TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/23 93/09/0149

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Veröffentlicht am 23.09.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

BUAG §1 Abs1;
BUAG §2;
BUAG §25 Abs6 idF 1989/363;
BUAG §25 Abs7 idF 1989/363;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10. März 1993, Zl. 53.240/1-3/93, betreffend Anwendung der Vorschriften des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes auf den Betrieb des Beschwerdeführers (mP: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in Wien V), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Betriebes, der sich hauptsächlich mit der Montage von Fertigteil-Zwischendecken befaßt.

Mit Schreiben vom 13. November 1991 schrieb die mitbeteiligte Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (in der Folge kurz: mP) dem Beschwerdeführer Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) vor, weil sie die Auffassung vertrat, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes auf den Betrieb des Beschwerdeführers anzuwenden seien.

Gegen diese Zuschlagsvorschreibung erhob der Beschwerdeführer am 25. November 1991 mit der Begründung Einspruch, daß im angeführten Zeitraum vom 3. Dezember 1990 bis zum 29. September 1991 von seinen Arbeitnehmern keine Tätigkeiten verrichtet worden seien, die "in die Zuständigkeit des BUAG fallen".

Hierauf stellte die mP am 2. Dezember 1991 beim Magistrat der Stadt Linz gemäß § 25 Abs. 6 BUAG den Antrag auf Feststellung, daß "der Beschwerdeführer" den Vorschriften des BUAG unterliege, weil die Haupttätigkeiten in dessen Betrieb jedenfalls unter die lit. e und g des § 2 BUAG zu subsumieren seien.

Daraufhin stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 16. Dezember 1991 gemäß § 25 Abs. 6 BUAG fest,"... daß der Betrieb K, soweit er das Gewerbe "Stukkateurhandwerk, eingeschränkt auf Montage von abgehängten Fertigteilen, Zwischendecken und Gipsständerwänden" ausübt, den Vorschriften des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl. 414/72 in der Fassung BGBl. 363/89, unterliegt."

Begründend verwies der Bürgermeister darauf, daß der Beschwerdeführer am 2. Juli 1990 das Stukkateurgewerbe angemeldet habe. Für die Anwendbarkeit des BUAG sei nur entscheidend, ob das vom Unternehmer angemeldete Gewerbe zu den im § 2 aufgezählten Gewerben gehöre; unmaßgeblich sei dagegen, welches Gewerbe tatsächlich ausgeübt werde.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, daß seine Tätigkeit richtigerweise zum Spenglerhandwerk gehöre; er habe deshalb am 20. November 1991 um einen Gewerbeschein für dieses Handwerk angesucht. In seiner Firma würden keine Gipsarbeiten durchgeführt, sodaß der Beschwerdeführer für keinen seiner Mitarbeiter eine "Meldung zur BUAK" veranlassen habe können. Die Tätigkeiten dieser Mitarbeiter (drei gelernte Tischler, ein angelernter Maler, zwei Montagehelfer) seien auch nicht wetter- oder saisonabhängig, der Beschwerdeführer habe sie daher noch nie während der Wintermonate arbeitslos gemeldet.

Im Verfahren über diese Berufung holte der Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) eine Stellungnahme der mP ein und gab dazu dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme. Beide Parteien hielten an ihrer unterschiedlichen Einschätzung der Tätigkeiten im Betrieb des Beschwerdeführers (Bau- bzw. Spenglerarbeiten) fest.

Mit Bescheid vom 7. April 1992 wies hierauf der LH gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 2 Abs. 1 lit. e BUAG die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Der Beschwerdeführer habe unbestrittenermaßen zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Zuschlagsleistungen die Gewerbeberechtigung für das Stukkateurhandwerk, eingeschränkt auf die Montage von abgehängten Fertigteilen, Zwischendecken und Gipsständer innegehabt; eine weitere Gewerbeberechtigung sei zu diesem Zeitpunkt nicht aufgeschienen, sodaß der Betrieb nicht als Mischbetrieb gelten könne. Folglich fänden die Bestimmungen des BUAG auf den Betrieb des Beschwerdeführers Anwendung. Bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des BUAG sei ausschließlich von der erteilten Gewerbeberechtigung auszugehen, denn jede Tätigkeit, die in diesem Betrieb durchgeführt und nicht von der erteilten Gewerbeberechtigung abgedeckt werde, sei nicht legal und könne nicht als Grundlage für die Anwendbarkeit gesetzlicher Bestimmungen herangezogen werden. Daß ein Stukkateurbetrieb in den Anwendungsbereich des BUAG falle, sei unbestritten.

