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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des C in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. August 1992, Zl. 4.301.465/6-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, hatte bereits am 9. September 1990 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. September 1990 abgewiesen worden war. Am 31. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer daraufhin nach Rumänien abgeschoben.
Am 14. April 1991 reiste der Beschwerdeführer neuerlich illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 31. Mai 1991 wiederum einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung am 4. Juni 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gab er über die Zeit nach erfolgter Abschiebung aus Österreich an, schon anläßlich der Abschiebung seien seine Papiere am Flughafen Wien-Schwechat von zwei österreichischen Polizisten an zwei Beamte aus Rumänien übergeben worden, wobei er einen als Angehörigen der Securitate wiedererkannt habe; er sei in Bukarest am Flughafen in ein Büro gebracht und dort vernommmen worden. Es sei ihm gesagt worden, daß über ihn bereits ein Akt aufliege, ob er wisse, wie dick bereits dieser Akt sei. Er sei in einem Zimmer ausgezogen und geschlagen worden, wobei eine Plastikhaut auf seinen nackten Rücken gelegt und er mit den Händen an eine Stange angebunden worden sei. Er habe nicht gesehen, womit er geschlagen worden sei. Anschließend sei er wieder in ein Büro zurückgebracht und neuerlich über den Aufenthalt in Österreich befragt worden. Er sei über jenen Beamten befragt worden, der die Asyleinvernahme durchgeführt habe, wie dieser ausgesehen habe, über den Dolmetsch, wer dies gewesen sei, bzw. sei er aufgefordert worden, eine Personenbeschreibung abzugeben, weiters sei er auch über andere Leute, mit denen er in Österreich Kontakt gehabt habe, befragt worden. Da er immer wieder gesagt habe, daß er sich nicht erinnern könne, sei er wieder in das Zimmer gebracht, auf den Schreibtisch gelegt und mit Gummiknüppeln auf die Fußsohlen geschlagen worden, wobei man ihm erklärt habe, man werde ihm schon helfen, sich zu erinnern. Er sei dann in einem Gefängniswagen in ein Gefängnis am Stadtrand von Bukarest gebracht worden, wo er bis zum 12. März 1991 inhaftiert gewesen sei. Er sei jeden Freitag zum Verhör geholt und dabei geschlagen worden. U.a. sei er wieder gefragt worden, ob er Kontakt zum österreichischen Sicherheitsdienst, zu Zeitungen gehabt habe, mit wem und worüber er gesprochen habe. Es sei ihm auch ein Papier vorgelegt worden, das er hätte unterschreiben sollen, in dem er sich selbst beschuldige, regierungsfeindliche Tätigkeiten geleistet zu haben. Nach seiner Entlassung habe er bei seiner Rückkehr nach Hause festgestellt, daß seine Frau mit dem Kind nach Österreich geflüchtet gewesen sei, weil von der Securitate mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt worden seien. Daraufhin sei er wiederum aus Rumänien geflüchtet.
Mit Bescheid vom 19. Juni 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
Seine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung begründete der Beschwerdeführer damit, daß es dem bekämpften Bescheid jeglicher Begründung und konkreter Sachverhaltsfeststellung mangle, die auf seinen Fall Bezug nehme. Der Bescheid leide an entscheidungswesentlichen Feststellungs- und Begründungsmängeln und sei schon aus diesem Grunde gesetzwidrig. Er habe in seinem Asylantrag konkrete Verfolgungshandlungen behauptet. Die Erstbehörde sei ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nicht nachgekommen. Zur Untermauerung seiner Behauptungen stellte der Beschwerdeführer ergänzende Beweisanträge. Ein ergänzendes Sachvorbringen wurde nicht erstattet.
