TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/28 92/12/0192

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Veröffentlicht am 28.09.1993
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Index

10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AHStG §7 Abs4;
BDG 1979 §202 Abs2;
GehG 1956 §59a Abs2;
MRK Art14;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des Mag. G in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 20. Juli 1992, Zl. 192.093/4-III/19/92, betreffend Dienstzulage nach § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesgymnasium/Bundesrealgymnasium für Slowenen in Klagenfurt. Daneben wird er an der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe des Konvents der Schulschwestern S verwendet, an welcher er seit dem Schuljahr 1989/90 die Unterrichtsgegenstände Biologie und Umweltkunde in deutscher und slowenischer Sprache unterrichtet.

Mit Eingabe der Schulleitung der zuletzt genannten Schule vom 19. Dezember 1991 wurde für den Beschwerdeführer die Zuerkennung einer Dienstzulage nach § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 beantragt, da der Beschwerdeführer befähigt sei, an zweisprachigen Schulklassen zu unterrichten und den Unterricht auch tatsächlich in Deutsch und Slowenisch abgehalten habe.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Kärnten vom 24. März 1992 wurde die Zuerkennung einer Dienstzulage nach der genannten Bestimmung abgelehnt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte, ihm für die Dauer der zweisprachigen Unterrichtserteilung an der genannten Schule eine Dienstzulage gemäß § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 zuzuerkennen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesstelle aus, der Beschwerdeführer unterrichte seit Beginn des Schuljahres 1989/90 die Unterrichtsgegenstände Biologie und Umweltkunde im Ausmaß von vier Wochenstunden, wobei er den Unterricht von Anfang an in slowenischer und deutscher Sprache erteilt habe. Gemäß § 202 Abs. 2 BDG 1979 hätten Lehrer an zweisprachigen Schulen oder Klassen sowie an Schulen oder Klassen mit einer anderen als der deutschen Sprache als Unterrichtssprache die der Schulart entsprechende Befähigung zur Erteilung des Unterrichtes auch in der betreffenden Unterrichtssprache nachzuweisen, sofern sie in dieser Unterrichtssprache tatsächlich Unterricht zu erteilen haben. Als Nachweis der Befähigung für den Slowenisch-Unterricht gemäß der zitierten Norm habe der Beschwerdeführer das Abschluß- und Reifezeugnis des Bundesgymnasiums/Bundesrealgymnasium für Slowenen in Klagenfurt vom 18. Juni 1970 vorgelegt. Aus diesem Zeugnis, welches zwar unter anderem das Prüfungsfach Slowenisch aufweise, könne noch keine Befähigung für eine Unterrichtserteilung aus "Slowenisch" abgeleitet werden. Aus diesem Zeugnis gehe bloß die Abschlußbeurteilung für den Prüfungsgegenstand Slowenisch hervor. Eine Befähigung - "insbesondere sogar für eine Unterrichtserteilung" - sei hiemit keineswegs verbunden. Als eine entsprechende Lehrbefähigung wäre etwa vielmehr eine Zusatzausbildung an der Pädagogischen Akademie für Slowenisch anzuerkennen. Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1966, Zl. 572/75, auf das sich der Beschwerdeführer berufen hatte, wird ausgeführt, maßgebend für den Anfall der Dienstzulage nach § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 sei, daß Lehrern an zweisprachigen Schulklassen die Dienstzulage nur dann gebühre, wenn sie die Befähigung zur Unterrichtserteilung IN BEIDEN SPRACHEN besitzen UND überdies den Unterricht in beiden Sprachen zu erteilen haben. Diese Befähigung sei gemäß § 202 Abs. 2 BDG 1979 entsprechend nachzuweisen. Die belangte Behörde vermöge der Auffassung, daß dieser Nachweis mit dem Reifeprüfungszeugnis des Bundesgymnasiums für Slowenen erbracht werden könne, nicht beizutreten, weil dem Reifeprüfungszeugnis kein Hinweis auf eine Berechtigung entnommen werden könne, daß hiemit eine Befähigung für die Erteilung des Unterrichts in irgendeiner Sprache verbrieft werde. Das genannte Erkenntnis sei vom Anlaßfall her zu betrachten. Nach der damals geltenden Bestimmung des Schulorganisationsgesetzes sei die Ausbildung der Volksschullehrer noch den Lehrerbildungsanstalten übertragen gewesen und habe mit der Reifeprüfung abgeschlossen. Nach Zurücklegen einer Schulpraxis habe sodann die eigentliche Lehrbefähigungsprüfung abgelegt werden können. Gemäß § 22 Abs. 1 des damals geltenden Minderheitenschulgesetzes für Kärnten hätten die Abgänger der Bundes-Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt in Klagenfurt durch ergänzende Lehrerbildung eine Ergänzungsprüfung für den Unterricht an Volksschulen mit slowenischer oder mit deutscher und slowenischer Unterrichtssprache ablegen können. Mit dieser Befähigung sei die Voraussetzung für die Zulagenbemessung nach § 59 Abs. 8 des Gehaltsgesetzes 1956 in der damals geltenden Fassung gegeben gewesen. Die Voraussetzungen des § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 seien vom Beschwerdeführer nicht erfüllt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Dienstzulage nach § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 und in Verfahrensvorschriften verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgebliche Norm des § 59a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung des Artikel IV des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 326/1988, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert wurden, hat (mit Ausnahme der Höhe der Dienstzulage) folgenden Wortlaut:

"Lehrern an zweisprachigen Schulklassen mit der Befähigung zur Unterrichtserteilung in beiden Sprachen gebührt, wenn sie den Unterricht tatsächlich in beiden Sprachen zu erteilen haben, für die Dauer dieser Verwendung eine Dienstzulage von ..."

