TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/7 93/16/0028

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Veröffentlicht am 07.10.1993
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §208 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 18. Juni 1991, Zl. 168-6/91, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. April 1991 leitete das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz (in der Folge: Finanzamt) gegen den Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, daß er durch verminderte Angabe des Kaufpreises im Kaufvertrag vom 3. August 1979 betreffend die - im Bescheid näher umschriebene - Liegenschaft (angeführter Kaufpreis: S 2,4 Millionen, "tatsächlicher Kaufpreis" S 5,186.192,79,--) vorsätzlich seine abgabenrechtliche Anzeige -, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 18 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz iVm § 119 Bundesabgabenordnung) verletzt, Grunderwerbsteuer in Höhe von S 222.895,-- verkürzt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, der Verdacht der unrichtigen Kaufpreisangabe gründe sich auf - in der Begründung näher angeführte - Quittungen und Belege mit einer Gesamtsumme von S 5,186.192,79. Derart gravierende Abweichungen zwischen offengelegtem und tatsächlich vereinbartem Kaufpreis sei nur bei gegenseitigem bewußten Mitwirken aller am Rechtsgeschäft Beteiligten erklärbar. Das Strafverfahren sei daher wegen Verdachtes der vorsätzlichen Abgabenverkürzung einzuleiten gewesen. Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens erfolge innerhalb der Verjährungsfrist.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Einleitungsbescheid eingebrachte Administrativbeschwerde, in der u.a. der Eintritt der Verjährung geltend gemacht wurde, als unbegründet ab und führte aus, die dem Finanzamt zur Kenntnis gebrachten in der Begründung der Entscheidung näher angeführten Belege und Quittungen ließen mit Recht den Verdacht der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens aufkommen. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweise, die Einleitung des Strafverfahrens wäre nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Abgabenbehörde erst im Jahre 1990 Kenntnis von einer eventuellen Verkürzung des Kaufpreises erlangt habe. Dies bedeute, daß die abgabenrechtliche Verjährungsfrist im vorliegenden Fall nicht vor Ablauf dieses Jahres begonnen habe.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 28. September 1992, Zl. B 921/91-7, die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom 27. Jänner 1993, Zl. B 921/91-9, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VerfGG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf Nichteinleitung des Finanzstrafverfahrens verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt die Prüfung gemäß Abs. 1, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß Abs. 3 leg. cit. das Strafverfahren einzuleiten.

Strittig ist im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich die Frage, ob im Zeitpunkt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens bereits Verjährung eingetreten war oder nicht.

Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist, oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Strafe richtet.

Im Grunde des § 207 Abs. 2 erster Satz BAO beträgt die Verjährungsfrist für die Grunderwerbsteuer fünf Jahre. Nach § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO beträgt bei hinterzogenen Abgaben und Beiträgen die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Wird gemäß § 208 Abs. 2 BAO ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/16/0114) - davon abzugehen, besteht keine Veranlassung - heißt ordnungsgemäß angezeigt im Sinn der für die hier in Rede stehende Steuer maßgeblichen Spezialnorm des § 208 Abs. 2 BAO zeitgerecht, richtig, vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt. Der Lauf der Bemessungsverjährungsfrist wird also erst dann in Gang gesetzt, wenn der zuständigen Abgabenbehörde durch entsprechende Mitteilungen, Erklärungen usw. durch den hiezu Verpflichteten alle den steuerpflichtigen Tatbestand bildenden Umstände und Verhältnisse bekannt geworden sind, d.h., wenn die Abgabenbehörde vom steuerpflichtigen Erwerbsvorgang tatsächlich in einer Weise und in einem Umfang Kenntnis erlangt hat, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden kann und demgemäß eine sachgerechte Abgabenfestsetzung objektiv möglich geworden ist. Auch in dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/16/0014, wurde ausgeführt, es genüge im Bereich des § 33 FinStrG zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Anzeigepflicht, wenn der Abgabepflichtige dem Finanzamt den Erwerb an sich bekanntgibt UND dieser Mitteilung alle jene Erläuterungen hinzufügt, die notwendig sind, damit die Behörde in die Lage versetzt wird, die Abgabe IN DER GESETZLICHEN HÖHE festzusetzen. § 208 Abs. 2 BAO gilt insbesondere für Fälle, in denen eine Anzeige unvollständig oder unrichtig (z.B. durch Angabe eines unrichtigen Kaufpreises) war (vgl. Stoll, BAO-Handbuch 492).

Das Finanzamt hat in dem mit Bescheid vom 4. April 1991 eingeleiteten Finanzstrafverfahren im Jahre 1990 darüber Kenntnis erlangt, daß der mit S 2,4 Millionen erklärte Kaufpreis weit unter dem tatsächlichen Kaufpreis liegen soll. Der Lauf der Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe und damit auch die Verjährung der Strafbarkeit nach § 31 FinStrG hat demnach nicht vor Ablauf des Jahres 1990 begonnen, sodaß die im Jahre 1991 erfolgte Einleitung des Finanzstrafverfahrens innerhalb der Verjährungsfrist ergangen ist.

Soweit in der Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt werden, ist dem Verfassungsgerichtshof zu folgen, der im Ablehnungsbeschluß vom 28. September 1992 die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Regelung als gegeben erachtet hat. Danach könne die Festlegung eines späteren Zeitpunktes für den Beginn der Frist für die Bemessungsverjährung im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Anzeige aus steuerpolitischen Gründen (Verhinderung von Abgabenhinterziehungen) gerechtfertigt werden und liege im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers (VfSlg. 8238/1978, 8457/1978 ua). Auch die Tatsache, daß die Ausnahmeregelung nur die Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie die Grunderwerbsteuer erfasse, könne mit der Eigenart dieser Abgaben (sie knüpften etwa an nicht regelmäßig wiederkehrende Sachverhalte an, was möglicherweise Steuerumgehungen erleichtern könne) gerechtfertigt werden. Dem in der Beschwerde vorgetragenen Argument, es gebe dann, wenn der Behörde der Sachverhalt nicht zur Kenntnis gelangt, überhaupt keine Verjährung, sei mit einem Hinweis auf § 209 Abs. 3 BAO begegnet. Danach verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe - auch der Grunderwerbsteuer - spätestens 15 Jahre nach Entstehen des Abgabenanspruches. Inwieweit diese Bestimmung mit der Regelung über den Beginn der Verjährungsfrist im § 31 Abs. 1 letzter Satz FinStrG in Einklang zu bringen ist, braucht hier nicht untersucht zu werden, weil noch keine 15 Jahre seit Entstehen des Abgabenanspruches vergangen sind.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an. Die geltend gemachte Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht näher ausgeführt worden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nach amtswegiger Überprüfung des angefochtenen Bescheides eine solche Verletzung nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993160028.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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