Mit Bescheid vom 3. August 1992 wies die belangte Behörde die Berufung nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie begründend aus, die vom Beschwerdeführer behaupteten schweren Mißhandlungen im Februar 1990 durch Mitglieder der Securitate seien unglaubwürdig, da er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens unübersehbar gesteigert habe. Bei seiner am 9. September 1990 durchgeführten Befragung habe er ausdrücklich zu Protokoll gegeben, keinerlei Probleme mit den Behörden des Heimatlandes nach der Revolution gehabt, insbesondere auch keine Mißhandlungen erduldet zu haben; bei seiner Befragung am 4. Juni 1991 habe er hingegen angegeben, zweimal und zwar am 2. oder 3. Februar 1990 für 3 Tage und am 16. Februar 1990 für 8 Tage inhaftiert und dabei jedesmal schwer mißhandelt worden zu sein. Diese ersten Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens hätten sich dadurch noch verstärkt, daß die Gattin des Beschwerdeführers anläßlich ihrer am 15. Mai 1991 durchgeführten Befragung erklärt habe, von irgendwelchen Inhaftierungen oder Mißhandlungen des Beschwerdeführers keinerlei Kenntnis zu haben. Die eigene Gattin hätte aber von den vom Beschwerdeführer behaupteten Ereignissen vom Februar 1990 Kenntnis haben müssen. Auch hinsichtlich der behaupteten Inhaftierung und Mißhandlungen in einem Gefängnis in Bukarest im Februar und März 1991 hege die Behörde Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens. Es lasse sich nämlich kein plausibler Grund dafür ausmachen, warum ausgerechnet ein in der Parteihierarchie der Nationalliberalen Partei der Ortsgruppe von Oradea an dritter Stelle stehender Funktionär derart massiven Repressionen ausgesetzt hätte sein sollen. Auch Verfolgungshandlungen in autoritären Regimen gehorchten einem rationalen Kosten-Nutzen-Kalkül. Es müsse daher für staatliche Organe Grund für die Annahme bestehen, der Beschwerdeführer sei ein Gegner des herrschenden Systems und seine Verfolgung würde dem begegnen. Für den Fall, daß er nur in untergeordneter Rolle politisch tätig gewesen sei oder sonst kein allgemein schlüssiges Motiv für den potentiellen Verfolgerstaat feststellbar sei, erscheine eine Verfolgung zweifelhaft. Der Nutzen einer Verfolgung seiner Person für die in Rumänien herrschende nationale Rettungsfront bzw. für den möglicherweise von Teilen der ehemaligen Securitate mitkontrollierten Sicherheitsapparat lasse sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Auch die Angaben über seine politische Funktion in der Nationalliberalen Front seien zweifelhaft, weil auch hier die Angaben zwischen der ersten Befragung am 9. September 1990 und jener vom 26. Juli 1991 weit auseinanderklafften. Bei erstgenannter Befragung habe der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, nicht Mitglied einer an den Wahlen von 1990 beteiligten Partei oder sonstigen oppositionellen Organisation gewesen zu sein, bei der letztgenannten Befragung hingegen habe er ausgeführt, Funktionär der Nationalliberalen Partei in Oradea gewesen zu sein. Eine für den Beschwerdeführer ungünstige Zukunftsprognose dergestalt, daß dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Rumänien Verfolgungshandlungen seitens der Behörden des Heimatlandes drohten und deshalb eine Heimkehr unzumutbar sei, könne im Hinblick auf die in seinem Heimatland eingetretenen Änderungen nicht getroffen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil sein Spruch unklar und unbestimmt sei; diesem könne nämlich nicht entnommen werden, welche konkrete Erstbehörde gemeint sei, es fehle die Bezeichnung der Geschäftszahl und des Ausstellungsdatums des erstbehördlichen Bescheides. Auch der Begründung dieses Bescheides seien diese Daten nicht zu entnehmen.
Diese Darlegungen können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung (Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 19. Juni 1991, Zl. FrA-2432/91) zwar nicht im Spruch des angefochtenen Bescheides enthalten ist, dem Beschwerdeführer jedoch, wie sich aus der Beschwerdeschrift selbst ergibt, bewußt war, um welche Erledigung eines Rechtsmittels es sich bei dem angefochtenen Bescheid handelte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1993, Zl. 92/01/0816), sodaß er dadurch in seinen Rechten nicht verletzt werden konnte.
Der belangten Behörde kann aber auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne ein ausreichender Wahrheitsgehalt nicht beigemessen werden. Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, daß Hauptgrund der Verfolgungshandlungen der rumänischen Behörden nach seiner Rückkunft in sein Heimatland die Erlangung von Informationen über das österreichische Sicherheitssystem bzw. das österreichische Asylverfahren und seine Kontakte in Österreich gewesen sei; daraus aber kann nicht auf konkrete gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Verfolgungshandlungen i.S. des § 1 Abs. 1 Asylgesetz 1991 geschlossen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010836.X00Im RIS seit
20.11.2000