TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/14 92/07/0032

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.1993
beobachten
merken

Index

L66104 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §861;
AgrBehG 1950 §1 Abs2;
AVG §56;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs3;
WWSGG §1;
WWSGG §33 Abs1;
WWSGG §6;
WWSLG OÖ 1952 §1 Abs3;
WWSLG OÖ 1952 §1 Abs4;
WWSLG OÖ 1952 §1;
WWSLG OÖ 1952 §39 Abs1;
WWSLG OÖ 1952 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1) des EF und

2) der CF, beide in G, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen das Erkenntnis des

O.Ö. Landesagrarsenates beim Amt der O.Ö. Landesregierung vom 10. Dezember 1991, Zl. Bod - 4152/13 - 1991, betreffend Zustimmungsverpflichtung zu einem Bauansuchen (mitbeteiligte Parteien: 1) JK, 2) MK, beide in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Den mitbeteiligten Parteien (MP) stehen auf Grund des Regulierungserkenntnisses Nr. 22.573/Serv VI vom 28. April 1863 ebenso wie den Eigentümern dreier weiterer berechtigter Liegenschaften Weiderechte an der im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden St.alm zu. Nach Punkt III des Regulierungserkenntnisses sind die Eigentümer der dieses Weiderecht genießenden Liegenschaften dazu berechtigt, je 32 Stück Hornvieh gemeinschaftlich auf die St.alm aufzutreiben und dort zu bestimmten Zeiten weiden zu lassen. Nach Punkt V des Regulierungserkenntnisses sind mit diesem Weiderecht weitere Berechtigungen als Nebenservituten verbunden. Dazu zählt nach Punkt V 3. der Urkunde das Recht, die belastete Liegenschaft zur Haltung der zum Betrieb der Almwirtschaft erforderlichen Alpengebäude im Weideterrain zu benützen, und nach Punkt V 5.c der Regulierungsurkunde das Recht, das zur Herstellung und Erhaltung der Alpengebäude erforderliche Bau- und Zeugholz gegen försterliche Anweisung und Auszeigung des Holzes aus den dem Alpengebäude bzw. den Gehägen nahen Waldungen des belasteten Gutes mit leichter Bringung, nach dem jedesmaligen Bedarfe zu beziehen.

Nachdem die Beschwerdeführer dem Ansuchen des Erstmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung für den Neubau seiner - verfallenen - Almhütte auf dem Weidegebiet die baurechtlich erforderliche Zustimmung verweigert hatten, begehrten die MP bei der Agrarbezirksbehörde Gmunden (AB) zunächst die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhalts, daß ihnen das Recht zustehe, die geplante Almhütte auf der im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden St.alpe zu errichten, welchen Antrag die MP schließlich dahin modifizierten, daß die AB die Beschwerdeführer bescheidmäßig dazu verhalten möge, die unterschriftliche Zustimmung zur Anbringung des Baubewilligungsansuchens für die Errichtung der Almhütte gemäß dem der Bauverhandlung zugrundeliegenden Einreichplan zu erteilen.

Die mit dem Feststellungsbegehren der MP konfrontierten Beschwerdeführer traten dem ihnen bekanntgegebenen Antrag entgegen.

