TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/12 91/07/0109

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Veröffentlicht am 12.10.1993
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §1053;
ABGB §1090;
VStG §1;
VStG §7;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der K-Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. Juni 1991, Zl. 512.147/03-I5/91, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. August 1982 hatte der Landeshauptmann von Steiermark (LH) der Beschwerdeführerin in Erweiterung eines schon mit seinem Bescheid vom 3. März 1982 verliehenen Konsenses die wasserrechtliche Bewilligung für den Abbau von Sand und Schotter durch Naßbaggerung auf bestimmt bezeichneten, im Eigentum eines Dritten stehenden Grundstücken mit Schaffung eines Grundwassersees, dem aus dem Grundwasserkörper eine bestimmt bezeichnete Wassermenge zufließt, und aus welchem dieselbe Wassermenge in verunreinigtem Zustand wieder in den Grundwasserkörper abfließt, bei Erfüllung und Einhaltung im einzelnen angeführter Bedingungen und Auflagen erteilt. Als Endtermin der Frist für die Bauvollendung der Anlage wurde der 30. Dezember 1988, als solcher für den Abschluß der Rekultivierungsmaßnahmen der 30. Dezember 1989 bestimmt.

Nachdem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 6. November 1987 der Behörde den Abschluß des Abbaus und der Planierungsarbeiten mitgeteilt und um Endkollaudierung ersucht hatte, führte der LH am 26. Jänner 1989 eine wasserrechtliche Überprüfungsverhandlung durch. Im Zuge dieser Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen festgestellt, daß eine Übereinstimmung des bestehenden Zustandes mit der erteilten Bewilligung vor allem deswegen nicht vorliege, weil auf den Bermen im Norden, Osten und Süden des Baggerteiches konsenswidrig Hütten und Häuser errichtet worden seien. Die Beschwerdeführerin brachte dazu vor, daß die projektsgemäße Rekultivierung durch die vorzeitige Nutzung des Grundeigentümers eingeschränkt und verhindert worden sei.

In der Folge erstatteten die vom LH beauftragten Amtssachverständigen aus den Fachgebieten der Wasserbautechnik, der Chemotechnik und der Limnologie ein gemeinsames Gutachten, in welchem sie im wesentlichen folgendes ausführten:

Da die bewilligte Naßbaggerung im weiteren Schongebiet des Wasserwerkes K. liege, komme dem Schutz des Grundwassers besondere Bedeutung zu; es habe die vorgesehene Nutzungsart auch den Intentionen des Gewässerschutzes entsprochen. Zwischenzeitlich seien allerdings auf den Bermen rund um die Naßbaggerung, teilweise auch im Böschungsbereich, zahlreiche Badehütten errichtet, stationäre Wohnwagen abgestellt, Stege und Abstellplätze im Bereich der Böschungen errichtet worden; es werde die Naßbaggerung auch zum Baden genutzt. Eine ordnungsgemäße Entsorgung allenfalls anfallender Hausabwässer sei ebensowenig gegeben wie eine Versorgung mit Trinkwasser. Die Badehütten, Zäune und Stege würden mit Holzschutzmitteln behandelt, im Bereiche der Berme würden Feuerstellen errichtet, auf denen gekocht und gegrillt werde, die bei der Reinigung des Geschirrs anfallenden Waschwässer würden zum Teil im Bereich der Berme zur Versickerung gebracht. Hieraus ergäbe sich eine Reihe von Verunreinigungsquellen für das Grundwasser, welche umso schwerwiegender seien, als die Schadstoffe entweder direkt ins Grundwasser gelangten oder auf die Berme aufgebracht würden, welche nur ein bis zwei Meter über dem Grundwasser liege. Zudem komme es durch die getätigten Einbauten unweigerlich zu einer verstärkten Bodenerosion mit vermehrtem Eintrag von Feinteilen in den Baggersee, was zu negativen Folgen für das Grundwasser führen könne. Die Bermen seien für die Teichpflege und für allenfalls notwendige Sanierungsmaßnahmen bei Unglücksfällen errichtet worden; wegen der Errichtung der Badehütten sei ein Befahren der Bermen nicht mehr möglich. Insgesamt erweise sich die derzeitige Nutzung des Badesees nicht nur als bescheidwidrig, sondern auch als ständiges, nicht zu kontrollierendes Gefährdungspotential für das Grundwasser; dies könne aus Sicht des Gewässerschutzes nicht toleriert werden, eine nachträgliche Genehmigung des derzeitigen Bestandes sei auch unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen aus technischer Sicht nicht möglich. Es wären nach Ansicht der Amtssachverständigen demnach folgende Anordnungen zu erlassen:

1.) Die im Bermenbereich aufgestellten Badehütten und die Einbauten am Ufer, im Baggersee oder im Bereich der Böschungen seien zu entfernen.