Gemäß § 202 Abs. 2 BDG 1979 in der Fassung des Artikel I Z. 5 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 148/1988, haben Lehrer an zweisprachigen Schulen oder Klassen sowie an Schulen oder Klassen mit einer anderen als der deutschen Sprache als Unterrichtssprache die der Schulart entsprechende Befähigung zur Erteilung des Unterrichts auch in der betreffenden Unterrichtssprache nachzuweisen, sofern sie in dieser Unterrichtssprache tatsächlich Unterricht zu erteilen haben. Über die Art des Nachweises der Befähigung zu Erteilung des Unterrichts in der betreffenden Unterrichtssprache enthält diese Norm selbst keine ausdrückliche Bestimmung. Es wird vielmehr eine "der Schulart entsprechende Befähigung" gefordert.

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer tatsächlich zweisprachigen Unterricht in den Gegenständen Biologie und Umweltkunde an einer zweisprachigen Schule erteilt. Weiters steht fest, daß der Beschwerdeführer das Bundesgymnasium/Bundesrealgymnasium für Slowenen in Klagenfurt mit Reifeprüfung im Prüfungsgegenstand "Slowenisch" positiv abgeschlossen hat.

Zu Recht macht der Beschwerdeführer geltend, daß der von der Behörde geforderte Nachweis der Befähigung für den Unterricht in slowenischer Sprache - unabhängig davon, ob diese Bestimmung überhaupt zur Auslegung des § 59a Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956 heranzuziehen ist oder nicht - sich nicht auf den eindeutigen Wortlaut des § 202 Abs. 2 BDG 1979 zu stützen vermag, wonach eine "der Schulart entsprechende Befähigung zur Erteilung des Unterrichts auch in der betreffenden Unterrichtssprache nachzuweisen" ist. So gebietet eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung deren Einschränkung auf den Unterricht in slowenischer Sprache selbst, sodaß für die Unterrichtserteilung in anderen Gegenständen der vom Beschwerdeführer erbrachte Nachweis der Kenntnis der slowenischen Sprache durch ein entsprechendes Reifezeugnis, das eine positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Slowenisch" enthält, auf Grund der nachstehenden Überlegungen ausreichen muß.

Schon Art. 19 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. 142/1867, lautete, daß alle "Volksstämme des Staates" gleichberechtigt sind und daß jeder Volksstamm ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache hat; weiters war eine "Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichen Leben" (Abs. 2) sowie ein Unterricht in der eigenen Sprache für jeden Volksstamm (Abs. 3) angeordnet. Auch wenn man mit herrschender Meinung diese Norm für gegenwärtig unanwendbar hält (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes6 Rz 1457 und die dort zitierte Rechtsprechung und Lehre), da es in der Republik Österreich keine verschiedenen "Volksstämme", sondern lediglich Minderheiten gibt, deren Rechtsverhältnisse zunächst im Abschnitt V des III. Teiles des Staatsvertrages von Saint Germain (Art. 62 ff) geregelt wurden, zu welchen Bestimmungen später verschiedene weitere Vorschriften im Verfassungsrang hinzutraten, die den Schutz der Minderheiten normieren, vor allem Art. 7 Z. 2 bis 4 des Staatsvertrages von Wien, Art. I § 7 des Minderheitenschulgesetzes für Kärnten, BGBl. Nr. 101/1959, Art. 14 EMRK und das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973, betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung, so lassen diese Vorschriften betreffend den Minderheitenschutz jedenfalls den Grundsatz der Gleichbehandlung von Angehörigen der Minderheiten und mit den übrigen Staatsbürgern erkennen (vgl. Walter-Mayer aaO. Rz 1458). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, für den Unterricht in slowenischer Sprache in einem Fachgegenstand (nicht im Sprachunterricht Slowenisch) keine besondere Befähigung für den Unterricht in slowenischer Sprache zu fordern, die über die für die Verwendung der Unterrichtsprache Deutsch in einem Fachgegenstand, wo keine zusätzliche Ausbildung in Deutsch zu verlangen ist, die nicht durch ein Maturazeugnis einer deutschsprachigen Schule nachgewiesen werden kann, hinausgeht. Diese Überlegungen sind für die Auslegung des § 59a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 maßgebend (vgl. hiezu auch § 7 Abs. 4 zweiter Satz AHStG).

Auf die Ausführungen zum Erlaß der belangten Behörde aus dem Jahre 1986 ist mangels dessen Rechtserheblichkeit für den Verwaltungsgerichtshof ebensowenig einzugehen wie auf das von den Parteien zitierte Vorerkenntnis, das zu einer anderen Rechtslage ergangen ist.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG der Aufhebung verfallen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992120192.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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