TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/16 93/05/0083

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Veröffentlicht am 16.11.1993
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L80204 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauO OÖ 1976 §32 Abs1;
BauO OÖ 1976 §44;
BauRallg;
Bebauungsplan Linz NW 115/4;
B-VG Art139 Abs1;
ROG OÖ 1972 §20 Abs5;
SammelV betr Dachgeschoßausbauten Linz 1991;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des A und

2. der Firma N Ges.m.b.H., beide in X, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. August 1992, Zl. BauR - 010819/1 - 1992 Stö/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1.

N-Gesellschaft m.b.H. in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in X, 2. Landeshauptstadt Linz, vertreten

durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 22. Jänner 1992 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines unterkellerten, dreigeschoßigen Wohngebäudes mit ausgebautem Dachgeschoß und einer Tiefgarage sowie einer gasbefeuerten Zentralheizungsanlage auf den Grundstücken Nr. 324/19 und .1129, EZ. 1454 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X, erteilt. Die gegen den rechtswirksamen Bebauungsplan NW 115/4 gerichtete Einwendung des Erstbeschwerdeführers wurde als unzulässig zurückgewiesen und die Einwendung der Zweitbeschwerdeführerin, mit welcher die Nichteinhaltung der in diesem Bebauungsplan festgelegten Geschoßanzahl sowie eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belichtung ihrer Liegenschaft geltend gemacht worden ist, wurde abgewiesen.

Die dagegen eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführer wurden mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 6. Mai 1992 mit einer für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unerheblichen Änderung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Die Berufungsbehörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der rechtswirksame Bebauungsplan im Bereich des Bauplatzes die zulässige Gebäudehöhe nicht etwa durch die Ausweisung einer Hauptgesimshöhe oder Gesamthöhe des Gebäudes, sondern ausschließlich durch die Anzahl der Geschoße über dem Erdboden begrenze, weshalb ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darauf bestehe, daß die im Bebauungsplan festgelegte Anzahl der Geschoße nicht überschritten werde. Der rechtswirksame Bebauungsplan NW 115/4 in der Fassung der "Sammelverordnung betreffend Dachgeschoßausbauten" lege eine maximal dreigeschoßige Bebauung fest und erkläre darüber hinaus einen Dachgeschoßausbau für zulässig. Nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 1 dieser Verordnung führte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides weiter aus, daß sich der strittige Dachgeschoßausbau ausschließlich auf eine Gebäudeebene erstrecke und somit dem § 1 Abs. 1 der Verordnung entspreche. Laut Schnittdarstellung im Bauplan betrage das aufgehende Mauerwerk ab der Fußbodenoberkante des letzten Geschoßes bis zum Knickpunkt des Daches weniger als 1 Meter, womit auch dem Abs. 2 dieser Verordnungsstelle Rechnung getragen werde. Unter Bezugnahme auf die in der Verordnung vorgesehene Dachneigung wurde darauf hingewiesen, daß das eingereichte Projekt im Zuge des Berufungsverfahrens dahingehend geändert worden sei, daß die Dachneigung reduziert wird - ab dem aufgehenden Mauerwerk gemessen - mit 45 Grad festgelegt und in die Baupläne eingetragen worden sei, wodurch das Bauvorhaben nunmehr auch dem § 1 Abs. 3 der erwähnten Verordnung entspreche. Aus den Bauplänen gehe auch eindeutig hervor, daß die Abs. 4 und 5 des § 1 der Verordnung eingehalten werden und das Bauvorhaben auch kein unzulässiges Mansarddach aufweise, da als ein solches nur ein Dach mit gebrochener, oben flach-, unten steilgeneigter Fläche zu verstehen sei, in dessen unterem Teil Räume mit geraden Wänden eingebaut werden können (Frommhold-Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage, Seite 175), welche Eigenschaften auf das in Rede stehende Bauvorhaben nicht zutreffen. Das eingereichte Bauvorhaben entspreche sohin den Festlegungen der "Sammelverordnung bezüglich Dachgeschoßausbauten", weshalb von einem zulässigen Dachgeschoßausbau auszugehen sei und eine Verletzung des Rechtes auf Einhaltung der nach dem Bebauungsplan zulässigen Geschoßanzahl nicht vorliege.

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. August 1992 wurde den gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden seien.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 19. März 1993, Zl. B 1575/92-3, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:

Nach dem schon erwähnten, im Beschwerdefall maßgebenden Bebauungsplan NW 115/4, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 14. Oktober 1991, in Verbindung mit der "Sammelverordnung betreffend Dachgeschoßausbauten", Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 18 vom 30. September 1991, ist für den Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerberin eine maximal dreigeschoßige Bebauung sowie ein Dachgeschoßausbau zulässig. Diese Art der Festlegung der Gebäudehöhe entspricht der Bestimmung des § 20 Abs. 5 des OÖ Raumordnungsgesetzes, wonach die Höhe der Gebäude nach der Anzahl der Geschoße über dem Erdboden bzw. der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen ist. Da im § 32 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 vorgesehen ist, daß hinsichtlich der Höhe von baurechtlich bewilligungspflichtigen Gebäuden die Bestimmungen der folgenden Absätze gelten, sofern sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, ist im Beschwerdefall für die Bestimmung der Gebäudehöhe der zitierte Bebauungsplan in der Fassung der erwähnten "Sammelverordnung" maßgeblich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 92/05/0308, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Im § 1 dieser "Sammelverordnung" ist nachstehendes vorgesehen:

"1)

Zusätzlich zur Geschoßanzahl und zur Hauptgesimshöhe ist ein Dachgeschoßausbau nur in einer Ebene zulässig. Darüber hinaus ist eine Empore bis 50 Prozent der Emporenebene zulässig.