2.) Die Böschungen der Grube seien mit einer Böschungsneigung, die nicht steiler als 1:2 sein dürfe, herzustellen.

3.) Ca. 1 m über dem höchsten Grundwasserstand sei eine Berme mit mindestens 3 m Breite zu errichten.

4.) Die Berme und die Böschungen oberhalb der Berme seien mit einer mindestens 20 cm starken Schicht Humus zu bedecken und zu besämen. Die Böschungen seien entsprechend dem vorgelegten Rekultivierungsplan zu bepflanzen.

5.) Entlang des oberen Böschungsrandes seien zur Verhinderung des Einfließens von Oberflächenwässern sowie von Abflüssen von Verkehrswegen und von landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen in den Baggersee an allen Seiten der Grube geeignete Dämme oder Gräben zu errichten.

Abschließend stellten die Amtssachverständigen fest, daß die Wasserqualität des Baggersees als Ergebnis einer am 10. Mai 1989 durchgeführten Untersuchung der eines kaum bis mäßig verunreinigten Oberflächengewässers entspreche.

Die gutachterlichen Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen wurden vom LH der Beschwerdeführerin und dem Grundeigentümer zur Kenntnis gebracht. Der Grundeigentümer äußerte, daß die im Zuge der Naßbaggerungen errichteten Böschungen bepflanzt und begrünt worden seien, wobei es keine Rutschungen gegeben habe. Die Bermen seien lange Zeit durch fremde Personen besetzt worden, sodaß er sich dazu veranlaßt gesehen habe, einzelne Grundstücke zu schaffen und diese zu verpachten, wobei jeder Pächter vertraglich zur Kenntnis nehmen habe müssen, daß ein eventuelles Bauen nur nach Rücksprache mit der Baubehörde möglich sei. Erst durch diese Maßnahmen sei es ihm gelungen, die Uferböschungen rein zu halten und vor wilden Ablagerungen zu schützen. Die Beschwerdeführerin brachte vor, daß sie im Zuge des Abbaues und der damit verbundenen abschnittweisen Rekultivierung die Böschungen humusiert und bepflanzt habe; ebenso habe sie entlang des Böschungsrandes einen Damm zur Verhinderung des Einfließens von Oberflächenwässern errichtet. Unmittelbar nach Durchführung dieser Arbeiten seien die Böschungsbereiche jedoch vom Grundeigentümer an dritte Personen zur Nutzung verpachtet worden; diese Pächter hätten in weiterer Folge die Böschung nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Dies habe sie schriftlich dem Grundeigentümer mitgeteilt und ihn auf die nicht bescheidgemäßen Veränderungen der Böschung mit dem Bemerken hingewiesen, daß sie jede weitere Haftung für diese Veränderungen ablehne. Es sei die nicht bescheidgemäße Ausführung somit auf die Nutzung durch Dritte zurückzuführen, die Beschwerdeführerin erachte sich nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Grundeigentümers an den Böschungen Veränderungen durchzuführen.

Nach dem Inhalt eines vom Grundeigentümer dem LH vorgelegten Bestandvertrages wurde den Bestandnehmern des Grundeigentümers jeweils bestimmt bezeichnete Teilgrundstücke zur Benützung als Badeplatz in Bestand gegeben. Der Grundeigentümer erklärte dabei seine Zustimmung zur Errichtung einer Badehütte, wobei der Bestandnehmer die hiefür erforderlichen Bewilligungen selbst einzuholen haben würde. Jede Gewährleistung des Bestandgebers für die Versagung erforderlicher Bewilligungen oder die Erteilung von Entfernungsaufträgen wurde ausgeschlossen; die Bestandnehmer wurden darauf hingewiesen, daß die in Bestand gegebene Grundfläche im Wasserschutzgebiet liege, und dazu verpflichtet, alle Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, damit eine Verunreinigung des Grundwassers ausgeschlossen sei.

