Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags wegen Aussichtslosigkeit; Keine Verletzung von Rechten durch einen dem Berufungsbegehren voll Rechnung tragenden BescheidSpruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Kundmachung vom 18. Jänner 1990, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien, Sonderausgabe vom selben Tage, schrieb der Bürgermeister von Wien für den 22. bis 24. Feber 1990 eine Volksbefragung in der Bundeshauptstadt Wien aus. Grundlage der Volksbefragung war ein Antrag gemäß §3 des Wiener Volksbefragungsgesetzes, der am 22. Dezember 1989 beim Magistrat eingebracht und von der erforderlichen Mindestanzahl wahlberechtigter Gemeindemitglieder unterzeichnet worden war.
1.2. Der Antragsteller F R stellte mit einem Schreiben, das am 19. Feber 1990 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, einlangte, den Antrag, "den Text der Volksbefragung entsprechend zu ändern, damit er dem auf den Unterschriftenlisten befindlichen Text entspricht". Mit Bescheid
vom 3. August 1990, MA 62-25/Vbf 90, wurde der "Antrag des . . .
F R . . . , den am 22. Dezember 1990 eingebrachten Antrag auf
Durchführung einer Volksbefragung hinsichtlich der Fragestellung so zu ändern, daß er dem auf den Unterschriftenlisten befindlichen Text entspricht", mangels Parteistellung des Antragstellers zurückgewiesen.
1.3. In einer Eingabe, die an das Amt der Wiener Landesregierung, mittelbare Bundesverwaltung, Magistratsabteilung 62, gerichtet war und am 20. August 1990 dort einlangte, erhob der Antragsteller gegen diesen Bescheid Berufung und begehrte ausdrücklich die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes. Weiters stellte er einen als Säumnisbeschwerde bezeichneten Devolutionsantrag.
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1990, MDR-R 35/90, entschied der Berufungssenat der Stadt Wien über diese Eingabe. Er hob den erstinstanzlichen Bescheid auf, weil der Antragsteller nicht, wie dort ausgeführt, einen Antrag auf Abänderung des am 22. Dezember 1989 eingebrachten Antrags auf Durchführung einer Volksbefragung, sondern einen Antrag auf Änderung des Ausschreibungstextes der Volksbefragung gestellt hatte. Weiters wies der Berufungssenat den Devolutionsantrag zurück, weil dieser Antrag nicht, wie es §73 Abs2 zweiter Satz AVG 1950 vorschreibt, unmittelbar bei der Oberbehörde eingebracht worden war, sondern beim Amt der Wiener Landesregierung, mittelbare Bundesverwaltung. Damit sei der Berufungssenat zur Erledigung des Antrages nicht zuständig geworden.
2. Am 11. Dezember 1990 stellte der Antragsteller den Antrag, ihm die Verfahrenshilfe zu bewilligen, damit er eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den genannten Bescheid des Berufungssenates einbringen könne.
2.1. Sollte sich eine solche Beschwerde gegen den aufhebenden Teil des Bescheides wenden, ist zu berücksichtigen, daß der Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG über Beschwerden gegen Bescheide erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ein Bescheid, der dem Berufungsbegehren im Ergebnis voll Rechnung trägt, greift aber nicht in subjektive Rechte ein (VfSlg. 9686/1983, 9863/1983, 10.015/1984, 10.776/1986). Der Antragsteller hatte im Berufungsverfahren ausdrücklich die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides beantragt. Durch den kassatorischen Teil des Bescheides des Berufungssenates wird seinem Antrag daher zur Gänze Rechnung getragen. Eine Beschwerde dagegen wäre wegen Mangels der Legitimation (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953) zurückzuweisen.
2.2. Soweit sich die beabsichtigte Beschwerde jedoch gegen den zweiten Teil des Bescheides des Berufungssenates richten sollte, mit dem der Devolutionsantrag zurückgewiesen wird, ist folgendes zu bemerken:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer - nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen - Angelegenheit ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Nach dem Antragsvorbringen und nach den Verwaltungsakten, die der Verfassungsgerichtshof beischaffte, stellt sich allenfalls die Frage, ob der Berufungssenat §73 AVG 1950 rechtsrichtig angewendet hat. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen verlangt die Beantwortung dieser Frage nicht. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Insoweit wäre daher die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde zu gewärtigen.
2.3. Da die von F R beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof somit als offenbar aussichtslos erscheint, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953).
3. Dieser Beschluß konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B1338.1990Dokumentnummer
JFT_10089696_90B01338_00