TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/9 92/16/0037

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Veröffentlicht am 09.09.1993
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

KfzStG §2 Abs2;
KfzStG §2 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des N in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Jänner 1992, Zl. GA 11-771/91, betreffend Kraftfahrzeugsteuerbefreiung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Für den Beschwerdeführer wurden am 23. Mai 1990 unter dem Wechselkennzeichen aa-aaa zwei Kraftfahrzeuge zugelassen, und zwar der VW-Kombi, Type 23-50 PS, Motornummer AS PON bbbb, mit einem Hubraum von 1584 cm3 (im folgenden kurz: VW-Kombi) und der PKW Ford Granada, 1700-70 PS, Motornummer TR cccc, mit einem Hubraum von 1699 cm3 (im folgenden kurz: Ford-Granada).

Über Antrag des Beschwerdeführers wurden diese Fahrzeuge vom Finanzamt am 23. Mai 1990 gemäß § 2 Abs. 2 KfzStG 1952 von der Steuer befreit und darüber zu den Zlen. dddd/46 und dddd/47 Bescheinigungen gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ausgestellt.

Mit Bescheid vom 13. Februar 1991 widerrief das Finanzamt gemäß § 294 BAO die Bescheinigung Zl. dddd/46 betreffend die Befreiung des Kraftfahrzeuges VW-Kombi mit der Begründung, die Steuerbefreiung gemäß § 2 Abs. 3 KfzStG komme nur zur Anwendung, wenn für ein Fahrzeug Kraftfahrzeugsteuer entrichtet werde, die Steuerbefreiung gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. hingegen stehe für das Fahrzeug zu, das der Antragsteller selbst bestimmen könne; das unter dem Wechselkennzeichen zugelassene Zweitfahrzeug sei dann steuerpflichtig.

In seiner dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, daß ein Körperbehinderter bei Zutreffen der Bestimmung des § 2 Abs. 3 KfzStG für beide Fahrzeuge von der Steuer befreit sei. Wenn eines der beiden Fahrzeuge etwa durch eine Reparatur bedingt ausfalle, sei der Beschwerdeführer auf das zweite Fahrzeug angewiesen, um mobil zu bleiben. In einem Nachhang zur Berufung brachte der Beschwerdeführer noch vor, den VW-Kombi (der zum Schlafen und Kochen adaptiert sei) zu Bäderfahrten (Kuren) zu verwenden, wofür dieses Fahrzeug unentbehrlich sei.

Die belangte Behörde führte daraufhin Erhebungen zur Klärung der Frage, für welches der beiden Fahrzeuge der Beschwerdeführer die Steuerbefreiung gemäß § 2 Abs. 2 KfzStG gewählt habe, durch. Das Finanzamt berichtete dazu folgendes:

Der Beschwerdeführer habe keines der beiden Fahrzeuge für die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung ausgewählt, weil er für beide die Befreiung angestrebt habe; ab Februar 1991 habe der Beschwerdeführer für den VW-Kombi eine Kraftfahrzeugsteuerkarte angelegt, die Steuer entrichtet und die Karte am 22. Oktober 1991 beim Finanzamt abgegeben; am 7. November 1991 habe der Beschwerdeführer den Ford-Granada abgemeldet und am 13. Dezember 1991 die Befreiungsbescheinigung Nr. dddd/46, die Kfz-Steuerkarte für den VW-Kombi für 1991/92 (Zeitraum X und XI/91, a S 180,--) und die Befreiungsbescheinigung Nr. dddd/47 beim Finanzamt abgegeben.

Am 13. Dezember 1991 sei vom Beschwerdeführer neuerlich eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für den VW-Kombi beantragt und vom Finanzamt gemäß § 2 Abs. 2 KfzStG bewilligt worden. Hiebei sei dem Beschwerdeführer die Befreiungsbescheinigung Nr. eeee/54 ausgehändigt worden.

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und berichtigte unter einem die Zahl der widerrufenen Bescheinigung auf dddd/47, weil sie davon ausging, die vom erstinstanzlichen Bescheid widerrufene Befreiungsbescheinigung Zl. dddd/46 hätte den PKW Ford-Granada betroffen.

In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und Abs. 3 KfzStG die Auffassung, im Falle des Beschwerdeführers, dem Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 2 KfzStG zukomme, wirke sich diese Bestimmung in Verbindung mit § 2 Abs. 3 leg. cit. derart aus, daß ihm im Gegensatz zu anderen Steuerschuldnern die Wahl zustehe, welchem der beiden Fahrzeuge die Steuerbefreiung gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. zustehen solle. Die Bescheinigung sei ihm für dasjenige Fahrzeug entzogen worden, das er nur gelegentlich (z.B. für Kurfahrten) benütze.

