TE Vfgh Beschluss 1991/6/10 B1135/90

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Veröffentlicht am 10.06.1991
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG-Nov 1988 BGBl 685 ArtIX Abs2
B-VG Art117 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
Bgld GemeindeO §28
Bgld GdWO 1982 §55 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abwahl eines Bürgermeisters mangels Erschöpfung des Instanzenzuges; kein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete passive Wahlrecht des Beschwerdeführers durch die Abwahl vom Bürgermeisteramt

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, der Marktgemeinde Rechnitz zu Handen ihres Vertreters Rechtsanwalt Dr. H W die mit 15.000 S bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Rechnitz/Burgenland sprach in der Sitzung vom 23. August 1990 dem aus seiner Mitte zum Bürgermeister gewählten Gemeinderatsmitglied J S mehrheitlich das Mißtrauen aus.

1.2.1. Dagegen wendete sich J S mit seiner auf Art144 (Abs1) B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der er die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Akts begehrt.

1.2.2. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Rechnitz als belangte Behörde erstattete - unter Vorlage der Verwaltungsakten - eine Gegenschrift, in der er für die kostenpflichtige Zurückweisung, hilfsweise für die Abweisung der Beschwerde eintrat.

2. Über die Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Die §§50 ff (Bgld.) Gemeindewahlordnung 1982 (GemWO), LGBl. 27/1982 idF 43/1987, regeln die Wahl des - aus dem Bürgermeister, dem Vizebürgermeister und mindestens einem weiteren Mitglied des Gemeinderats (§17 Abs1 (Bgld.) Gemeindeordnung (GemO), LGBl. 37/1965 idF 58/1987) bestehenden - Gemeindevorstands, die dem versammelten Gemeinderat obliegt. Die näheren Vorschriften für die Wahl des Bürgermeisters finden sich im §51 Abs3 GemWO, die ergänzenden Bestimmungen über eine Abberufung (Abwahl) dieses Gemeindeorgans (aus seiner Funktion als Bürgermeister) infolge Ausspruchs des Mißtrauens durch den Gemeinderat aber im §28 GemO. Dazu sieht die GemWO (§55 Abs1) vor, daß die Wahl der Mitglieder des Gemeindevorstands - darunter fällt hier, wie der Gemeinderat der Marktgemeinde Rechnitz in seiner schriftlichen Äußerung zutreffend geltend macht, gleichermaßen die (korrespondierende) Abwahl des Bürgermeisters - binnen acht Tagen (nach der Wahl) bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde angefochten werden kann, und zwar von einem Zehntel der Mitglieder des Gemeinderats, mindestens jedoch von zwei Mitgliedern. Gegen eine Entscheidung der Bezirkswahlbehörde steht wieder innerhalb von acht Tagen die Berufung an die - endgültig befindende - Landeswahlbehörde offen (§55 Abs2 GemWO): Da dieser gesetzlich eingeräumte administrative Instanzenzug im Streitfall nicht beschritten wurde, kann die Frage, ob der Anfechtungsgegenstand überhaupt als verfahrensfreier Befehls- und Zwangsakt oder als Bescheid (iSd Art144 B-VG) zu werten sei (vgl. dazu: VfSlg. 7669/1975, 9848/1983), als unerheblich auf sich beruhen, weil die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs jedenfalls an die - nach dem Gesagten nicht erfüllte - Voraussetzung der Ausschöpfung des (administrativen) Rechtsmittelwegs geknüpft ist (Art144 B-VG idF vor der B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685/1988 iVm ArtIX Abs2 dieser B-VG-Novelle). Dies abgesehen davon, daß das verfassungsgesetzlich verbürgte passive Wahlrecht nicht das Recht einschließt, als Mitglied des Gemeinderats zum Bürgermeister gewählt zu werden und - wie es der in den Gemeinderat gewählte Beschwerdeführer anstrebt - in diesem (Bürgermeister-)Amte zu verbleiben (VfSlg. 8990/1980).

2.2. Die Beschwerde war daher allein schon wegen Nichterschöpfung des Instanzenzugs als unzulässig zurückzuweisen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Sache selbst mußte demgemäß - unerörtert - auf sich beruhen.

2.3. Der Kostenausspruch stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.

2.4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

Wahlen, Bürgermeister, Wahlrecht passives, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B1135.1990

Dokumentnummer

JFT_10089390_90B01135_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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