TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/6 93/09/0052

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Veröffentlicht am 06.09.1993
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AMFG §44;
AMFG §44a;
AuslBG §20 Abs3;
AuslBG §23;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1991/684;
AuslBG §7 Abs1;
AuslBGNov 1991;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der Dr. C in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 30. Dezember 1992, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der beantragten Höhe von S 11.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte die Beschwerdeführerin (sie ist Fachärztin für Innere Medizin) mit Schreiben vom 28. Oktober 1991 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die am 19. Juni 1972 geborene polnische Staatsbürgerin S. für die berufliche Tätigkeit als "Ordinationshilfe". In einem Begleitschreiben vom 22. November 1991 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sie in den letzten Wochen durch verschiedene Inserate und auch über Vermittlung des Arbeitsamtes versucht habe, eine für ihre Bedürfnisse geeignete Person zu finden. Ihre Vorstellungen würden zwar relativ einfach klingen, seien jedoch scheinbar kaum zu erfüllen: 1. nettes und korrektes Auftreten, 2. Arbeitszeit Dienstag und Freitag 14.00 bis ca. 18.00 Uhr zweimal monatlich Donnerstag 14.00 bis 18.00 Uhr, 3. gegen Vereinbarung 3/4 7.00 Uhr bis 1/2 8.00 Uhr, 4. Reingiung der Ordinationsräume, 5. Urlaub zu den von ihr gewählten Zeiten, wobei mehr Urlaub als der Gebührenurlaub konsumiert werden könne, bei voller Entlohnung. Als Entlohnung sei ein Bruttogehalt von S 8.100,-- für eine 20-Stundenwoche vorgesehen. Durch ihre liebenswürdige Umgangsform mit den Patienten, ihre Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit in den ihr aufgetragenen Agenden sei ihr S. in ganz kurzer Zeit sehr ans Herz gewachsen, sodaß es für sie sehr schwer geworden sei, sich ihre Arbeit ohne S. vorzustellen.

Im Akt der belangten Behörde findet sich ein EDV-Ausdruck (vom 22. Mai 1992), auf den 89 namentlich genannte Personen angeführt sind; dabei handelt es sich - laut Aktenverzeichnis der belangten Behörde - um eine "Liste der Zuweisungen des Arbeitsamtes im Rahmen des Vermittlungsauftrages" der Beschwerdeführerin.

Im Anschluß an eine gemäß § 18 Abs. 4 AVG nicht bescheidmäßige Ablehnung dieses Antrages brachte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 6. Dezember 1991 vor, sie habe in der letzten Zeit ca. 30 Personen, die an der offenen Stelle interessiert wären, empfangen; bis heute habe sie jedoch keine für sie passende Kraft gefunden. Die größte Schwierigkeit bei den Personen, die sich bei ihr vorgestellt hätten, sei gewesen, daß diese während der Hauptsaison auf Urlaub gehen wollten, weil sie schulpflichtige Kinder hätten. Zusätzlich sei sehr oft die Reinigung ihrer Ordinationsräumlichkeiten abgelehnt worden; sehr viele Bewerberinnen wollten überhaupt nicht arbeiten.

In der Folge teilte die Behörde erster Rechtsstufe der Beschwerdeführerin mit (undatiertem) Schreiben (der Beschwerdeführerin am 23. Dezember 1991 zugestellt) mit, sie könne ihr aus dem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die Tätigkeit, für die die Beschwerdeführerin die Ausländerin beantragt habe, zur Verfügung stünden. Die Beschwerdeführerin wurde eingeladen, einen Vermittlungsauftrag zu erteilen.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 1992 (richtig: 1991) teilte die Beschwerdeführerin der Behörde erster Instanz mit, sie sei gerne bereit, über Vermittlung noch weitere Personen zu empfangen. Ihr Vermittlungsauftrag laufe seit ca. 2 Monaten; sie habe in den vergangenen Wochen viele Bewerberinnen gesehen, deren Arbeitsvorstellungen nicht ganz den ihren entsprochen hätten. Gleichzeitig mit diesem Schreiben sandte die Beschwerdeführerin einen Vermittlungsauftrag - lautend auf "Ordinationshilfe" (Mithilfe in der Ordination, Patientenbetreuung, Kartei) - an die Behörde erster Instanz zurück. Darin wurde neuerlich darauf hingewiesen, daß es sich bei der offenen Stelle um eine Teilzeitarbeit (20 Stunden) handle.

In den Verwaltungsakten findet sich ferner ein (weiterer) EDV-Ausdruck (ebenfalls vom 22. Mai 1992), auf dem 45 namentlich genannte Personen angeführt sind; dabei handelt es sich - laut Aktenverzeichnis der belangten Behörde - um die "Liste der Zuweisungen des Arbeitsamtes im Rahmen des Ersatzkraft-Vermittlungsverfahrens"; ferner ein mit der Stampiglie der Beschwerdeführerin versehenes und von ihr unterschriebenes Formular (vom 22. Jänner 1992), wonach die Einstellung der angebotenen Ersatzkraft K unterblieben sei, wobei hiefür folgender Grund angegeben worden ist: "möchte als Krankenschwester arbeiten und nostrifizieren bis in 2 Jahren fällig. Ich suche jemanden für längere Zeit." Die Frage, ob weitere Vorstellungen gewünscht seien, bejahte die Beschwerdeführerin.

