TE Vwgh Beschluss 1993/10/7 93/01/0910

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Veröffentlicht am 07.10.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §18 Abs1;
AVG §61a;
AVG §71 Abs1 Z1;
B-VG Art8;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/01/1013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Dezember 1992, Zl. 4.285.935/2-III/13/90, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattgegeben.

Gleichzeitig wird die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Dezember 1992, Zl. 4.285.935/2-III/13/90, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gemäß § 66 Abs. 4 des AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende, am 3. September 1993 zur Post gegebene Beschwerde, in der er unter einem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde beantragte und diesen Antrag damit begründete, er habe sich nach Erhalt des gegenständlichen Bescheides an die Fremdenpolizei gewandt und gefragt, was er in dieser Sache noch unternehmen könne. Ihm sei mitgeteilt worden, daß es gegen diesen Bescheid überhaupt kein Rechtsmittel mehr gäbe. Erst bei der Rechtsberatung in der Kanzlei des nunmehrigen Beschwerdeführervertreters am 20. August 1993 sei ihm vom Beschwerdeführervertreter eröffnet worden, daß er eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hätte verfassen können. Ohne sein Verschulden sei der Beschwerdeführer daher an der rechtzeitigen Wahrung sämtlicher rechtlicher, ihm zustehender Möglichkeiten gehindert worden, weil dem angefochtenen Bescheid eine Übersetzung ins Persische angeheftet gewesen sei, die ausschließlich den Hinweis enthalten habe, daß gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel zulässig sei, während auf die Möglichkeit einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde nicht verwiesen worden sei. Der Beschwerdeführer spreche nur sehr schlecht Deutsch, weshalb er auf die in seiner Heimatsprache abgefaßte Rechtsmittelbelehrung angewiesen gewesen sei.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens hadelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Unkenntnis des Gesetzes, mit der sich im übrigen gemäß § 2 ABGB niemand entschuldigen kann, für sich allein nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 46 Abs. 1 VwGG bilden könnte (vgl. u.a. hg. Beschluß vom 29. April 1993, Zlen. 92/12/0282 und 93/12/0017 und die dort angeführte Judikatur). Hinzuzufügen ist, daß die Rechtsmittelbelehrung der deutschsprachigen Originalausfertigung des angefochtenen Bescheides den Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof innerhalb der sechswöchigen Frist enthält. Die mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache kann aber nach herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nicht als tauglicher Wiedereinsetzungsgrund angesehen werden (vgl. hierzu auch hg. Beschluß vom 17. Februar 1993, Zlen. 92/01/1111 und 1112). Gemäß § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ist Bescheiden, die einem der deutschen Sprache nicht hinreichend kundigen Asylwerber zuzustellen sind, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in einer ihm ausreichend verständlichen Sprache anzuschließen. Eine Verpflichtung der Behörde, auch den gemäß § 61 a AVG aufzunehmenden Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof in Übersetzung beizufügen, ist im Gesetz nicht enthalten. Bestand aber keine Verpflichtung der Behörde, dem angefochtenen Bescheid diesen Hinweis in einer für den Beschwerdeführer verständlichen Sprache beizufügen, so kann das Fehlen eines solchen bzw. die Unkenntnis der deutschen Sprache angesichts Art. 8 B-VG, demzufolge die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik ist, nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG angesehen werden (vgl. hiezu das zu einer ähnlichen Problematik ergangene hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1989, Zl. 88/01/0187, und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes).

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte daher nicht stattgegeben werden.

Gleichzeitig mit der Ablehnung der beantragten Wiedereinsetzung war daher die vorliegende Beschwerde wegen Versäumung der in § 26 Abs. 1 VwGG genannten Frist zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des Berichters über den zu Zahl AW 93/01/0589 protokollierten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010910.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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