Nach Ermittlung der Identität der Bestandnehmer des Grundeigentümers richtete der LH an diese ein Schreiben, in welchem er ihnen vorhielt, daß den Bedingungen des der Beschwerdeführerin erteilten Bewilligungsbescheides hinsichtlich der Folgenutzung der Naßbaggerungsanlage im Böschungs- und Bermenbereich insoweit nicht entsprochen worden sei, als die nunmehr angesprochenen Personen eine Badehütte oder ähnliche Anlage errichtet hätten, ohne hiezu nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 berechtigt zu sein. Gleichzeitig räumte der LH in diesem Schreiben den Bestandnehmern des Grundeigentümers das Parteiengehör durch Mitteilung des gemeinsamen Gutachtens der drei Amtssachverständigen ein. In einer von einem gemeinsamen Rechtsvertreter verschiedener Bestandnehmer erstatteten Äußerung traten diese der Erforderlichkeit eines wasserpolizeilichen Auftrages mit der Behauptung entgegen, daß es zu Gefährdungen der Grundwasserqualität bislang nicht gekommen sei und die vorliegende geordnete Art der Folgenutzung der Naßbaggerung die einzige realistische Möglichkeit darstelle, den Schutz des Grundwassers auch in Zukunft zu gewährleisten, weil gerade die wilde Badetätigkeit erst jene Gefahren heraufbeschwören würde, welche in dem Gutachten angesprochen worden seien. Die Bestandnehmer hätten die Absicht, für die Errichtung einer Ringkanalisationsanlage und einer Wasserleitung zu sorgen, es werde auch die Einrichtung einer geordneten Müllentsorgung veranlaßt werden, die Bestandnehmer würden nach Fertigstellung der Projektierungsarbeiten gemeinsam mit dem Grundeigentümer um die wasserrechtliche Bewilligung der Anlage einkommen. Zur Widerlegung der Ausführungen der Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene sei ein Privatgutachten in Auftrag gegeben worden.

