TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/11 93/18/0503

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Veröffentlicht am 11.11.1993
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. September 1993, Zl. SD 385/93, betreffend Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. September 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines tunesischen Staatsangehörigen, vom 19. Jänner 1993 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 6. Februar 1992 ein bis 30. Juni 2002 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet verhängt worden sei, weil er am 19. November 1991 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden sei. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, es habe sich um eine einmalige Verfehlung gehandelt, so vermöge die belangte Behörde nicht zu erkennen, inwiefern dadurch die Voraussetzungen des § 26 FrG gegeben sein sollten. Immerhin habe sich am Vorwurf, daß der Beschwerdeführer eine Person mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zur Vornahme oder Durchführung einer geschlechtlichen Handlung genötigt habe, nichts geändert, weshalb auch weiterhin die Annahme gerechtfertigt erscheine, der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich würde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen - hier: an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der Rechte Dritter - zuwiderlaufen. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß sich der Beschwerdeführer seither (strafrechtlich) wohlverhalten habe. Daß er weiterhin eine negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung habe, zeige auch die Tatsache, daß er trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes und der Aufforderung, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche nach Eintritt der Rechtskraft zu verlassen, weiter in Österreich geblieben sei. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei daher seit 28.2.1992 gesetzwidrig. Auch aus diesem Grund komme dem Umstand, daß der Beschwerdeführer über eine Beschäftigungsbewilligung verfüge und (zu 25 %) an einem Unternehmen beteiligt sei, keine rechtliche Relevanz zu. Da somit die Voraussetzungen des § 26 FrG nicht vorlägen, sei der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

2. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff i.S. des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen anderseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0389).

3. Die Auffassung der belangten Behörde, daß sich an der Lage der öffentlichen Interessen, die seinerzeit für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestimmend waren, seit diesem Zeitpunkt nichts zugunsten des Beschwerdeführers geändert habe, begegnet keinem rechtlichen Einwand, würde doch die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers im November 1991 wegen Vergehens nach § 202 Abs. 1 StGB nach wie vor die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer rechtfertigen (§ 18 Abs. 2 Z. 1 iVm § 18 Abs. 1 FrG). Daß sich der Beschwerdeführer seit der Begehung dieser Straftat "wohlverhalten" habe, ändert nichts an dieser Beurteilung, weil, selbst wenn diese Behauptung zuträfe, davon auszugehen ist, daß die Behörde bei Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes das künftige Wohlverhalten des Betroffenen in ihre Überlegungen einbezogen und damit vorausgesetzt hat. Überdies hat die belangte Behörde das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich ungeachtet und trotz des seit ca. eineinhalb Jahren rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes gegen ihn - zutreffend - als Fehlverhalten gewertet, welches die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung (im besonderen eines geordneten Fremdenwesens) umso mehr gerechtfertigt erscheinen lasse. Auf der anderen Seite sind das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer und seine Beteiligung an einer Gesellschaft mbH nicht als relevant dergestalt zu werten, daß durch die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen würde (§ 19 FrG). Die Annahme eines solchen im Grunde des § 19 leg. cit. bedeutsamen Eingriffes verbietet sich schon im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer die genannten Tatsachen in einer Zeit, in der er um die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich wußte, geschaffen hat. Sonstige Umstände, denen aus dem Blickwinkel eines allfälligen nach § 19 FrG beachtlichen Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers Bedeutung zukäme, wurden von ihm nicht ins Treffen geführt.

Da mithin ein relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG zu verneinen ist, bedurfte es entsprechend den obigen Ausführungen (II.2.) weder einer Prüfung der Frage, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nach dieser Bestimmung dringend geboten sei, noch einer Beurteilung der Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180503.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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