Mit Bescheid vom 11. Juni 1991 gab die AB dem modifizierten Antrag der MP statt und wies ein weiteres von den MP erhobenes, einen Streitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht bildendes Begehren als unzulässig zurück. Begründend führte die Behörde aus, daß sich aus einem Erhebungsbericht der Agrarbezirksbehörde Linz ebenso wie aus dem Bauplan ergebe, daß das geplante Almgebäude für den Betrieb der Almwirtschaft erforderlich sei und den einforstungsrechtlichen Rahmen nicht sprenge. Die Benützung des belasteten Grundes zur Herstellung des geplanten Gebäudes finde ihre Rechtsgrundlage im Punkt V Z. 3 des Regulierungserkenntnisses. Die Versagung der Baubewilligung würde die Ausübbarkeit des urkundlich eingeräumten Nebenrechtes verhindern; es vermittle daher das Einforstungsrecht des Hüttenplatzes dem Berechtigten unter der Voraussetzung, daß das geplante Bauwerk diesem Recht entspreche, einen Anspruch darauf, dem Baubewilligungsansuchen die Zustimmung zu erteilen. Es habe die AB demnach in Vollziehung der Einforstungsrechte die Beschwerdeführer dazu verpflichten müssen, die verweigerte Zustimmung zum Baubewilligungsansuchen zu erteilen. Daß die Vorbesitzer der MP das Almgebäude verfallen hätten lassen, hätte zu einer anderen Beurteilung nicht führen können, zumal Einforstungsrechte nicht verjähren könnten.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandten sich die Beschwerdeführer gegen das Ergebnis des Erhebungsberichtes der Agrarbezirksbehörde Linz, wonach das alte Almgebäude infolge der Witterungseinflüsse in einem äußerst schlechten Zustand sei, indem sie darauf hinwiesen, daß es die MP und deren Rechtsvorgänger gewesen seien, welche das Almgebäude verfallen lassen hätten, ohne die jeweils erforderlichen (kleinen), nicht baubewilligungspflichtigen Reparaturen durchzuführen. Deshalb bestünde auch keine Verpflichtung der Beschwerdeführer, der nun beabsichtigten Bauführung zuzustimmen. Im Hinblick auf das offenbar bewußte Verfallenlassen des Almgebäudes durch die MP sei ihr nunmehriger Wunsch nach neuerlicher Bauführung rechtsmißbräuchlich und schikanös, insbesondere auch im Hinblick auf die durch diese Bauführung verbundene Störung der Jagd. Dadurch, daß die MP die fortlaufende Instandhaltung des Almgebäudes unterlassen hätte, fiele auch die in der Regulierungsurkunde vorgesehene Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Auszeigung von Holz für die Herstellung und Erhaltung von Almgebäuden weg, was die MP außerstandesetzen müßte, den beabsichtigen Bau auch auszuführen; demnach fehle es den MP auch an einem Rechtsschutzinteresse an der Erwirkung einer Baugenehmigung. Dies gelte umso mehr, als die MP auch erklärt hätten, die von den Beschwerdeführern angelegten Wege zu Fahrtzwecken nicht zu benützen. Überdies hätten die MP - gemeinsam mit anderen - Waldverwüstungen verschuldet, weshalb die Beschwerdeführer erst recht nicht verpflichtet wären, für einen Almhüttenneubau Holzbezug zu leisten, was als Vorfrage zur Zustimmung zur Bauführung bedeutsam sei.

