TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/19 91/08/0192

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Veröffentlicht am 19.10.1993
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

GSVG 1978 §25 Abs1;
GSVG 1978 §25 Abs2;
GSVG 1978 §25 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des LH von NÖ vom 14. 11. 1991, Zl. VII/2-4883/3-1991, betreffend Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem GSVG (mP: SVA der gewerblichen Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt stellte mit Bescheid vom 7. März 1991 die monatliche Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers in der Pensionsversicherung gemäß § 25 Abs. 1 und 2 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (in der Folge: GSVG) für das Kalenderjahr 1990 mit S 11.059,-- fest. Ferner wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eine aufgelöste Investitionsrücklage außer Ansatz zu lassen, gemäß § 25 Abs. 2 vierter Satz GSVG abgelehnt.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt begründete ihre Entscheidung zunächst damit, daß die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb laut Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes M vom 10. Mai 1990 für das Jahr 1987 S 70.421,-- betragen hätten. Unter Berücksichtigung eines Investitionsfreibetrages in der Höhe von S 52.000,-- ergebe sich sohin ein Gesamtbetrag in der Höhe von S 122.421,--. Nach Anwendung des Aufwertungsfaktors von 1,084 ergebe sich daher eine monatliche Beitragsgrundlage von S 11.059,--.

Am 29. Juni 1990 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Berücksichtigung einer Investitionsrücklage in der Höhe von S 18.000,-- gestellt, die im Jahre 1987 aufgelöst worden sei. Laut Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes vom 6. April 1988 hätten die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1986 S 71.412,-- betragen. Unter Berücksichtigung der Investitionsrücklage in der Höhe von S 18.000,-- hätte sich daher ein Betrag von S 89.412,-- ergeben. Die Mindestbeitragsgrundlage im Jahre 1989 habe gemäß § 25 Abs. 5 GSVG monatlich S 8.078,-- betragen; daraus ergebe sich für das gesamte Jahr ein Betrag von S 96.936,--. Die Summe aus den Einkünften und der Investitionsrücklage im Jahre 1986 (S 89.412,--) sei sohin unter dem Betrag der Mindestbeitragsgrundlage des Jahres 1989 (S 96.936,--) gelegen.

Gemäß § 25 Abs. 2 vierter Satz GSVG sei der auf eine gewinnerhöhend aufgelöste Investitionsrücklage entfallende Betrag, der schon einmal bei Ermittlung einer Beitragsgrundlage nach dem GSVG berücksichtigt worden sei, im gleichen Ausmaß bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage über Antrag außer Ansatz zu lassen. Aus dem klaren Gesetzeswortlaut sei daher zu entnehmen, daß es bei der Feststellung des im vorliegenden Zusammenhang aus der Beitragsgrundlage auszuscheidenden Betrages nicht darauf ankomme, in welchem Ausmaß die (in der Folge aufgelöste) Investitionsrücklage unter Mitberücksichtigung zusätzlicher rechtlicher Faktoren (so der zur Ermittlung der Beitragsgrundlage des weiteren herangezogenen Aktualisierung der Einkommensbeträge gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz, letzter Halbsatz GSVG) letztendlich in der Beitragsgrundlage ihren Niederschlag gefunden habe, sondern ausschließlich darauf, in welchem (Normal)Betrag sie im Rahmen jenes Rechenvorganges, der der Ermittlung der Beitragsgrundlage diene, in Ansatz gebracht worden sei. Hiebei müsse aber auch darauf Bedacht genommen werden, daß Investitionsrücklagen, die (gegebenenfalls auch bei Summierung mit im Jahr ihrer Bildung erzielten Einkünften aus Gewerbebetrieb) unterhalb der Mindestbeitragsgrundlage zu liegen gekommen seien, für ein Ausscheiden aus der Beitragsgrundlage nicht in Betracht kommen könnten, da sie als solche die Höhe der Beitragsgrundlage nicht beeinflussen könnten. Wenn es diesfalls letztlich zu einer Erhöhung der Beitragsgrundlage über das Ausmaß der gesetzlichen Mindestbeitragsgrundlage gekommen sei, so könne dies nur das Ergebnis der Anwendung zusätzlicher Rechenfaktoren (Aktualisierung des Einkommens) sein, die jedoch aufgrund der dargestellten Überlegungen als irrelevant zu betrachten seien.