Mit Bescheid vom 12. März 1991 verhielt der LH gemäß den §§ 99 Abs. 1 lit. d und 138 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 die Beschwerdeführerin aus öffentlichen Interessen dazu, auf ihre Kosten bei der vom Bewilligungsbescheid betroffenen Naßbaggerung zum Zwecke der Beseitigung der eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen jene in die Spruchpunkte 1 bis 5 gegliederten Maßnahmen durchzuführen, welche im oben wiedergegebenen Gutachten der drei Amtssachverständigen vorgeschlagen wurden. Als Frist setzte der LH den 31. Juli 1991. Begründend führte der LH aus, daß die Beschwerdeführerin Bewilligungsinhaber sei und deshalb für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und im Bescheid festgelegten Aufträge verantwortlich zeichne. Aufgabe der Beschwerdeführerin wäre es gewesen, die Einhaltung der Auflagen und gesetzlichen Vorschriften zu besorgen, sehe doch die Bestimmung des § 138 WRG 1959 lediglich einen subsidiären Zugriff auf den Grundeigentümer vor.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, zu Unrecht als Adressat des erlassenen wasserpolizeilichen Auftrages herangezogen worden zu sein. Sie habe den bescheidmäßigen Zustand hergestellt, weshalb sie aus dem Titel des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 24. August 1982 keine Herstellungsverpflichtungen mehr treffen könnten; allfällige Änderungen fielen demjenigen zur Last, welcher sie veranlaßt habe. Die Beschwerdeführerin habe alle Auflagepunkte des Bewilligungsbescheides erfüllt; bei der teilweisen Abweichung der Böschungsneigungen handle es sich um unwesentliche und nicht bewilligungspflichtige Veränderungen. Es stehe dem wasserpolizeilichen Auftrag im Umfang der Spruchpunkte 2 bis 5 des bekämpften Bescheides zudem der Umstand entgegen, daß die darin aufgetragenen Maßnahmen ohnehin Gegenstand des Bewilligungsbescheides vom 24. August 1982 gewesen seien und ihre Durchsetzung bereits auf der Grundlage dieses Bescheides erreicht werden könnte. Für die mit Spruchpunkt 1 des bekämpften Bescheides aufgetragenen Entfernung der im Bermenbereich aufgestellten Badehütten und Einbauten sei die Beschwerdeführerin passiv nicht legitimiert, weil sie weder Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten habe, noch Grundeigentümer sei. Zu all dem komme noch, daß richtigerweise ein Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 zu erlassen gewesen sei. Die Auffassung der Amtssachverständigen, daß die vorliegende Nutzung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht zugänglich sei, treffe nämlich nicht zu; die Behörde hätte den Bescheid nicht erlassen dürfen, ohne die von den Beteiligten des Verfahrens angekündigte Vorlage eingeholter Privatgutachten abzuwarten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin den vor ihr bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin ab, daß sie die in Spruchpunkt 2 bis Spruchpunkt 5 des Bescheides des LH angeordneten Maßnahmen "ersatzlos entfallen" ließ, während sie im übrigen die Berufung abwies. Als Frist für die Durchführung der im Spruchpunkt 1 des Bescheides des LH aufgetragenen Entfernung der im Bermenbereich aufgestellten Badehütten und der Einbauten am Ufer, im Baggersee oder im Bereiche der Böschungen setzte die belangte Behörde den 31. Dezember 1991 neu fest. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die in den Spruchpunkten 2 bis 5 des vor ihr bekämpften Bescheides aufgetragenen Maßnahmen deswegen nicht zum Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages gemacht hätten werden dürfen, weil diese Maßnahmen ohnehin Auflagen des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 24. August 1982 entsprochen hätten; die Schaffung eines weiteren Vollstreckungstitels aber sei rechtlich unzulässig. Für den Entfernungsauftrag laut Spruchpunkt 1 des Bescheides des LH bestehe die Passivlegitimation der Beschwerdeführerin zu Recht, weil sie nicht nur unverändert Wasserberechtigte aus den Bescheiden des Jahres 1982, sondern dadurch auch verpflichtet sei, die ihr aufgetragenen Rekultivierungsmaßnahmen durchzuführen und ebenso auch darauf zu achten, daß der ordnungsgemäße Zustand weiter aufrecht bleiben würde. Wie auch aus dem Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem Grundeigentümer selbst hervorgehe, sei die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt dieses Vertrages verpflichtet, die für den Abbau und die Gewinnung des Schottermaterials von den zuständigen Behörden ausgesprochenen Bedingungen, erteilten Aufträge und Auflagen genauestens zu beachten und zu erfüllen und den Grundeigentümer in dieser Hinsicht vollkommen schad- und klaglos zu halten, während der Grundeigentümer sich verpflichtet habe, alle als Eigentümer für allenfalls noch notwendige Genehmigungen und Bewilligungen erforderliche Erklärungen abzugeben. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, auf Grund des Abschlusses von Pachtverträgen zwischen dem Grundeigentümer und Dritten an der Erfüllung der Auflagen des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides gehindert zu sein, sei für sie nichts zu gewinnen, weil sie diesfalls auf dem Zivilrechtsweg gegen den Grundeigentümer vorgehen müßte. Aus öffentlich-rechtlicher Sicht sei allein die Beschwerdeführerin als Trägerin von Rechten und Pflichten zur Erteilung des wasserpolizeilichen Auftrages anzusehen gewesen. Die im Bermenbereich aufgestellten Badehütten und die Einbauten am Ufer, im Baggersee oder im Bereich der Böschungen seien konsenslos erfolgt und geeignet, öffentliche Interessen zu verletzen. Dies ergebe sich aus den auf gleicher fachlicher Ebene unwidersprochen gebliebenen Gutachten der Amtssachverständigen der Wasserrechtsbehörde erster Instanz; diese Gutachten seien schlüssig, die angekündigten Gegengutachten seien auch im Laufe des Berufungsverfahrens nicht vorgelegt worden. Stehe ein Widerspruch des bestehenden Zustandes zu den öffentlichen Interessen fest, dann sei ein Vorgehen der Behörde nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 nicht möglich. Auf welche Weise die Beschwerdeführerin die ihr auferlegte Verpflichtung im Innenverhältnis zum Grundeigentümer "bzw." zu den Pächtern der einzelnen Parzellen umsetze, sei für die Wasserrechtsbehörde bedeutungslos; entstehende Differenzen wären auf dem Zivilrechtswege auszutragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, nicht ohne gesetzliche Grundlage Adressat des gegen sie ergangenen wasserpolizeilichen Auftrages zu werden; des weiteren fühlt sie sich durch die Erlassung eines nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 anstelle eines solchen nach § 138 Abs. 2 leg. cit. in ihrem Recht auf Erlassung eines Alternativauftrages sowie in Verfahrensrechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. die bei Rossmann, Wasserrecht2, 366, wiedergegebene hg. Judikatur).

