TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 93/01/0556

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der L in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 1993, Zl. 4.286.602/4-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 11. Mai 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, habe sie selbst angegeben, vom 26. März 1988 bis zum 5. November 1989 legal in Ungarn gelebt zu haben und einer Beschäftigung nachgegangen zu sein.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Die Beschwerdeführerin hat - wie von der belangte Behörde unbestritten festgestellt wurde - sich mehr als eineinhalb Jahre lang in Ungarn aufgehalten, wobei sie offenbar im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung und auch einer Arbeitsbewilligung war. Daraus folgt, daß ihr Aufenthalt den ungarischen Behörden sogar bekannt und von diesen auch geduldet war, was aber im Hinblick auf die hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) gar nicht als Voraussetzung für die begründete Annahme von Verfolgungssicherheit erforderlich ist. Vielmehr ist Sicherheit vor Verfolgung schon dann anzunehmen, wenn ein Asylwerber sich in einem Land aufgehalten hat, in dem er nicht der Gefahr von Verfolgung ausgesetzt war und in dem er auch wirksamen Schutz vor Verfolgung hatte (vgl. RV 270 BlgNr 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Ungarn hat am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtung aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, hinterlegt, was gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde - das ist am 12. Juni 1989 - in Kraft getreten ist. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin, die wegen angeblicher Verfolgung in Rumänien - einem europäischen Land - ihr Heimatland verlassen hat, sich noch zu einem Zeitpunkt in Ungarn aufhielt, in dem der Beitritt dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention bereits wirksam war, sodaß sie schon in diesem Land Verfolgungssicherheit erlangt hat.

Dafür, daß diese Voraussetzungen bei der Beschwerdeführerin nicht vorgelegen wären, finden sich keine Anhaltspunkte, weil für sie Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt, in dem sie ihr Heimatland verlassen hat, spätestens aber ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Genfer Flüchtlingskonvention in Ungarn gegeben war und sie auch nicht dargetan hat, aus welchen Gründen sie gehindert gewesen wäre, bereits in Ungarn um Asyl anzusuchen.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, für Rumänen hätte in Ungarn "ein gerüttelt Maß an Unsicherheit" bestanden, ergibt sich aus diesen Angaben lediglich eine Darstellung der (angeblichen) allgemeinen Situation rumänischer Volksgruppenangehöriger in Ungarn, ohne daß aus diesen allgemeinen Verhältnissen darauf geschlossen werden könnte, daß die Beschwerdeführerin konkret hätte befürchten müssen, in ihr Heimatland abgeschoben zu werden.

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin gerügten Unterlassung einer beantragten, ergänzenden Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers ist festzuhalten, daß dieser Rüge nicht zu entnehmen ist, was die Beschwerdeführerin über ihre unbestritten gebliebene Darstellung bei ihrer erstinstanzlichen Einvernahme hinaus noch hätte vorbringen wollen. Demzufolge ist der Beschwerdeführerin die Aufzeigung eines wesentlichen Verfahrensmangels nicht gelungen (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 610 angeführte Judikatur).

Die Beschwerdeführerin verkennt auch die Grundsätze des Verfahrens über Bescheidbeschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge dem Asylantrag stattgeben oder den angefochtenen Bescheid in Richtung einer Zurückverweisung abändern. Dieses auf die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden beschränkte Verfahren läßt eine Entscheidung in der Sache selbst oder eine Zurückverweisung an eine Behörde des Verwaltungsverfahrens nicht zu.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010556.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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