In einer der belangten Behörde gegenüber erstatteten Stellungnahme zu dem ihnen übermittelten Erhebungsbericht der Agrarbezirksbehörde Linz wiesen die Beschwerdeführer auf den Umstand hin, daß sich ohnedies drei Almhütten auf dem Weidegebiet befänden, die weder von den MP noch von den sonst auf der St.alm weideberechtigten Personen tatsächlich selbst zur Ausübung der Weiderechte benützt würden; diese Hütten würden vielmehr in Form eines "Privatfremdenverkehrs" von den Weideberechtigten an interessierte Personen vermietet. Überdies lasse die im Erhebungsbericht dargestellte Art der Almbewirtschaftung durch die MP keinen Bedarf für eine Almhütte erkennen. Da das Weiderecht auf der St.alm ein mehreren Personen gemeinsam eingeräumtes Recht sei, habe sich die Gemeinschaftlichkeit der Rechtseinräumung auch auf die Almgebäude zu beziehen, zumal dem Regulierungserkenntnis sich nicht entnehmen lasse, daß jedem einzelnen Weideberechtigten das Recht zur Errichtung und Erhaltung eines Alpengebäudes zustünde. Für die Prüfung der Erforderlichkeit der Errichtung eines weiteren Almgebäudes sei demnach auch zu prüfen, ob die derzeit bestehenden drei Almhütten nicht ohnehin für die Ausübung des Weiderechtes ausreichten, was unzweifelhaft der Fall sei, da diese Almhütten derzeit zweckentfremdet benützt würden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG sowie § 1 Abs. 3, § 5 und § 39 Abs. 1 und 2 des Gesetzes vom 23. April 1952 in der Fassung des Gesetzesbeschlusses des O.Ö. Landtages vom 5. November 1952 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (Wald- und Weideservitutenlandesgesetz - WWG), als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde begründend aus, daß das Nebenrecht der Haltung eines Alpengebäudes sich nicht bloß auf den erstmaligen Almhüttenbau erstrecke und selbst dann nicht unterginge, wenn Verfall oder sogar Abtragung einer Almhütte auf Verschulden einer berechtigten Partei zurückzuführen wäre. Der Umstand, daß das Weiderecht den Eigentümern der in der Regulierungsurkunde genannten berechtigten Liegenschaften gemeinschaftlich zustünde, lasse nicht darauf schließen, daß auch das Hüttenrecht gemeinschaftlich ausgeübt werden müsse. Lasse doch auch die Tatsache, daß seit der Regulierung jede berechtigte Liegenschaft eine eigene Almhütte zur Verfügung gehabt hätte, den Schluß darauf zu, daß nach dem übereinstimmenden Willen der berechtigten Parteien und der belasteten Partei im Zeitpunkt der Regulierung jeder berechtigten Liegenschaft ein eigenes Hüttenrecht eingeräumt werden sollte. Daß ein Weiderecht im Umfang von 32 Rindern auf einer Alm in einer Seehöhe zwischen 1400 und 1600 m nur unter der Voraussetzung einer intakten Almhütte in zeitgemäßer Weise ausgeübt werden könne, bedürfe weder einer gutachterlichen Feststellung noch einer näheren Begründung. Daß der Neubau der Almhütte als Ersatz für das verfallene Objekt für den Betrieb der Almwirtschaft erforderlich sei, könne keinem Zweifel unterliegen. Auf welche Weise die MP die für die Bauführung nötigen Transporte bewerkstelligen würden, sei nicht Sache des Berufungsverfahrens; im übrigen umfasse ein Hüttenrecht auch die Berechtigung, die zur Bauführung nötigen technischen Mittel über die belastete Liegenschaft auf schonende Weise zu transportieren. Ob die Almhütten der drei anderen weideberechtigten Liegenschaften derzeit zweckentfremdet benützt würden, sei nicht zu prüfen gewesen, weil den Mitbeteiligten nach der Regulierungsurkunde ihr eigenes Hüttenrecht zuzugestehen sei. Müsse demnach die Berechtigung der MP zur Errichtung der Almhütte bejaht werden, so sei daraus die Verpflichtung der Beschwerdeführer zu folgern, ihre Unterschrift zum Baubewilligungsansuchen der Nutzungsberechtigten zu erteilen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, es aufzuheben; die Beschwerdeführer erklären sich in ihrem Recht verletzt, nicht entgegen den gesetzlichen Vorschriften dazu verpflichtet zu werden, einer Bauführung der MP auf der ihnen gehörigen Liegenschaft zuzustimmen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; auch die MP begehren die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer werfen den Behörden beider Instanzen zunächst vor, eine ihnen nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen zu haben; für eine Verpflichtung der Grundeigentümer zur Erteilung der Zustimmung zu einem Baubewilligungsansuchen seien die ordentlichen Gerichte berufen. Dieser Vorwurf enthält, nachdem die belangte Behörde gemäß § 1 Abs. 2 AgrBehG 1950 zur Entscheidung über die gegen den Bescheid der AB erhobene Berufung jedenfalls zuständig war, die Behauptung inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aus dem Grunde, daß die belangte Behörde die Unzuständigkeit der AB zur Entscheidung über das von den MP gestellte Begehren nicht wahrgenommen hätte. Die Rüge ist unberechtigt. Die AB war zuständig.