Mit Bescheid vom 28. Februar 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs.1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.

Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, bei welchem diese am 22. April 1992 einlangte (Zl. 92/09/0116).

Mit Bescheid vom 6. Juli 1992 hob die belangte Behörde ihren Bescheid vom 28. Februar 1992 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen auf; gleichzeitig wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 18 Abs. 4 AVG mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides zurückgewiesen. Diese Aufhebung hatte zur Folge, daß das verwaltungsgerichtliche Verfahren zur Zl. 92/09/0116 mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 1992 wegen Klaglosstellung eingestellt wurde.

Hierauf erließ das Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Bescheid vom 9. Juli 1992, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Juli 1992 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für S. für die berufliche Tätigkeit als "Ordinationsgehilfin" gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG abgelehnt wurde. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstelle aus, auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Ordinationsgehilfinnen Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 30. Dezember 1992, welcher der Beschwerdeführerin am 5. Jänner 1993 zugestellt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des AuslBG und nach Feststellung, daß die für 1992 mit Verordnung festgesetzte Landeshöchstzahl für Wien seit Beginn des Jahres 1992 weit überschritten sei, führte die belangte Behörde (ausschließlich zu § 4 Abs. 1 AuslBG) begründend aus, eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem nach § 4 b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der Beschwerdeführerin zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zur vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Aus diesem Grunde sei der Beschwerdeführerin vom November 1991 bis Mai 1992 eine Reihe von Ordinationshelferinnen anstelle der beantragten Ausländerin seitens des Arbeitsamtes zugewiesen worden. In der Berufung vom 6. Dezember 1991 habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, sie hätte unter den 30 Bewerberinnen keine geeignete Ordinationshilfe gefunden, weil die meisten (als Mütter schulpflichtiger Kinder) ihren Urlaub während der Sommermonate in Anspruch hätten nehmen wollen; als zusätzliches Problem hätte sich ergeben, daß die Bewerberinnen nicht bereit gewesen seien, die Reinigung der Ordinationsräume mit zu übernehmen. In der nunmehrigen Berufung der Beschwerdeführerin vom 20. Juli 1992 werde auf die Ergebnisse des weiteren, nach Einbringung der ersten Berufung durchgeführten Ersatzkraft-Vermittlungsverfahrens nicht eingegangen, sondern auf die Begründung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu Zl. 92/09/0116 verwiesen. Der Verwaltungsausschuß für Ausländerbeschäftigung gemäß § 44 AMFG, dem der gegenständliche Akt vorzulegen gewesen sei, habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in seiner Sitzung vom 14. August 1992 nicht zugestimmt. Dies zum einen aus volkswirtschaftlichen Überlegungen, weil S. - die nach eigenen Angaben alleinstehend sei - ihren Lebensunterhalt von dem durch die Beschäftigung erzielten Einkommen von S 8.100,-- brutto pro Monat nicht bestreiten würde können, zum anderen, weil die Erteilung einer Bewilligung für eine bloß geringfügige Beschäftigung von etwa 10 (richtig: 20) Wochenstunden in Anbetracht der Überschreitung der für Wien mit Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598/1991 festgesetzten Landeshöchstzahl an beschäftigten und unbeschäftigten Ausländern nicht vertretbar erscheine. Auch seien die von der Beschwerdeführerin angegebenen Gründe für die Ablehnung der zugewiesenen Bewerberinnen als nicht schwerwiegend genug betrachtet worden, die hohe Zahl der in der einschlägigen Berufsgruppe Vorgemerkten die vordringlich in den Arbeitsprozeß zu integrieren seien, aufzuwiegen. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin zu begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 AuslBG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.

Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des § 4 Abs. 1 ist im § 4b AuslBG festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung etc.) in der mit der Aufzählung vorgegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründe, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten

Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Der angefochtene Bescheid geht in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides des Arbeitsamtes Persönliche Dienste-Gastgewerbe vom 9. Juli 1992 von einem Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. JULI 1992 für S. für die Tätigkeit als Ordinationsgehilfin aus. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich jedoch, daß dabei bloß ein Datumsirrtum vorliegt, in Wahrheit also der Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. Oktober 1991 gemeint ist und über diesen abgesprochen wurde.

Im Beschwerdefall erübrigen sich weitere Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführerin im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG: die belangte Behörde zitiert diese Bestimmung zwar im Spruch, geht aber nicht näher darauf ein. Im übrigen wäre auf Grund des Zeitpunktes der Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides die für das Jahr 1993 geltende Landeshöchstzahlverordnung anzuwenden gewesen.