Daß die vom bestätigten Entfernungsauftrag betroffenen Badehütten und Einbauten als eigenmächtige Neuerung in diesem Sinne anzusehen sind, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Sie tritt dem angefochtenen Bescheid zunächst vielmehr mit dem Vorbringen entgegen, daß sie für die vom Entfernungsauftrag betroffenen Badehütten und Einbauten mangels Täterschaft nicht zum Adressaten des wasserpolizeilichen Auftrages genommen hätte werden dürfen. Damit hat sie im Ergebnis recht.

Wohl ist die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Darstellung nicht "ehemalige", sondern aktuelle Trägerin des wasserrechtlichen Konsenses der Naßbaggerung für jene Grundstücksflächen, in deren Bereich die als eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beurteilenden Maßnahmen gesetzt wurden. Die Beschwerdeführerin ist damit unverändert auch zur Einhaltung der im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen verpflichtet und kann sich dieser Verpflichtung mit dem Hinweis auf das Dazwischentreten anderer nicht ohne weiteres für entbunden erachten, wie die belangte Behörde dies im grundsätzlichen zutreffend festgehalten hat. Abweichungen vom bewilligten Projekt hat die Beschwerdeführerin daher unverändert weiterhin zu verantworten.

Bei den vorgefundenen Badehütten und Einbauten Dritter handelt es sich allerdings nicht um Abweichungen vom bewilligten Projekt, sondern um Sachverhalte, die mit dem Projekt in keinem inneren Zusammenhang stehen, vielmehr als - im gegenwärtigen Zustand die Kollaudierung nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 sachbezogen hindernde - eigenmächtig vorgenommene Neuerungen anzsuehen sind, denen im Falle des (von der Beschwerdeführerin ebenso bestrittenen) Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 mit wasserpolizeilichem Beseitigungsauftrag begegnet werden mußte. Für die Beurteilung der Täterschaft in Ansehung einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung konnte es auf die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Konsensträgerin nun nicht entscheidend ankommen; diese Frage war losgelöst vom wasserrechtlichen Konsens zur Naßbaggerung nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, was freilich auch nicht heißen kann, daß die Beschwerdeführerin aus dem Kreis der in Betracht kommenden Täter von vornherein schon auszuscheiden gewesen wäre.

Als Täter im Sinne des § 138 WRG 1959 kommt jeder in Betracht, der die Übertretung des Gesetzes verursacht oder mitverursacht hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 1989, 89/07/0013, und vom 19. September 1989, 89/07/0055). Es ist für die Eignung als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 nicht erforderlich, daß die herangezogene Person Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 schuldhaft übertreten hat, die objektive Verwirklichung eines dem Wasserrechtsgesetz 1959 widersprechenden Zustandes reicht hin; ebensowenig kommt es auf die unmittelbare Herbeiführung eines wasserrechtlich bewilligungsbedürftigen Zustandes ohne diese Bewilligung an, sondern reicht zur Eignung als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages auch schon die Aufrechterhaltung, Duldung oder Nutzung eines solcherart konsenslos geschaffenen und bestehenden Zustandes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Februar 1991, 90/07/0128, und vom 20. November 1984, 84/07/0210, 0211).