Zutreffend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend davon aus, daß die Frage, ob die Beschwerdeführer den MP gegenüber verpflichtet sind, dem Baubewilligungsansuchen des Erstmitbeteiligten zuzustimmen, anhand jener Rechtsnormen beurteilt werden muß, welche das Rechtsverhältnis zwischen den MP und den Beschwerdeführern regeln. Diese Rechtsnormen aber sind öffentliches Recht. Gemäß § 39 Abs. 1 WWG sind die Bestimmungen dieses Gesetzes und die Anordnungen, welche in auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Regulierungsplänen, Satzungen und Bescheiden, oder auf Grund bestimmt bezeichneter anderer Gesetze in Erkenntnissen und genehmigten Vergleichen getroffen wurden, mit Ausschluß des Rechtsweges im Sinne der Bestimmungen des Agrarbehördengesetzes 1950 von den Agrarbehörden durchzuführen. Diese entscheiden nach dem zweiten Absatz des genannten Paragraphen auch außerhalb eines Verfahrens zur Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluß des Rechtsweges über die Frage des Bestandes von Nutzungsrechten, über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind, über die Frage der gänzlichen oder teilweisen Übertragung von Nutzungsrechten von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere, über die Frage der Entlastung urkundlich belasteten Grundes von den darauf ruhenden Wald- und Weidenutzungsrechten sowie über alle Fragen, welche geringfügige Änderungen der Nutzungsrechte betreffen. Nach dem fünften Absatz des zitierten Paragraphen bleibt die Zuständigkeit der Gerichte zur Entscheidung über Klagen, die auf den Schutz und die Wiederherstellung des letzten Besitzstandes gerichtet sind, unberührt.

Abgesehen davon, daß Regulierungsurkunden, wie die Beschwerdeführer an anderer Stelle ihrer Beschwerdeschrift auch zugestehen, nicht privatrechtlichen Charakter haben, sondern im öffentlichen Recht wurzeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/07/0058, mit weiteren Nachweisen), macht auch die dargestellte Gesetzeslage deutlich, daß zum Vollzug der Bestimmungen des WWG ebenso wie jener der auf Grund dieses oder anderer darin genannter Gesetze erlassenen Regulierungsurkunden mit Ausnahme der im § 49 Abs. 2 Z. 4 JN genannten Streitigkeiten unter Ausschluß des Rechtsweges ausschließlich die Agrarbehörden berufen sind. Für die Entscheidung des von den MP gegen die Beschwerdeführer erhobenen Anspruchs auf Erteilung der Zustimmung zum Baubewilligungsansuchen des Erstmitbeteiligten konnte nichts anderes gelten. Entscheidungskompetenz über das von den MP erhobene Begehren erwuchs der AB schon aus der Bestimmung des § 39 Abs. 1 WWG. In Vollziehung des Regulierungserkenntnisses hatte die AB über den Bestand des von der MP geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Anspruches gegen die Beschwerdeführer zu entscheiden. Enthielt doch das Begehren der MP nichts anderes als die zur Verwirklichung des verbrieften Rechtes nach Lage des Falles erforderliche Durchführung des Regulierungserkenntnisses im Umfang der die Beschwerdeführer treffenden Pflicht, die zur Errichtung des Almgebäudes durch die MP baurechtlich erforderliche Willenserklärung abzugeben.

Soweit die Beschwerdeführer die Behauptung der Unzuständigkeit der AB damit zu stützen versuchen, daß sie die Auffassung vortragen, die im Instanzenzug ergangene Entscheidung sei nicht vollstreckbar, seien sie auf die Erwägungen des in diesem Beschwerdefall ergangenen

hg. Beschlusses vom 11. März 1992, AW 92/07/0004, verwiesen, mit welchem die Frage der von den Beschwerdeführern bezweifelten Vollstreckbarkeit des angefochtenen Erkenntnisses bereits erschöpfend abgehandelt wurde.