Was die Feststellung der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides betrifft, der Verwaltungsausschuß habe (aus näher dargelegten Gründen) der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht zugestimmt, so ist darauf hinzuweisen, daß im § 4 Abs. 6 Z. 1 (seit der Novelle BGBl. Nr. 684/1991) bei Überschreitung der Landeshöchstzahl die einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den VERMITTLUNGSAUSSCHUß (§ 44a AMFG) vorgesehen ist; dem Verwaltungsausschuß kommt gemäß §§ 20 Abs. 3 und 23 AuslBG iVm § 44 AMFG - auch im erschwerten Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG - nur (mehr) ein Anhörungsrecht zu.

Es kommt daher entscheidend nur darauf an, ob die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen konnte, daß der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung aus § 4 Abs. 1 AuslBG abzuleitende Umstände entgegenstehen.

Nach dieser Gesetzesstelle ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich

              1.              daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und

              2.              wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Bei Fehlen auch nur eines dieser beiden Tatbestandselemente ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, beispielsweise das Erkenntnis vom 2. Juli 1987, Zl. 87/09/0051) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit oder fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.

Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, Zl. 87/09/0012, sowie vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0164).

In der entscheidungswesentlichen Frage der Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung beschränkt sich die belangte Behörde auf die Feststellung, der Beschwerdeführerin seien vom Arbeitsamt eine Reihe von Ordinationshelferinnen zugewiesen worden, wobei die von der Beschwerdeführerin (in ihrer Berufung vom 6. Dezember 1991) angegebenen Gründe für die Ablehnung der zugewiesenen Bewerberinnen - vom Verwaltungsausschuß - als nicht schwerwiegend genug betrachtet worden seien, die hohe Zahl der in der einschlägigen Berufsgruppe Vorgemerkten (die vordringlich in den Arbeitsprozeß zu integrieren seien) aufzuwiegen. Nähere Ausführungen darüber, um welche Ersatzkräfte es sich dabei im einzelnen gehandelt hat, bzw. aus welchen Gründen - allenfalls - eine Einstellung nicht erfolgt ist, enthält die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten (darin befinden sich zwei EDV-Ausdrucke, jeweils vom 22. Mai 1992, wobei allerdings nicht erkennbar ist, ob die darauf namentlich genannten Personen - abgesehen von K - der Beschwerdeführerin TATSÄCHLICH namhaft gemacht worden sind bzw aus welchen Gründen - allenfalls - die Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht zustande gekommen) geht hervor, daß die Beschwerdeführerin die Ablehnung der Aufnahme einer ihr zugewiesenen Ersatzkraft (K) damit begründet hat, daß diese nur für etwa zwei Jahre zur Verfügung stehen würde, sie aber jemanden für längere Zeit suche. Auf die Frage der Berechtigung oder Nichtberechtigung der Ablehnung dieser Ersatzkraft durch die Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch mit keinem Wort eingegangen. Das erst in der Gegenschrift von der belangten Behörde hiezu erstattete Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe die Bewerberin mit der Begründung abgelehnt, "jemanden für längere Zeit" zu suchen, obwohl die Beschäftigungsbewilligung für S. zunächst nur für die Dauer eines Jahres hätte erteilt werden können, vermag die fehlende Begründung im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, daß die Verlängerung einer erteilten Beschäftigungsbewilligung im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0031), sodaß der (allenfalls berechtigte) Wunsch eines Arbeitgebers, "jemanden für längere Zeit" zu suchen, nicht von vornherein als unbeachtlich abgetan werden kann.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Schreiben vom 29. Dezember 1991 ausdrücklich darauf hingewiesen, damit einverstanden zu sein, über Vermittlung des Arbeitsamtes "noch weitere Personen zu empfangen". Auch auf der Vorstellungskarte (betreffend K) vom 22. Jänner 1992 hat die Beschwerdeführerin (durch Unterstreichung des Wortes "ja") zu erkennen gegeben, daß weitere Vorstellungen gewünscht sind. Diesem Wunsch ist die belangte Behörde jedoch nicht nachgekommen. Es steht daher noch nicht fest, ob für die gewünschte Beschäftigung ein inländischer Arbeitssuchender oder ein diesem gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten Bedingungen auszuüben.

Ohne konkrete Anführung der zugewiesenen Ersatzkräfte und ohne Befragung derselben, aus welchen Gründen sie von der Beschwerdeführerin abgelehnt worden sind, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit zur Frage einer geeigneten Ersatzkraftstellung zu treffen.

In der Gegenschrift beschäftigt sich die belangte Behörde näher mit den (von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 6. Dezember 1991 angegebenen) Gründen für die Ablehnung der zugewiesenen Bewerberinnen (Ablehnung der Reinigung ihrer Ordinationsräumlichkeiten, Wunsch vieler Bewerberinnen, ihren Urlaub während der Hauptsaison zu konsumieren). Auch diesbezüglich mangelt es aber dem angefochtenen Bescheid an entsprechenden Feststellungen bzw. Darlegungen in der Begründung. Selbst wenn die diesbezüglichen Ausführungen in der Gegenschrift zutreffend wären, kann ein wesentlicher Begründungsmangel durch Ausführungen in der Gegenschrift keinesfalls beseitigt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0090, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Da die belangte Behörde aus diesen Gründen den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat, und zwar, weil der Sachverhalt im entscheidungswesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, aber auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090052.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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