TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 93/01/0316

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §18 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §39a;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. März 1993, Zl. 4.337.411/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ghanesischer Staatsangehöriger, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 25. September 1992, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 3. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark angegeben, er habe in seinem Heimatland der demokratischen Bewegung "PDC" angehört, von der er zwar wüßte, daß sie sich gegen die Regierung richte, Namen könne er aber nicht nennen. Er selbst habe keine verbotenen Aktionen gegen die Regierung gesetzt und sei innerhalb der Bewegung auch nicht mit Aufgaben betraut gewesen. Allein auf Grund seiner Zugehörigkeit zu dieser Bewegung sei der Beschwerdeführer am 13. Februar 1992 von der Militärpolizei verhaftet und ins Gefängnis von K gebracht worden. Am 15. Februar 1992 sei ihm, nachdem ihm ein bestochener Gefängniswärter ein Fenster geöffnet habe, die Flucht aus dem Gefängnis gelungen. Das zunächst mit 10. Februar 1992 angegeben Datum der Ausreise nach Nigeria berichtigte der Beschwerdeführer auf 10. März 1992, wobei er auch die Angabe über das Datum seiner Festnahme zunächst auf 30. Februar 1992 und dann auf 1. März 1992 abänderte. Er sei während der Haft nicht mißhandelt worden und habe sein Heimatland lediglich wegen seiner "Scheu vor Haftstrafen" - wobei ihm unbekannt sei, wie lange er hätte "absitzen" müssen - verlassen.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer angegeben, er sei am 15. Februar 1992 der PNDC (Peoples National Democratic Convention), die gegen die Regierung Ghanas auftrete, und deren Mitglieder, weil sie als Feinde der Regierung gälten, verfolgt würden, beigetreten, sei dann am 17. Februar 1992 verhaftet worden und habe am 1. März 1992 entkommen können.

Soweit die belangte Behörde zunächst dem Vorbringen des Beschwerdeführers "eher geringere Glaubwürdigkeit" beimißt, weil der Beschwerdeführer "auf den für Schlepperorganisationen typischen Wegen und mit dem in diesen Fällen zu beobachtenden formularmäßigen Vorbringen" nach Österreich eingereist sei, ist ihr zu entgegnen, daß aus der Einreise eines Asylwerbers unter Zuhilfenahme einer "Schlepperorganisation" allein kein Schluß auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines solchen Asylwerbers gezogen werden kann. Auch kann der Inhalt des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht als "formularmäßig" bezeichnet werden.

Trotz dieser insoweit nicht schlüssigen Würdigung der Angaben des Beschwerdeführers konnte der Beschwerde aber kein Erfolg beschieden sein, weil die belangte Behörde unter Zugrundelegung des erstinstanzlichen Vorbringens des Beschwerdeführers zu Recht die Glaubhaftmachung tauglicher Gründe im Sinn des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) verneint hat. So hat die belangte Behörde aufgezeigt, daß es dem Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme nicht einmal möglich war, den Namen der von ihm ins Treffen geführten Bewegung anzugeben. Aber auch in bezug auf den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung angegebenen Namen dieser Bewegung hat die belangte Behörde schlüssig dargelegt, daß wegen der Gleichheit der Kurzbezeichnung mit jener der Regierungspartei "PNDC" (Provisional National Defence Council) die Existenz einer solchen Bewegung nicht glaubhaft sei.

Die belangte Behörde hat auch den Ausführungen des Beschwerdeführers über die ihm angeblich durch Bestechung eines Gefängniswärters geglückte Flucht entgegengehalten, daß ein solches Verhalten eines Aufsichtsorganes im Hinblick auf die diesem daraus drohenden schweren Konsequenzen unwahrscheinlich sei.

Der Beschwerdeführer ist diesen behördlichen Schlußfolgerungen in der Beschwerde nicht entgegengetreten, sondern hat sich darauf beschränkt, seine im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben zu bekräftigen. Damit ist es ihm aber nicht gelungen, die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen.

Soweit Beschwerdeführer in der Beschwerde auf die in Ghana herrschenden politischen Unruhen und auf die Verfolgung von Angehörigen regimekritischer Bewegungen durch regierungstreue Truppen verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß aus den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland eines Asylwerbers allein keine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung abgeleitet werden kann (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Wien 1990, S. 28, angeführte Judikatur).

Wenn der Beschwerdeführer in Ausführung der Verfahrensrüge nunmehr vorbringt, die belangte Behörde habe die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt, so ist ihm entgegenzuhalten, daß weder aus § 13 a AVG noch aus § 16 Asylgesetz 1991 eine Verpflichtung der Behörden abgeleitet werden kann, einen Asylwerber, der - wie der Beschwerdeführer - nur vage, unglaubwürdige und - was die Datierung von Begebenheiten anbelangt - teils sinnwidrige Angaben macht, anzuleiten, wie er seine Angaben konkret gestalten sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800-0803). Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist im Asylgesetz 1991 die Beiziehung eines Amtsdolmetschers nicht verpflichtend vorgesehen. Gemäß § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991 reicht die Beiziehung eines Dolmetschers - also auch eines solchen, der nicht die Funktion eines Amtsdolmetschers innehat - für eine dem Asylwerber ausreichend verständliche Sprache aus. Daß aber der der Vernehmung des Beschwerdeführers unbestritten beigezogene Dolmetscher etwa seine Angaben falsch oder die ihm gestellten Fragen für den Beschwerdeführer unverständlich übersetzt hätte, hat er selbst nicht behauptet.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und somit auch ohne Durchführung der beantragten Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010316.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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