Auch materiellrechtlich fehle es der im angefochtenen Erkenntnis bestätigten Verpflichtung an einer Rechtsgrundlage, meinen die Beschwerdeführer. Weder § 1 Abs. 3 WWG noch § 5 leg. cit. eigneten sich dazu, der ihnen auferlegten Zustimmungsverpflichtung eine tragfähige Grundlage zu bieten.

Auch mit dieser Behauptung sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Ob sich das von den Beschwerdeführern unterstellte, vom zivilgerichtlichen Verfahren geprägte Begriffsverständnis des Ausdrucks "Sicherung" auf die Bestimmung des § 1 Abs. 3 WWG, wonach durch Bescheid Vorkehrungen zur Sicherung der Nutzungsrechte getroffen werden können, mit dem von den Beschwerdeführern gesehenen provisorialverfahrensrechtlichen Inhalt übertragen ließe, stehe dahin. Es geht nämlich die Argumentation der Beschwerdeführer, § 1 Abs. 3 WWG böte der ihnen auferlegten Zustimmungsverpflichtung keine materiellrechtliche Grundlage, schon deswegen an der Sache vorbei, weil die Bestimmung des § 1 Abs. 3 WWG eine Verfahrensanordnung ist, die über den Inhalt dessen, wozu der Belastete aus einer Regulierungsurkunde verpflichtet ist, nichts besagt. Ihre verfahrensrechtliche Grundlage aber hat die behördliche Entscheidung, wie bereits dargestellt, ohnehin in der Bestimmung des § 39 Abs. 1 WWG.

Materiellrechtlich war vielmehr die Frage zu beantworten, ob aus der Berechtigung der MP, die belastete Liegenschaft zur Haltung der zum Betrieb der Almwirtschaft erforderlichen Alpengebäude im Weideterrain zu benützen (Punkt V 3. der Regulierungsurkunde), die Pflicht der Beschwerdeführer folgt, dem vom Erstmitbeteiligten eingereichten Baubewilligungsansuchen zuzustimmen. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß die Pflicht der Beschwerdeführer, dem Baubewilligungsansuchen zuzustimmen, allein davon abhing, ob die MP als berechtigt anzusehen waren, die mit dem Baubewilligungsansuchen projektierte neue Almhütte anstelle des verfallenen Almgebäudes zu errichten. Waren die MP auf der Grundlage ihrer Rechtsbeziehung zu den Beschwerdeführern zur Errichtung des Almgebäudes als berechtigt zu erkennen, dann resultierte allein daraus nämlich die Pflicht der Beschwerdeführer, die zur Realisierung des Rechtes der MP erforderliche Willenserklärung abzugeben. Daß weder das Regulierungserkenntnis noch die Bestimmungen des WWG eine Verpflichtung des Eigentümers der belasteten Liegenschaft zur Abgabe einer solchen Willenserklärung ausdrücklich statuieren, rechtfertigt die Weigerung der Beschwerdeführer zur Abgabe der baurechtlich erforderlichen Willenserklärung entgegen ihrer Auffassung nicht. Wie das privatrechtliche so ist auch das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis durch die Verknüpfung von Rechten und Pflichten derart gekennzeichnet, daß einer Berechtigung des einen Rechtssubjekts immer auch eine Verpflichtung eines anderen Rechtssubjekts entspricht (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 260). Der Berechtigung der MP zur Errichtung des Almgebäudes muß damit notwendigerweise die Verpflichtung der Beschwerdeführer korrespondieren, die Errichtung des Gebäudes nicht bloß zu dulden, sondern auch die zu ihrer Errichtung nach anderen Vorschriften erforderlichen Willenserklärungen abzugeben. Daß die Regulierungsurkunde eine Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Abgabe einer Willenserklärung nicht statuiert, konnte die Behörde demnach in dem ihr nach § 39 Abs. 1 WWG aufgetragenen Vollzug des Regulierungserkenntnisses nicht daran hindern, den Beschwerdeführern zur Durchsetzung des Rechtes der MP auf Errichtung des Almgebäudes diese Verpflichtung aufzuerlegen.