Der Beschwerdeführer erhob gemäß der in diesem Bescheid des LH enthaltenen Rechtsmittelbelehrung Berufung an die belangte Behörde.

Über Anfrage der belangten Behörde teilte die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft - Bundessektion Gewerbe und Handwerk dazu folgendes mit:

"Die geschilderten Tätigkeiten sind dem Stukkateurhandwerk zuzuordnen. Die Zuordnung erfolgt unabhängig davon, mit welchem Material die Arbeiten ausgeführt werden (Holz, Metall, Gips, etc.). Für die Zuordnung spricht auch das Vorliegen der Gewerbeberechtigung für das Stukkateurhandwerk."

Weiters holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der mP (vom 3. November 1992) ein und gab dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme (vom 29. Dezember 1992).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 25 Abs. 7 iVm § 2 Abs. 1 lit. e und g sowie Abs. 2 lit. e und g des BUAG, BGBl. Nr. 414/1972 idF gemäß BGBl. Nr. 835/1992, als unbegründet ab und bestätigte den bei ihr bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer "als Betreiber eines Betriebes im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. g und Abs. 2 lit. g in Verbindung mit Abs. 1 lit. e und Abs. 2 lit. e BUAG den Vorschriften des BUAG unterliegt".

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer - zumindest bis vor kurzem - seine Tätigkeit unbestritten auf Grund des eingeschränkten Stukkateurhandwerks entfaltet habe, welches in § 2 Abs. 1 lit. e und Abs. 2 lit. e BUAG ausdrücklich aufgezählt sei. Es spreche daher bereits der Wortlaut der Gewerbeberechtigung für die Erfassung durch das BUAG. Der Gesetzgeber habe aber 1972 klargestellt, daß nicht allein der Wortlaut der Gewerbeberechtigung dafür maßgebend sei, ob ein Betrieb dem BUAG unterliege oder nicht; entscheidend für diese Zugehörigkeit sei nunmehr, ob die in einem Betrieb ausgeübte Tätigkeit dem Tätigkeitsumfang einer oder mehrerer der aufgezählten Betriebsarten entspreche, und zwar auch im Falle einer Spezialisierung auf einen kleineren Teilbereich. Im Falle des Beschwerdeführers stehe auf Grund der Auskunft der Bundessektion Gewerbe und Handwerk der Bundeskammer fest, daß die im Betrieb des Beschwerdeführers hauptsächlich ausgeführten Tätigkeiten in den Bereich der Betriebsart "Stukkateurbetriebe" fielen. Dasselbe lasse sich aus den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf "Stukkateur" ableiten. An dieser Qualifizierung vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer seine Arbeiter nach dem Kollektivvertrag für das Spenglergewerbe entlohne, weil für die zu lösende Frage ausschließlich das BUAG maßgebend sei. Eine individuelle Befreiung, wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebe, sei im BUAG nicht vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, den Bestimmungen des BUAG nicht unterworfen zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mP beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung

der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Entrichtung der Zuschlagsleistung ist im § 25 BUAG geregelt. In den Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung ist die Vorschreibung der Zuschlagsleistungen durch die mP und die Aufforderung an den säumigen Arbeitgeber vorgesehen, Rückstände binnen einer bestimmten Frist zu bezahlen. Die folgenden Absätze 3 bis 8 stehen seit dem 1. August 1989 idF gemäß BGBl. Nr. 363/1989 unverändert in Geltung und sind daher in dieser Fassung im Beschwerdefall anzuwenden. Abs. 3 regelt die Ausfertigung von Rückstandsausweisen durch die mP, Abs. 4 die Aufnahme von Nebengebühren in den Rückstandsausweis. Die Absätze 5 bis 7 haben in der genannten Fassung folgenden Wortlaut:

"(5) Ein Einspruch gegen den Rückstandsausweis gemäß Abs. 3 ist vom Arbeitgeber bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen. Diese hat mit Bescheid über die Richtigkeit der Vorschreibung zu entscheiden.

(6) Bestreitet der Arbeitgeber die Vorschreibung gemäß Abs. 1 mit der Begründung, nicht in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes zu fallen, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag der Urlaubs- und Abfertigungskasse ehestens, spätestens aber einen Monat nach Einlangen des Antrages mit Bescheid festzustellen, ob der Arbeitgeber den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegt.

