihr erlassenen Straferkenntnisses zur Folge, nicht aber die Vernichtung sämtlicher für das Verfahren relevanten Erklärungen der Partei. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel im erstinstanzlichen Verfahren rügt, gehen seine Ausführungen ins Leere, weil Gegenstand der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur der Bescheid der belangten Behörde ist.

3. Mit seinen Ausführungen, der betreffende Arbeitnehmer sei zur Tatzeit entsprechend dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz einer anderen (näher bezeichneten) Gesellschaft überlassen gewesen, weshalb er für Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes nicht verantwortlich sei, unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum. Gemäß § 6 Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz gilt nämlich hinsichtlich des persönlichen Arbeitsschutzes, insbesondere des Arbeitszeitschutzes und des besonderen Personenschutzes, weiterhin auch der Überlasser als Arbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften.

4. Soweit der Beschwerdeführer rügt, "im Spruch des Straferkenntnisses" sei kein Name enthalten, gehen seine Ausführungen, sollten sie sich auf den angefochtenen Bescheid beziehen, an dessen Inhalt vorbei, wird doch der Beschwerdeführer darin mit seinem Namen und unter Anführung seines Geburtsjahres bezeichnet. Das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 31. Jänner 1991 richtete sich - wie oben unter Punkt II.1.2 dargelegt wurde - an den Beschwerdeführer. Aus der im Spruch enthaltenen Formulierung "Sie haben ..."

ergibt sich eindeutig, daß die Behörde den Beschwerdeführer einer näher umschriebenen Tat für schuldig befunden und ihn dafür bestraft hat. Von einer Unbestimmtheit oder Unvollständigkeit des Spruches im Sinne des § 44a VStG kann daher keine Rede sein.

5.1 Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit ferner darin, daß die belangte Behörde die Bezeichnung der als Arbeitgeber genannten Gesellschaft m.b.H. von "M-Gesellschaft m. b.H." entsprechend dem geänderten Firmenwortlaut auf "C-Gesellschaft m.b.H." richtiggestellt hat, und meint, es sei "sicher nicht möglich einfach die Firma der einen Gesellschaft im Spruch durch die Firma einer anderen Gesellschaft zu ersetzen."

5.2 Der Beschwerdeführer vermag damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat - wie sich aus dem von ihr eingeholten Auszug aus dem Firmenbuch des Landesgerichtes Graz als Handelsgericht betreffend die zu HRB XXXX eingetragene Gesellschaft ergibt - bloß die Bezeichnung der von Anfang an als Arbeitgeber genannten Gesellschaft dem geänderten Firmenwortlaut angepaßt und nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - einen anderen Arbeitgeber im Spruch genannt als im erstinstanzlichen Bescheid. Sie hat somit nicht die dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Bescheid angelastete Tat ausgetauscht.

6. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht unklar und widersprüchlich. Aus der durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses übernommenen Umschreibung der Tat ist klar ersichtlich, was dem Beschwerdeführer angelastet wird. Daß die Umschreibung der Tat im erstinstanzlichen Straferkenntnis an der im Formular vorgesehenen Stelle nicht vollständig Platz gefunden hat, weshalb die Behörde die Tatumschreibung an einer anderen Stelle, die durch deutliche Verweisung gekennzeichnet ist, abgeschlossen hat, belastet den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit, weil die Tatumschreibung dadurch nicht unklar oder unvollständig geworden ist.

7. Soweit der Beschwerdeführer zuletzt rügt, es sei nicht erwiesen, daß die Arbeitszeitüberschreitungen tatsächlich erfolgt seien, ist ihm entgegenzuhalten, daß er es verabsäumt hat, der auf der Einsichtnahme in die Arbeitszeitaufzeichnungen des Arbeitgebers (und nicht - wie der Beschwerdeführer meint - des Arbeitsinspektors) basierenden Anzeige mit einer konkreten Darstellung des Geschehens entgegenzutreten. Sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 5. Februar 1990, es sei ihm völlig unmöglich, alle Baustellen selbst zu kontrollieren, stellt keine Bestreitung der Arbeitszeitüberschreitungen dar, sondern betrifft die Frage seines Verschuldens. Den weiteren Ausführungen in der genannten Stellungnahme, die Überschreitung der Tagesarbeitszeit sei auch nach dem Spruch der Strafverfügung nicht im genannten Ausmaß an einem Tage erfolgt, liegt die unrichtige (mit § 2 Abs. 1 Z. 2 Arbeitszeitgesetz im Widerspruch stehende) Rechtsansicht zugrunde, daß die Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit an einem Kalendertag betrifft (vgl. zum Begriff der Tagesarbeitszeit Grillberger, Arbeitszeitgesetz, Seite 35).

8. Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991190197.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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