Der Berechtigung der MP zur Errichtung des projektierten Almgebäudes treten die Beschwerdeführer zunächst mit der Auffassung entgegen, daß dieses Gebäude zum Betrieb der Almwirtschaft deswegen nicht erforderlich sei, weil die drei bestehenden Almhütten der anderen Berechtigten zur Ausübung des Weiderechtes ausreichten; sei das Weiderecht selbst ein bloß gemeinschaftliches Recht, könne für das Nebenrecht zur Erhaltung der zum Betrieb der Alpenwirtschaft erforderlichen Alpengebäude nichts anderes gelten. Die von der belangten Behörde zur Begründung der gegenteiligen Auffassung ins Treffen geführte Tatsache, daß nach der praktischen Handhabung jeder einzelne Berechtigte seine eigene Almhütte gehalten habe, könne daran angesichts des öffentlich-rechtlichen Charakters der Weiderechte und der für solche geltenden Auslegungsgrundsätze von Regulierungserkenntnissen nichts ändern.

Auch diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Zutreffend verweist die belangte Behörde im angefochtenen Erkenntnis auf den Umstand, daß Punkt V der Regulierungsurkunde über eine gemeinschaftliche Ausübung der darin verbrieften Rechte nichts aussagt. Die von den Beschwerdeführern gegebene Interpretation der in diesem Punkte enthaltenen Berechtigungen verstößt somit gegen den von ihnen selbst postulierten Auslegungsmaßstab des objektiven Erklärungsgehalts der Urkunde. Auch das im Punkt V 5.c der Regulierungsurkunde festgeschriebene Recht, das zur Herstellung und Erhaltung der Alpengebäude erforderliche Bau- und Zeugholz nach dem jedesmaligen Bedarfe zu beziehen, läßt eine Beschränkung auf bloß gemeinschaftliche Ausübung dieses Rechtes nicht erkennen. Ebenso spricht der Umstand, daß die Zahl des zur Weide zugelassenen Viehs nicht mit einer Summe für alle Berechtigten gemeinsam, sondern für jeden Berechtigten einzeln mit 32 Stück festgelegt wurde, gegen das von den Beschwerdeführern gesehene Gewicht der Gemeinschaftlichkeit der Rechtsausübung. Nicht zuletzt aber sind die Beschwerdeführer der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, daß seit der Regulierung jede berechtigte Liegenschaft eine eigene Almhütte zur Verfügung hatte, im Tatsachenbereich nicht entgegengetreten. Die für den Vollzug des Regulierungserkenntnisses allgemein maßgebende Bestimmung des § 5 WWG ordnet an, daß die Grundlage für die Ergänzungsregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung der Nutzungsrechte - und damit einschlußweise für die Beurteilung des Bestandes dieser Rechte - das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der Nutzungsrechte und der Gegenleistungen zu bilden hat. Ist die belangte Behörde nun, von den Beschwerdeführern dem Tatsächlichen nach unbekämpft, auf Grund anderer Beweismittel zur Feststellung gelangt, daß jede berechtigte Liegenschaft von Anfang an eine eigene Almhütte zur Verfügung hatte, dann kann ihr auch unter dem Gesichtspunkt des § 5 WWG eine unrichtige rechtliche Beurteilung in der Einsicht nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, daß den MP die Berechtigung zustehe, ihre eigene Almhütte zu halten. Ob die von den übrigen Berechtigten gehaltenen Almgebäude widmungswidrig benützt werden und bei widmungsgemäßer Benützung dazu ausreichen würden, den almwirtschaftlichen Bedarf der MP nach einem Alpengebäude zu decken, war demnach nicht relevant und deswegen nicht zu prüfen, weil die MP sich eine Verweisung auf die Hütten anderer nicht gefallen zu lassen brauchten.