(7) Über Berufungen gegen einen Bescheid nach Abs. 5 oder 6 entscheidet der Landeshauptmann. Gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes ist eine weitere Berufung unzulässig. Bildet Gegenstand des Verfahrens die Frage, ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet, so endet der Rechtsmittelzug beim Bundesminister für Arbeit und Soziales; dieser hat, wenn gleichzeitig die Höhe des Rückstandes bestritten wird, auch darüber zu entscheiden."

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid u.a. auf § 25 Abs. 7 BUAG gestützt und damit zum Ausdruck gebracht, daß es sich ihrer Auffassung nach um einen Fall handle, in welchem (ausnahmsweise) der Rechtsmittelzug bei ihr endet. Von dieser Auffassung ist, wie der Rechtsmittelbelehrung in seinem Bescheid vom 7. April 1992 zu entnehmen ist, auch der LH ausgegangen, doch hält sie aus den nachfolgenden Erwägungen einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

Gegenstand des im Beschwerdefall durchgeführten Verfahrens war eine Feststellung gemäß § 25 Abs. 6 BUAG, weil der Beschwerdeführer als Arbeitgeber die Zuschlagsvorschreibung der mP mit der Begründung bestritten hat, (mit seinem Betrieb) nicht unter den Geltungsbereich des BUAG zu fallen. Nach der klaren Regelung der ersten beiden Sätze des § 25 Abs. 7 BUAG entscheidet über eine Berufung gegen einen derartigen Bescheid der LH, gegen dessen Entscheidung eine weitere Berufung unzulässig ist.

Will man dem Gesetzgeber nicht unterstellen, mit dem dritten Satz des § 25 Abs. 7 BUAG Widersprüchliches oder Unsinniges normiert zu haben, dann muß es sich bei den Fällen, in denen der Rechtsmittelzug erst beim Bundesminister für Arbeit und Soziales endet, um andere als um Berufungen gegen Bescheide nach Abs. 5 und 6 handeln. Dies trifft auch tatsächlich zu.

Der Geltungsbereich des BUAG ist in dessen Abschnitt I geregelt. Gemäß § 1 Abs. 1 gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, für Arbeitnehmer (Lehrlinge), deren Arbeitsverhältnisse auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen und die in Betrieben (Unternehmungen) gemäß § 2 beschäftigt werden. Auch die folgenden Absätze 2 bis 4 des § 1 BUAG dienen ausschließlich der Abgrenzung des persönlichen Geltungsbereiches des Gesetzes. § 2 BUAG regelt dann, welche Betriebe (Unternehmungen) für die Sachbereiche der Urlaubs- bzw. der Abfertigungsregelung solche im Sinne des § 1 sind, womit der sachliche Geltungsbereich des Gesetzes umschrieben wird (siehe dazu die Ausführungen bei Martinek-Wiedorn, BUAG, S. 57 ff).

Gegenstand eines Verfahrens nach § 25 Abs. 6 BUAG ist die Frage, ob ein "Arbeitgeber" in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt oder nicht, d.h. ob sein Betrieb (seine Unternehmung) zu jenen zu zählen ist, die in § 2 BUAG aufgezählt oder umschrieben sind. Im Beschwerdefall wurde dies hinsichtlich des Betriebes des Beschwerdeführers unter Heranziehung des § 2 Abs. 1 lit. e und g sowie Abs. 2 lit. e und g BUAG bejaht.

Eine Berufung an die belangte Behörde ist hingegen nach dem Wortlaut des dritten Satzes des § 25 Abs. 7 BUAG (nur) dort zulässig, wo Gegenstand des Verfahrens die Frage ist, "ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet".

Das Gesetz stellt hier durch den Hinweis auf "das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis" deutlich erkennbar ausschließlich auf seinen persönlichen Geltungsbereich ab. Der dreigliedrige Instanzenzug ist daher nur für Streitfälle vorgesehen, in denen es im Sinne des § 1 Abs. 1 BUAG um die Frage geht, ob für die Arbeitsverhältnisse ganz bestimmter, in Betrieben (Unternehmungen) gemäß § 2 beschäftigter Arbeitnehmer (Lehrlinge) die Bestimmungen des BUAG gelten oder nicht.

Die belangte Behörde hat daher in Verkennung der Rechtslage ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des LH erhobene Berufung bejaht. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Auf § 46 Abs. 2 VwGG wird hingewiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090149.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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