TE Vwgh Beschluss 1993/9/23 93/09/0395

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Veröffentlicht am 23.09.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
VStG §24;
VStG §32 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs7;
VStG §9;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/09/0396

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, in der Beschwerdesache 1) des E in B und 2) der T-Kommanditgesellschaft L. & Co. in G, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark je vom 19. Juli 1993, Zlen. UVS 303.13-6/93-4 und UVS 303.13-7/93-4, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. zweier Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit dieser vorgelegten angefochtenen Bescheide geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Über den Erstbeschwerdeführer wurden als handelsrechtlichem Geschäftsführer der zweitbeschwerdeführenden Partei wegen Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz mit Straferkenntnis des Magistrates Graz vom 1. März 1993, GZ.: A 4-St 694/1992/1/303, bzw. ebenfalls vom 1. März 1993, GZ.: A 4-St 876/1992/1/303, entsprechende Geldstrafen verhängt.

Mit einem per Telefax übermittelten Schriftsatz vom 15. März 1993 wurde u.a. gegen diese beiden Straferkenntnisse "Berufung" eingelegt.

Diese wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden gemäß §§ 8 und 63 Abs. 1 AVG in Verbindung mit §§ 24, 51 Abs. 1 und 51 e Abs. 1 VStG sowie gemäß § 63 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 24 VStG sowohl mangels des Rechtes zur Erhebung derselben als auch mangels eines begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurück.

Zur Begründung wird in beiden Bescheiden im wesentlichen gleichlautend ausgeführt, am 15. März 1993 sei per Telefax ein Schriftstück beim Magistrat Graz eingelangt, welches sich erkennbar gegen die genannten Straferkenntnisse gewendet habe. Als Absender desselben sei laut Telefax-Protokoll und erkennbarem Firmenemblem eine "T KG" aufgetreten. Das Schreiben habe folgenden Inhalt:

"Magistrat Graz, Gewerbeamt

Wir möchten gegen die Straferkenntnisse vom 26.2.93 u. 1.3.1993

GZ A 4 - St 792/1992/1-4/303

GZ A 4 - St 694/1992/1/303

GZ A 4 - St 876/1992/1/303

Berufung einlegen da die Beschuldigungen nicht zutreffen. E."

Direkt darunter habe sich ein Stempel befunden, welcher gelautet habe:

"T Kommanditgesellschaft L. & Co. L. Gesellschaft m.b.H. G,

O 5a".

Es sei nun offensichtlich - so die belangte Behörde weiter in der Begründung der angefochtenen Bescheide -, daß die Berufung von der zweitbeschwerdeführenden Partei eingebracht worden sei, auch wenn der Erstbeschwerdeführer (der Bestrafte) eigenhändig unterschrieben habe. Er habe dies offensichtlich als Vertreter der T Kommanditgesellschaft L. & Co., allenfalls als Vertreter der L. Gesellschaft m.b.H. getan. Die belangte Behörde hege auf Grund des Telefax-Protokolles (Absender) keinen Zweifel daran, daß diese Berufung der zweitbeschwerdeführenden Partei zuzurechnen sei. Die genaue Zurechnung sei aber aus folgenden Gründen gleichgültig:

Sofern das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel in den Vorschriften nicht ausdrücklich geregelt sei, stehe das Berufungsrecht demjenigen zu, der in dem Verwaltungsverfahren als Partei im Sinne des § 8 AVG anzusehen sei. Gemäß § 32 Abs. 1 VStG sei der Beschuldigte Partei im Sinne des § 8 AVG und §§ 51 und 51 d VStG. Im vorliegenden Strafverfahren sei ausschließlich der Erstbeschwerdeführer Beschuldigter und damit Partei. Weder die T Kommanditgesellschaft L. & Co. noch die L. Gesellschaft m.b.H. habe ein Berufungsrecht. Weiters vertritt die belangte Behörde in der Begründung der angefochtenen Bescheide noch die Auffassung, der vorher wiedergegebene Schriftsatz entspreche nicht dem Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages.

Entsprechend der Zurechnung der Berufung an die zweitbeschwerdeführende Partei waren die angefochtenen Bescheide auch nur an diese und nicht an den Erstbeschwerdeführer gerichtet.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit derjenige Beschwerde erheben, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Mangels der Beschwerdeberechtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. insbesondere den Beschluß eines verstärkten Senates vom 13. Juli 1956, VwSlg. N. F. Nr. 4127/A). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, VwSlg. N. F.

Nr. 10.511/A).

Nur der, dessen Rechtsstellung eine verschiedene ist, je nach dem, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, kann eine Verletzung seiner Rechte durch diesen Bescheid behaupten und deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erheben (vgl. die Beschlüsse vom 18. Juni 1975, VwSlg. N. F. Nr. 8852/A, vom 21. April 1977, VwSlg. N. F. Nr. 9304/A, u.v.a.).

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, daß er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1976, Slg. N. F. Nr. 9018/A - nur Rechtssatz). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung (§§ 21 f AVG) bzw. Ausfolgung (§ 24 des Zustellgesetzes) zu erfolgen. Erlassen (oder: ergangen) ist ein Bescheid diesfalls ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung vorliegt (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz. 426 ff).

Da die vom Erstbeschwerdeführer bekämpften Bescheide ihm gegenüber nicht erlassen worden sind, können sie für den Erstbeschwerdeführer auch keine Rechtswirksamkeit entfalten.

Da im Hinblick auf die eindeutige Zustellverfügung (nur an die zweitbeschwerdeführende Partei gerichtet) auch nicht der Fall des § 26 Abs. 2 VwGG vorliegt, mußte die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückgewiesen werden.

Hinsichtlich der zweitbeschwerdeführenden Partei sind folgende Überlegungen anzustellen: Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 4. November 1983, Slg. N. F. Nr. 11.212/A) ist gemäß § 9 VStG nicht die juristische Person Beschuldigter, sondern ausschließlich die nach außen zu ihrer Vertretung berufene physische Person. Richtet sich das Straferkenntnis nur gegen das Organ einer juristischen Person, dann stellt dieses Erkenntnis keinen gegen die juristische Person wirksamen Haftungsbescheid dar. Die juristische Person kann somit durch ein Straferkenntnis - das keinen ihr gegenüber wirksamen Haftungsbescheid im Sinne des § 9 Abs. 7 VStG bildet - in ihren Rechten nicht verletzt sein.

Der Befürchtung, der juristischen Person wäre auf diese Art "jedes Gehör und jedes faire Verfahren entzogen", ist entgegenzuhalten, daß die juristische Person ihre Einwendungen als Partei des einem allfälligen Haftungsbescheid vorangehenden Verfahrens bzw. in der Berufung gegen einen solchen Haftungsbescheid erheben kann.

Die zweitbeschwerdeführende Partei stützt ihre Beschwerdeberechtigung auf § 9 Abs. 7 VStG. Es handelt sich aber bei den dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheiden um an den Erstbeschwerdeführer gerichtete Straferkenntnisse und nicht um gegen die zweitbeschwerdeführende Partei als juristische Person wirksame Haftungsbescheide.

Die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei war daher ebenfalls gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verwaltungsstrafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090395.X00

Im RIS seit

12.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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