TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/28 93/11/0183

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Veröffentlicht am 28.09.1993
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Index

L94056 Ärztekammer Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteK Stmk Entschädigung für Zeitversäumnis 1984;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. A in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Vorstandes der Ärztekammer für Steiermark vom 11. Dezember 1989, Zl. A/V-3/2/Dr.Gr/N, betreffend Diäten, die belangte Behörde vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren hinsichtlich der Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat als Mitglied der Vollversammlung (Kammerrat gemäß §§ 42 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 und 2 Ärztegesetz 1984, BGBl. Nr. 373 - ÄrzteG) der Ärztekammer für Steiermark (im folgenden kurz Ärztekammer genannt) an der außerordentlichen Vollversammlung am 24. Juli 1986 teilgenommen und mit zwei Eingaben an den Vorstand der Ärztekammer ("Devolutionsantrag" vom 12. April 1989, dem der an den Präsidenten der Ärztekammer gerichtete Antrag vom 8. Oktober 1988 zugrundelag, sowie "Direktantrag" vom 28. April 1989, mit dem dieser Antrag wiederholt wurde) den Ersatz seiner Reisekosten (von Jugoslawien nach Graz und zurück) und seines Verdienstentganges, die ihm nach seiner Behauptung im Zusammenhang mit der Teilnahme an dieser Vollversammlung in der Höhe von insgesamt S 40.264,-- entstanden sind, begehrt. Mit der am 11. Dezember 1989 ausgefertigten Erledigung des Vorstandes der Ärztekammer (belangte Behörde) wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, daß sich die belangte Behörde in ihrer Sitzung am 9. Mai 1989 mit seinen "Anträgen auf Ersatz von Diäten für die Zureise zur außerordentlichen Vollversammlung am 24. Juli 1986 befaßt und beschlossen" habe, "diese Anträge auf Grundlage des Beschlusses der Vollversammlung vom 27. Juni 1984" (auf den sich auch der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages berufen hat) "abzuweisen" (nach dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 9. Mai 1989: "abzulehnen"), und näher begründet, warum nach Ansicht der belangten Behörde die im Beschluß vom 27. Juni 1984 festgelegten grundsätzlichen Voraussetzungen für die vom Beschwerdeführer begehrte individuelle Diätenabrechnung nicht gegeben seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, daß es sich bei der angefochtenen Erledigung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet des Fehlens der Bezeichnung als "Bescheid" im Hinblick auf ihre Form und ihren Inhalt - um einen Bescheid im Sinne der Art. 130 Abs. 1 lit. a und 131 Abs. 1 B-VG handelt. Maßgebend ist, daß die belangte Behörde durch einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung normativ eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Daran, daß dies mit der angefochtenen Erledigung der Fall war, besteht für den Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel, dies auch deshalb nicht, weil der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch nicht auf einem zwischen ihm und der Ärztekammer bestehenden Privatrechtsverhältnis beruht (sodaß darüber die ordentlichen Zivilgerichte zu entscheiden hätten), sondern sich vielmehr auf die vom Beschwerdeführer bei der Ärztekammer ausgeübte Tätigkeit als öffentlich-rechtlicher Mandatar gründet. Der von der belangten Behörde gestellte Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ist daher nicht gerechtfertigt.

Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, daß die der Aktenlage nach am 4. Juni 1985 beginnende Funktionsperiode der belangten Behörde gemäß § 51 Abs. 2 ÄrzteG im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den angefochtenen Bescheid am 9. Mai 1989 noch nicht abgelaufen war und dieser Bescheid auch von dem für dessen Fertigung gemäß § 52 Abs. 1 zweiter und dritter Satz leg. cit. zuständigen Präsidenten und Finanzreferenten auf Grund ihrer (als Folge der Neuwahl in die Vollversammlung vom 24. Oktober 1989) durchgeführten Wahl bzw. Bestellung rechtmäßig gezeichnet worden ist. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG nicht zu erkennen, weshalb er in die sachliche Prüfung des angefochtenen Bescheides einzugehen hat.

Dabei ist aber entscheidend, daß der Verfassungsgerichtshof - über entsprechenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG in dieser Beschwerdesache - mit Erkenntnis vom 21. Juni 1993, V 23/92, den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beschluß der Vollversammlung der Ärztekammer für Steiermark vom 27. Juni 1984 über die "Neuregelung einer Entschädigung für Zeitversäumnis im Dienste der Ärztekammer für Steiermark", kundgemacht durch ein mit 6. Juli 1984 datiertes Merkblatt, als gesetzwidrig aufgehoben hat. Das führt zufolge der Bestimmung des Art. 139 Abs. 6 B-VG dazu, daß der genannte Beschluß vom 27. Juni 1984 im vorliegenden Anlaßfall nicht mehr anzuwenden ist, womit dem angefochtenen Bescheid die rechtliche Basis entzogen wurde.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 10471991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde (mit den darauf entfallenden Stempelgebühren) nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993110183.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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