Die Beschwerdeführer wenden sich schließlich gegen die Berechtigung der MP zur Errichtung des Almgebäudes auch mit der Auffassung, daß der Umstand, daß die MP und deren Rechtsvorgänger ihre Pflicht zur Erhaltung des vorhandenen Almgebäudes verletzt und dieses verfallen lassen hätten, dem Recht zur Errichtung einer neuen Almhütte entgegenstehe. Auch darin ist den Beschwerdeführern nicht zu folgen. Zutreffend auch in dieser Frage hat die belangte Behörde im angefochtenen Erkenntnis beurteilt, daß das Recht der MP zur Haltung des Alpengebäudes auf dem Weideterrain durch den Verfall einer bestandenen Hütte nicht untergeht und diesfalls auch die Berechtigung zum Neubau des Almgebäudes anstelle der nicht mehr möglichen Erhaltung des verfallenen Gebäudes umfaßt. Inwieweit ein Verschulden der MP und ihrer Rechtsvorgänger am Verfall des Alpengebäudes unter dem Gesichtspunkt des Gebotes wechselseiter Rücksichtnahme in der Rechtsausübung dazu geeignet sein könnte, Einfluß auf das Ausmaß des Rechtes der MP zum Bezug des für die Herstellung des neuen Gebäudes erforderlichen Holzes zu nehmen, war im Beschwerdefall nicht zu untersuchen. Die mit dem Antransport der Baumaterialien und Gerätschaften zum Bauplatz verbundenen Schwierigkeiten technischer und rechtlicher Natur zu lösen, bleibt im Falle der Erteilung der beantragten Baubewilligung Sache der MP. Daß die anstehenden Probleme für sie unlösbar wären, und es deshalb an ihrem Rechtsschutzinteresse an der Abgabe der begehrten Willenserklärung der Beschwerdeführer fehle, ist in rechtlicher Hinsicht angesichts des in der Regulierungsurkunde auch eingeräumten Fahrtrechtes jedenfalls nicht zu erkennen. Bei dem Beschwerdevorbringen, wonach es den MP offenstünde, anstelle der Errichtung eines neuen Almgebäudes den bestehenden Viehunterstand zu erhalten, handelt es sich um eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer die Unterlassung des von ihnen beantragten Ortsaugenscheines mit der Behauptung, daß sich aus der Durchführung des Ortsaugenscheines ergeben hätte, daß keine Notwendigkeit der Errichtung einer Almhütte für den ordentlichen Weidebetrieb bestehe.

Der Gerichtshof vermag eine Relevanz dieses der belangten Behörde vorgeworfenen Verfahrensmangels nicht zu erkennen. Soweit mit dem begehrten Ortsaugenschein unter Beweis gestellt hätte werden sollen, daß die Almhütten anderer Berechtigter zweckentfremdet verwendet werden, erübrigte sich die Aufnahme des beantragten Beweises deswegen, weil die MP, wie oben dargestellt, auf die Hütten anderer Berechtigter nicht verwiesen werden dürften. Welche Erkenntnisse die Vornahme eines Ortsaugenscheins für die Behauptung der Beschwerdeführer, daß das Almgebäude zum Betrieb der Almwirtschaft der MP nicht erforderlich sei, sonst zu gewinnen gewesen wären, machen sie nicht einsichtig. Daß die MP die Betreuung der Alm infolge auch des Fehlens eines geeigneten Almgebäudes in den vergangenen Jahren nur extensiv vorgenommen haben, ergibt sich aus dem Erhebungsbericht der Agrarbezirksbehörde Linz und widerlegt nicht die Feststellung der belangten Behörde, daß die intensive Almbewirtschaftung mit dem verbrieften Recht des Auftriebs von 32 Rindern auf eine Alm in einer Seehöhe zwischen 1400 und 1600 m nur unter der Voraussetzung einer intakten Almhütte in zeitgemäßer Weise ausgeübt werden kann. Aus welchen Gründen welche Ergebnisse eines Ortsaugenscheines im Almgebiet die belangte Behörde zu einer davon abweichenden Sachverhaltsfeststellung und damit einem anderen Erkenntnis hätten gelangen lassen können, tun die Beschwerdeführer nicht dar und kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen.

Die Beschwerde erwies sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des BescheidcharaktersBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Angelegenheiten des Privatrechts

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992070032.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten