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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. März 1992, Zl. 4.321.610/1-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "ehemaligen SFRJ", reiste am 10. Juni 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am 12. Juni 1991 einen Asylantrag.
Bei der niederschriftlichen Befragung am 14. Juni 1991 gab er im wesentlichen an, er habe sich im Jahre 1990 freiwillig zur kroatischen Armee gemeldet. Er sei Angehöriger der kroatischen Volksgruppe und habe in Serbien gewohnt. Am 10. Februar 1991 sei er zu seinen Eltern zurückgekehrt und daraufhin von der serbischen Militärpolizei 15 Tage in Sarajevo inhaftiert worden. Aus Angst vor der serbischen Militärpolizei habe er sich versteckt gehalten, er habe einen Paß beantragt, aber nie einen bekommen; aus Angst vor einem Bürgerkrieg habe er sich dann entschlossen, seine Heimat zu verlassen. Ein anderer Grund für seine Ausreise sei gewesen, daß er keine Arbeit habe finden können.
Mit Bescheid vom 6. August 1991 stellte die Behörde erster Instanz fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer unter anderem geltend, er habe sich im Frühjahr 1991, als der Konflikt zwischen Serben und Kroaten aufgeflammt sei, in Kroatien aufgehalten und sei unverzüglich in die kroatische Armee in P eingetreten. Er habe sich an den ersten Kämpfen gegen die Serben beteiligt. Im Mai 1991 sei er in seinen Heimatort nach Bosnien-Herzegowina zurückgekehrt, wo ihn die serbische Polizei schon gesucht habe. Auch seine Eltern seien von der Militärpolizei befragt worden, warum er der kroatischen Armee beigetreten sei. Die Polizei hätte ihn in der Folge inhaftiert und während seiner Vernehmungen des öfteren grausam mißhandelt. Nach seiner Freilassung sei ihm aufgetragen worden, seinen Heimatort nicht zu verlassen. Er habe sich auch weiterhin bei der Polizei melden müssen, dabei wäre er jedesmal schlechter behandelt und schikaniert worden. Es seien bei ihm zur Nachtzeit Hausdurchsuchungen vorgenommen worden. Anfang Juni 1991 habe er sich dann entschlossen, sein Heimatland zu verlassen.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gem. § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers ab und stellte fest, daß er nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Angaben des Beschwerdeführers divergierten in beiden Instanzen sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Die Angaben des Beschwerdeführers würden auch (bei Zutreffen) den Tatbestand einer Verfolgung im Sinne der Konvention nicht erfüllen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe es unterlassen, die gerichtsnotorische Tatsache des kriegerischen Verhältnisses zwischen Serben und Kroaten in seinem ehemaligen Heimatland entsprechend zu würdigen. Die Ansicht der belangten Behörde, es liege keine wohlbegründete Furcht, aus anerkannten Gründen verfolgt zu werden, vor, erachte er als aktenwidrig und gerichtskundigen Tatsachen widersprechend. Serben und Kroaten verfolgten einander und täten einander "Übles an Leib und Leben" an, sodaß anzunehmen sei, daß ein Kroate von Serben aus Gründen der Nationalität verfolgt würde. Die von der belangten Behörde aufgezeigten Divergenzen würden sich auch nicht auf wesentliche Umstände beziehen. Im übrigen hätte es dem vernehmenden Beamten der Sicherheitsdirektion auffallen müssen, daß Sarajevo nicht in Serbien, sondern in Bosnien liege. Es wäre im Sinne des § 13a AVG Aufgabe der Behörde gewesen, allfällige Unrichtigkeiten aufzuklären, die dem Beschwerdeführer offensichtlich in der Aufregung bei der ersten Einvernahme unterlaufen wären. Es sei dem Beschwerdeführer auch unverständlich, daß einem Kämpfer der kroatischen Armee, der von der serbischen Militärpolizei eingesperrt werde, die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung abgesprochen werde.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde ferner vor, die Divergenz zwischen den Angaben seiner ersten Einvernahme und jenen in der Berufung nicht zur Stellungnahme vorgehalten oder sonstwie aufgeklärt zu haben.
Soweit diesen Divergenzen überhaupt rechtliche Relevanz zukommt, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Abweisung der Berufung damit begründet hat, daß erfahrungsgemäß die von Asylwerbern bei ihrer ersten Befragung gemachten Angaben am ehesten der Wahrheit entsprechen und daß die über das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Vorbringen hinausgehenden Ausführungen in der Berufung - auch wenn es sich nach dem Beschwerdevorbringen nur um "Korrekturen" handelt - als nicht glaubwürdig anzusehen seien, weil eine derartige Würdigung eines sich im Lauf des Instanzenzuges steigernden Vorbringens von Asylwerbern nicht unschlüssig ist (vgl. unter anderem hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1992, Zl. 92/01/0140 uva.).
Die belangte Behörde hat daher zu Recht ihrer Beurteilung jene Angaben zugrunde gelegt, die der Beschwerdeführer bei seiner ersten Befragung gemacht hat. Ausgehend von diesem Vorbringen ist der belangten Behörde beizupflichten, daß weder die Anhaltung des Beschwerdeführers für 15 Tage durch die serbische Militärpolizei, der weitere diesbezügliche Maßnahmen nicht folgten, noch die subjektive Angst des Beschwerdeführers oder die Unmöglichkeit der Erlangung eines Arbeitsplatzes geeignet sind, wohlbegründete Furcht vor gegen den Beschwerdeführer selbst konkret gerichtete Verfolgungshandlungen i.S. der Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Bei dieser Sach- und Rechtslage stellt sich daher der angefochtene Bescheid als zutreffend dar, weshalb auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht näher einzugehen war.
Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010611.X00Im RIS seit
20.11.2000