TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/29 93/02/0114

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Veröffentlicht am 29.09.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Februar 1993, Zl. MA 64-11/321/92/Str, betreffend Übertretung der Strafenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die (aufhebenden) hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0155, und vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0210, verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wurde der Beschwerdeführer neuerlich der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und 2a lit. b StVO schuldig erkannt und hiefür bestraft.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat im dritten Rechtsgang ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten (vom 14. Jänner 1993) eingeholt. Auch dieses Gutachten hat ergeben, daß der Beschwerdeführer in der Lage gewesen sei, "eine Atemalkoholbestimmung durchzuführen".

Mit dieser Beweisergänzung wurden die in den Vorerkenntnissen dargestellten Bedenken gegen die behördliche Beweiswürdigung nicht vollständig ausgeräumt: Es wird auch im Gutachten vom 14. Jänner 1993 nicht näher erläutert, warum die Lungenfunktionsuntersuchung vom 8. September 1989 einerseits "nicht verwertbar" ist, andererseits ein dabei ermittelter Wert für die Begutachtung dennoch herangezogen wurde. Daß der Schluß auf die Unverwertbarkeit der Untersuchungsergebnisse insoweit nicht aufrecht erhalten wird, als doch zumindest teilweise Verwertbarkeit vorliegt, wird nicht deutlich gemacht. Weiters werden die im Befund einer tschechischen Heilanstalt für Tuberkulose und Erkrankungen der Atemwege vom 29. Oktober 1991 enthaltenen Angaben zu den gesundheitlichen Beschwerden des Beschwerdeführers zwar als ungenau bezeichnet; ob die festgestellten Erscheinungen für eine Beatmung von Alkomaten von Bedeutung sein können, wird aber nicht ausgeführt. Schließlich wird zum Gutachten vom 11. Dezember 1991 "eingrenzend festgestellt, daß aufgrund der vorliegenden Zahlen eine völlig normale Lungenfunktion nicht garantiert werden kann".

Aus der allgemeinen Bemerkung im Gutachten vom 14. Jänner 1993 über das Ausbleiben des Beschwerdeführers ergibt sich nicht, daß dieser Einladungen zu ergänzenden Untersuchungen zwischen der Abfertigung des Ersuchens der belangten Behörde um Gutachtensergänzung am 8. Jänner 1993 und der Gutachtenserstellung am 14. Jänner 1993 nicht Folge geleistet hätte. Was frühere Untersuchungstermine anlangt, ist die Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 1. Februar 1993, er sei im Februar 1991 zu einem Untersuchungstermin extra aus Brünn angereist, jedoch nicht untersucht worden, unwidersprochen geblieben.

Angemerkt sei noch, daß sich aus der Anzeige keine Aufschlüsse über die konkrete Ursache des Scheiterns der Atemalkoholuntersuchung ergaben. Wahrnehmungen des Meldungslegers über ein bestimmtes Verhalten des Beschwerdeführers bei der Beatmung oder eine bestimmte Anzeige des Gerätes wurden nicht festgehalten.

Insgesamt gesehen handelt es sich im Beschwerdefall nach der bisherigen Aktenlage um einen Zweifelsfall, in dem nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz "in dubio pro reo" heranzuziehen wäre.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruhen auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem verordneten Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand ist Umsatzsteuer nicht gesondert zuzusprechen.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993020114.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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