TE Vwgh Beschluss 1993/10/21 93/06/0119

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Veröffentlicht am 21.10.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §55 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, in der Beschwerdesache 1. des Helmuth Steingress in Schlitters und z. der Ilse Steingress in Schlitters, beide vertreten durch Dr. Johannes Waldbauer, Dr. Roland Paumgarten und Dr. Helmut Naschberger, Rechtsanwälte in Kufstein, Josef Eggerstraße 3, gegen die Tiroler Landesregierung, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 6.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde hat innerhalb der gesetzten Frist den Bescheid vom 27. September 1993, Zl. Vel-550-1756/13, erlassen und eine Abschrift dieses Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.

Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §5 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

Die belangte Behörde legte den nachgeholten Bescheid mit dem Bemerken vor, sie habe bis zur Zustellung der Säumnisbeschwerde von der Vorstellung der Beschwerdeführer keine Kenntnis gehabt, weil ihr diese von der Gemeinde nicht vorgelegt worden sei; es werde "daher ersucht, diesen Umstand hinsichtlich der Vorschreibung eines allfälligen Kostenersatzes" zu berücksichtigen.

Gemäß § 55 Abs. 2 VwGG ist S 55 Abs. 1 leg. cit. über die Kostenersatzpflicht der - zunächst - säumig gewordenen Behörde nicht anzuwenden, wenn die belangte Behörde Gründe nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht haben und diese Gründe von ihr dem Beschwerdeführer vor der Einbringung der Säumnisbeschwerde bekanntgegeben worden sind. Gemäß § 55 Abs. 3 leg. cit. tritt eine Kostenersatzpflicht ferner nicht ein, wenn die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden der Partei zurückzuführen war. Da die belangte Behörde ein Verschulden der Beschwerdeführer nicht behauptet, kommt die Anwendung des S 55 Abs. 3 VwGG im Beschwerdefall von vornherein nicht in Betracht. Die Anwendung des 5 55 Abs. 2 VwGG hängt jedoch u.a. davon ab, daß die Behörde die Umstände, die der fristgerechten Erledigung entgegenstehen, der Partei vor Beschwerdeeinbringung bekanntgegeben hat. Auch diese Voraussetzung kommt im Beschwerdefall nicht in Betracht, hat doch die belangte Behörde von ihrer Verpflichtung zur Entscheidung über die Vorstellung der Beschwerdeführer ihrem Vorbringen zufolge keine Kenntnis gehabt. Im Ergebnis hat es daher auch in einem solchen Fall (Nichtvorlage eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs durch die für die Einbringung zuständige Behörde) bei der Kostentragungsregel des § 55 Abs. 1 VwGG zu verbleiben.

Die belangte Behörde (bzw. deren Rechtsträger) trägt in einem solchen Fall ohne eigenes Verschulden Kosten, die durch das Fehlverhalten einer anderen Behörde (hier: auch eines anderen Rechtsträgers) verursacht wurden. Dies ist aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit unbedenklich, als der kostenpflichtige Rechtsträger zumindest im Wege der ihm obliegenden Aufsicht im Prinzip in der Lage ist, auf ein gesetzeskonformes Verhalten der (schuldtragenden) Behörde des anderen Rechtsträgers hinzuwirken. Wenn der Gesetzgeber bei einer solchen Sachlage die Kostenfolgen des Fehlverhaltens der Gemeindebehörde der Sphäre der Aufsichtsbehörde zuordnet und nicht der Sphäre der Partei, so ist dies nicht unsachlich (Art. 7 Abs. 1 B-VG).

W i e n , am 21. Oktober 1993

Schlagworte

Säumnisbeschwerde Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung Säumnisbeschwerde Entscheidung in der Sache bzw Abweisung oder Zurückweisung Vorstellung Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993060119.X00

Im RIS seit

26.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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