Mangels Berücksichtigung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage 1989 habe daher die im Jahre 1987 aufgelöste Investitionsrücklage von S 18.000,-- bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage 1990 nicht außer Ansatz gelassen werden können.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, wobei er im wesentlichen vorbrachte, seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzüglich einer Investitionsrücklage von S 18.000,-- hätten im Jahre 1986 laut Einkommensteuerbescheid S 89.412,-- betragen. Unter Anwendung des Aktualisierungsfaktors von 1,101 hätte sich eine Beitragsgrundlage von S 98.443,-- ergeben. Diese Beitragsgrundlage sei somit über der jährlichen Mindestbeitragsgrundlage für 1989 in der Höhe von S 96.936,-- gelegen. Daraus ergebe sich jedoch, daß die Investitionsrücklage tatsächlich bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage berücksichtigt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt bestätigt. In ihrer Begründung vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß die früher gebildete Investitionsrücklage sich nicht auf die Beitragsgrundlage 1989 ausgewirkt habe. Sie könne deshalb bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für 1990 nicht außer Ansatz gelassen werden. Die Regelung des § 25 Abs. 2 vierter Satz GSVG könne nur im Zusammenhang mit der Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs. 5 leg. cit. gesehen werden. Die Mindestbeitragsgrundlage stelle einen vorgegebenen Mindestwert dar, der alle anderen Vorgänge im Vorfeld der Beitragsgrundlagenbildung in dem Sinn überlagere, als nach der vorgenannten Bestimmung "Auflösungsbeträge" nur dann außer Ansatz zu lassen seien, wenn die auf eine Investitionsrücklage "entfallenden Beträge ... schon einmal bei Ermittlung einer Beitragsgrundlage berücksichtigt worden" seien. Läge die Summe aus Gewerbeeinkünften und Investitionsrücklage unter dem Betrag der Mindestbeitragsgrundlage, so könne von einer entsprechenden Berücksichtigung bei Ermittlung einer Beitragsgrundlage nicht gesprochen werden. Der Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Aktualisierung des aus der Summe von Gewerbeeinkünften und Hinzurechnungsbeträgen sich ergebenden Betrages einen über der Mindestbeitragsgrundlage liegenden Betrag ergeben habe, sei entgegenzuhalten, daß die Hinzurechnung wie auch die allfällige spätere Herauslösung von Hinzurechnungsbeträgen Rechenvorgänge seien, die mit der Aktualisierung nichts zu tun hätten, sondern sich im Vorfeld der Beitragsgrundlagenbildung abspielten. Dafür spreche zum einen der Aufbau des ersten Satzes des § 25 Abs. 2 GSVG, in dem die Aktualisierung nur als letzter Rechenschritt normiert werde, und zum anderen auch der vierte Satz der genannten Bestimmung, in dem auf die Aktualisierung überhaupt nicht eingegangen werde, sondern nur von einer Berücksichtigung bei der Ermittlung einer Beitragsgrundlage im Sinne eines In-Ansatz-Bringens gesprochen werde, nicht aber von einer Auswirkung auf die Beitragsgrundlage. Hätte der Gesetzgeber auch die Aktualisierung bei der Prüfung des § 25 Abs. 2 vierter Satz GSVG berücksichtigt haben wollen, so hätte er mit Sicherheit eine andere Diktion gewählt, also nicht bloß auf die Berücksichtigung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage abgestellt, sondern auf die schließliche Auswirkung eines Hinzurechnungsbetrages bei der Beitragsgrundlagenbildung inklusive Aktualisierung. Bei der Bestimmung des § 25 Abs. 2 vierter Satz GSVG handle es sich schließlich um eine Ausnahmeregelung im Verhältnis zur grundsätzlichen Hinzurechnungsbestimmung des ersten Satzes, welche ausschließlich einschränkend zu interpretieren sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der mit "Beitragsgrundlage" überschriebene § 25 GSVG lautet in seinen für den Beschwerdefall relevanten Bestimmungen folgendermaßen:

"§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 und gemäß § 3 Abs. 3 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen; hiebei sind für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogene Einkünfte des Pflichtversicherten zugrunde zu legen ....

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

1. zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage und auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge,

2. ....

vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§ 47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre, gerundet auf volle Schilling ....

Ist die Investitionsrücklage bzw. der Investitionsfreibetrag gewinnerhöhend aufgelöst worden, so sind die darauf entfallenden Beträge, die schon einmal bei Ermittlung einer Beitragsgrundlage nach diesem Bundesgesetz berücksichtigt worden sind, im gleichen Ausmaß bei Ermittlung der Beitragsgrundlage über Antrag außer Ansatz zu lassen. ....

(3) ....

(4) ....

(5) Die Beitragsgrundlage gemäß Abs. 2 beträgt mindestens 7.335 S monatlich (Mindestbeitragsgrundlage). An die Stelle dieses Beitrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 51 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 47) vervielfachte Betrag."

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob der auf eine Investitionsrücklage entfallene Betrag in der Höhe von S 18.000,-- bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage (nämlich für das Jahr 1989) schon einmal berücksichtigt worden ist. In diesem Fall wäre die nunmehr gewinnbringend aufgelöste Investitionsrücklage gemäß § 25 Abs. 1 vierter Satz GSVG bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage (für das Jahr 1990) außer Ansatz zu lassen. Die belangte Behörde vertritt - in Übereinstimmung mit der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt - im wesentlichen die Auffassung, daß die Investitionsrücklage bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für das Jahr 1989 nicht "berücksichtigt" worden sei, da der gemäß § 25 Abs. 1 GSVG ermittelte Betrag zuzüglich des auf die Investitionsrücklage entfallenden Betrages UNTER der Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs. 5 leg. cit. gelegen sei. Die gewinnbringend aufgelöste Investitionsrücklage könne daher bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für das Jahr 1990 auch nicht außer Ansatz gelassen werden. Demgegenüber ist der Beschwerdeführer der Auffassung, daß die Investitionsrücklage bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für das Jahr 1989 berücksichtigt worden sei:

Seine Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid zuzüglich der Investitionsrücklage hätten unter Anwendung des Akualisierungsfaktors einen Betrag in der Höhe von S 98.443,-- ergeben und hätten somit die Mindestbeitragsgrundlage dieses Jahres um S 1.507,-- überstiegen.

Die Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich dabei schon deshalb als zutreffend, da nach dem klaren Wortlaut des § 25 Abs. 2 GSVG die Beitragsgrundlage der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage entfallende Betrag vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§ 47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre, besteht. Daß es sich bei der Hinzurechnung (bzw. der Verminderung) von bestimmten Beträgen um - wie die belangte Behörde meint - Rechenvorgänge handelt, die sich im Vorfeld der Beitragsgrundlagenbildung abspielten und deshalb nicht zur "Ermittlung der Beitragsgrundlage" gehörten, kann der Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz GSVG, der von einer einheitlichen Beitragsgrundlage ausgeht, nicht entnommen werden.

Da die Investitionsrücklage in der Höhe von S 18.000,-- bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für das Jahr 1989 somit berücksichtigt worden ist, war sie nach ihrer gewinnerhöhenden Auflösung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für 1990 außer Ansatz zu lassen. Der angefochtene Bescheid, der von der gegenteiligen Rechtsauffassung ausgeht, war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991080192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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