Nichts dergleichen aber ist der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Daß sie die Badehütten und Einbauten nicht errichtet hat, steht ebenso außer Streit wie die Tatsache, daß sie nicht Grundeigentümerin ist. Welche sonstige Weise einer Verursachung an den Neuerungen der Beschwerdeführerin zuzurechnen wäre, bleibt die belangte Behörde zu erklären schuldig. Für die Annahme, daß die Beschwerdeführerin aus den Badehütten und Einbauten einen Nutzen gezogen hätte, bietet der angefochtene Bescheid ebensowenig einen Anhaltspunkt wie die Aktenlage. Aufrechterhalten und Dulden eines konsenswidrigen Zustandes kann aber nur dem gegenüber als verursachendes oder mitverursachendes Verhalten zugeschrieben werden, dem rechtliche Mittel zu Gebote stehen, sich durch Beseitigung oder Abwehr alternativ zu verhalten. Mittäterschaft durch Dulden kann nur dann bejaht werden, wenn solche Abwehrmaßnahmen unterlassen wurden, die der Sachlage nach ausreichend erfolgsträchtig und zumutbar waren. Solche Maßnahmen im angefochtenen Bescheid aufzuzeigen, hat die belangte Behörde, ausgehend von der nicht zu teilenden Ansicht der Haftung der Beschwerdeführerin allein aus dem verliehenen Konsens, aber nicht unternommen.

Es sind solche Möglichkeiten alternativen Verhaltens, deren Unterlassen der Beschwerdeführerin als Mittäterschaft vorgeworfen werden könnte, sachverhaltsbezogen auch nicht zu erkennen. Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen waren nicht ausreichend erfolgsträchtig, um der Beschwerdeführerin das mit ihrer Ergreifung verbundene Prozeßkostenrisiko zumuten zu dürfen. Den Errichtern der Badehütten und Einbauten gegenüber stand die Beschwerdeführerin zivilrechtlich in aussichtslos anmutender Position: Diese Personen waren auf Grund abgeschlossenen Bestandvertrages rechtmäßige Besitzer ihrer Grundflächen und standen gegenüber der Beschwerdeführerin in keinem Rechtsverhälntis, welches einen Anspruch der Beschwerdeführerin ihnen gegenüber erkennen ließe, ihre Bestandrechte nicht in der ihnen vom Grundeigentümer eingeräumten Weise auszuüben. Es läßt aber auch die Vertragsbeziehung der Beschwerdeführerin zum Grundeigentümer aus dem - als Kaufvertrag gestalteten - Abbauvertrag die Erfolgsaussichten einer zivilrechtlichen Abwehrmaßnahme dem Grundeigentümer gegenüber als zu fragwürdig erscheinen (vgl. die Ausführungen bei Aicher in Rummel2, Rdz 20 zu

§ 1053 ABGB, sowie bei Würth, a.a.O., Rdz 17 zu § 1090 ABGB), um der Beschwerdeführerin die Unterlassung einer Prozeßführung gegen den Grundeigentümer als Mittäterschaft im Sinne des § 7 VStG vorwerfen zu dürfen. Nichts anderes im Ergebnis muß für die Unterlassung von Anzeigen der von den Bestandnehmern des Grundeigentümers gesetzten Maßnahmen bei den in Betracht kommenden Behörden durch die Beschwerdeführerin gelten:

Einerseits konnte Mittäterschaft durch Dulden wohl nur durch die Unterlassung eigener Abwehrmöglichkeiten und nicht solcher begründet sein, deren Setzung erst recht wieder behördliche Initiative voraussetzte; andererseits waren die tatsächlichen Vorgänge der Aktenlage nach den Behörden ohnehin schon geraume Zeit bekannt, ohne daß diese sich zum gebotenen amtswegigen Einschreiten veranlaßt gesehen hätten.

Es war demnach im Beschwerdefall verfehlt, die Beschwerdeführerin nur ihrer Eigenschaft als Konsensträgerin wegen als Adressaten des hinsichtlich der von Dritten gesetzten Maßnahmen erlassenen wasserpolizeilichen Auftrages heranzuziehen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig und war daher nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Beschwerdeausführungen bedurfte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich auf die Ablehnung eines Zuspruchs von Stempelgebühren für solche Beilagen, die der Gerichtshof als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig ansah; die Beschwerdeschrift war lediglich in zweifacher Ausfertigung zu überreichen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991070109.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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