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich (im Ergebnis) in seinem Recht auf Steuerbefreiung für den VW-Kombi verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 3 KfzStG 1952 normiert:

"Wird für zwei Kraftfahrzeuge nur ein Zulassungsschein ausgefertigt, so ist das Kraftfahrzeug von der Steuer befreit, für das der niedrigere Steuersatz zutrifft."

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 lit. d leg. cit. beträgt die Jahressteuer (Steuersatz) für Personenkraftwagen sowie Kombinationskraftwagen bei einem Hubraum über 1500 cm3 bis 1750 cm3 2.160,-- S.

§ 2 Abs. 2 leg. cit. normiert:

"Für Körperbehinderte zugelassene Kraftfahrzeuge, die von diesen Personen infolge körperlicher Schädigung zur persönlichen Fortbewegung verwendet werden müssen, sind auf Antrag von der Steuer zu befreien."

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, daß (wegen der am 7. November 1991 erfolgten Abmeldung des Ford-Granada bis Ende November 1991) zwei Steuerbefreiungstatbestände zum Tragen kamen, nämlich der des § 2 Abs. 3 KfzStG betreffend Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen und der nach § 2 Abs. 2 leg. cit. wegen der Körperbehinderung des Beschwerdeführers.

Die von der belangten Behörde angesichts des Zusammentreffens dieser beiden Befreiungstatbestände geäußerte Rechtsansicht, daraus entstünde für den Steuerschuldner ein Wahlrecht, welchem der beiden Fahrzeuge die Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 2 KfzStG zukommen solle, findet im Gesetz keine Deckung. Zu beachten ist nämlich, daß der Befreiungstatbestand nach § 2 Abs. 3 KfzStG eine lex specialis für Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen darstellt, die ex lege für eines der beiden Fahrzeuge eine Steuerbefreiung bewirkt, und zwar für dasjenige mit dem niedrigeren Steuersatz. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die beiden Fahrzeuge wegen der Größe ihres Hubraumes dem gleichen Steuersatz unterworfen sind, bedeutet das schlicht, daß für diese beiden Fahrzeuge, die kraftfahrzeugsteuerrechtlich gleich zu behandeln sind, nur einmal die Steuer zu entrichten ist. Ein Dispositionsrecht des Steuerschuldners hingegen ist im Gesetz nicht vorgesehen und wäre auch nicht sinnvoll, weil das Gesetz zwischen Fahrzeugen, auf die derselbe Steuersatz zur Anwendung zu kommen hat, nicht weiter differenziert. Ist nun der Steuerschuldner - wie hier der Beschwerdeführer - zusätzlich eine Person, auf die die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes nach § 2 Abs. 2 KfzStG zutreffen, so kann sich ausgehend davon, daß er auf Grund der lex specialis des § 2 Abs. 3 leg. cit. ohnehin nur einmal steuerpflichtig ist, die Steuerbefreiung gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. nur auf diese bereits ex lege reduzierte Steuerpflicht beziehen. Andernfalls wäre nämlich ein Körperbehinderter, der eines Kraftfahrzeuges i.S. der Kriterien des § 2 Abs. 2 KfzStG bedarf und der zwei Kraftfahrzeuge mit Wechselkennzeichen betreibt, gegenüber einem ebensolchen Körperbehinderten, für den nur ein Kraftfahrzeug zugelassen ist, benachteiligt, indem er für eines seiner beiden Fahrzeuge ungeachtet des Vorliegens zweier Befreiungstatbestände Steuer zu entrichten hätte.

Die belangte Behörde hat somit durch die Annahme eines gesetzlich nicht existenten Wahlrechtes des Steuerpflichtigen und in weiterer Folge ausgehend davon, daß der Beschwerdeführer gar keine Wahl getroffen hat, durch den Entzug der Steuerbefreiung für den VW-Kombi den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen muß. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß auch dem Argument der belangten Behörde, der Beschwerdeführer verwende den VW-Kombi nur gelegentlich, kein Gewicht zukommen kann, weil auf Grund der Tatsache, daß der Beschwerdeführer bis zur Abmeldung des Ford-Granada seine zwei Fahrzeuge nicht kumulativ, sondern unter Wechselkennzeichen, also alternierend, betrieb, keineswegs gesagt werden kann, er benötige eines dieser Fahrzeuge nicht ständig.

Mit Rücksicht auf die Aufhebung des Bescheides war auf die erhobene Verfahrensrüge nicht weiter einzugehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Umfang des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992160037.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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