2)

Das aufgehende Mauerwerk ab der Fußbodenoberkante des letzten Geschoßes bis zum Knickpunkt des Daches darf bei Dachgeschoß- und Dachraumausbauten - innen gemessen - maximal einen Meter betragen.

3)

Die Dachneigung darf - ab dem aufgehenden Mauerwerk gemessen - max. 45 Grad betragen.

4)

Die Summe aller Dachdurchbrüche (Gaupen, Dachflächenfenster, etc.) darf die Hälfte der Fassadenbreite nicht überschreiten.

5)

Der Abstand zwischen aufgehendem Mauerwerk und dem ersten Dachdurchbruch muß mindestens einen Meter betragen.

6)

Mansarddächer sind unzulässig.

Als Dachgeschoßausbau ist ein Ausbau der Dachebene bis zu 100 Prozent der Dachflächenebene zu verstehen. Als Dachraumausbau ist ein Ausbau der Dachebene bis zu 50 Prozent der Dachflächenebene zu verstehen."

Diesen Vorschriften entspricht das - im Zuge des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Dachneigung der eben zitierten Bestimmung angepaßte - Projekt der mitbeteiligten Bauwerberin, wobei den Beschwerdeführern nicht gefolgt werden kann, daß ein - unzulässiges - Mansarddach geplant sei, weil darunter, wie schon in der wiedergegebenen Begründung des Berufungsbescheides zutreffend ausgeführt worden ist, ein Dach mit gebrochener, oben flach-, unten steilgeneigter Fläche zu verstehen ist, in dessen unterem Teil Räume mit geraden Wänden eingebaut werden können (vgl. dazu auch die Definition in dem Lexikon "DER GROSSE BROCKHAUS", wonach ein Mansarddach ein Steildach ist, dessen untere Flächen im Winkel von etwa

60 - 72 Grad, dessen obere Flächen im Winkel von etwa

30 - 36 Grad geknickt sind). Die Beschwerdeführer haben in der Beschwerde nicht aufgezeigt, inwiefern das in Rede stehende Dach diesen Voraussetzungen entsprechen sollte. Auch ein Widerspruch zu den Abs. 2 und 4 der wiedergegebenen Vorschrift läßt sich den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen nicht entnehmen.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen über die Gebäudehöhe eingehalten werden, sodaß die Beschwerdeführer in dieser Hinsicht in ihrem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht nicht verletzt werden. Auf damit im Zusammenhang stehende Präklusionsfragen braucht daher ebensowenig eingegangen zu werden, wie auf den in bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin in der Begründung des angefochtenen Bescheides besonders hervorgehobenen Umstand, daß der Nachbar nur eine Verletzung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe hinsichtlich der ihm zugewandten Gebäudefront mit Erfolg geltend machen kann.

Dem Einwand der Beschwerdeführer, die erwähnte Projektsänderung während des Berufungsverfahrens sei unzulässig, und es hätte "ein neues Verwaltungsverfahren durchgeführt werden müssen", ist zu entgegnen, daß die Grenzen der im Berufungsverfahren zulässigen Modifikation von Bauvorhaben zwar schon aus dem Grund eng zu ziehen sind, weil das Vorhaben noch dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG sein muß, daß aber ein in den Bauplänen dargestelltes konkretes Projekt dann nicht als ein anderes (aliud) zu beurteilen ist, wenn im Zuge des Berufungsverfahrens Modifikationen erfolgten, welche dem Zweck dienen, das Projekt (zur Gänze) den Bewilligungsvoraussetzungen anzupassen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0253, BauSlg. Nr. 914, sowie die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, auf Seite 545 unter Punkt 107 wiedergegebene hg. Judikatur). Die während des Berufungsverfahrens vorgenommene Projektänderung betraf lediglich eine Verminderung der Dachneigung in Form einer Verringerung des Bauvolumens, um das Bauvorhaben an die Vorschrift des § 1 Abs. 3 der erwähnten "Sammelverordnung" anzupassen. Damit wurde der Charakter (das Wesen) des Bauvorhabens nicht geändert, weshalb die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG für eine Entscheidung über das geringfügig geänderte Bauvorhaben zuständig war und nicht etwa von der Behörde erster Instanz ein neuerliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen gewesen wäre. Im übrigen wurde die erwähnte Projektänderung zum Gegenstand des Parteiengehörs gemacht, wobei die den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang übermittelte Schnittdarstellung ausgereicht hat, um ihnen eine unter dem Gesichtspunkt ihrer Nachbarrechte ausreichende Information über die Art der Änderung des Bauvorhabens zu verschaffen, zumal in den diesbezüglichen Schreiben der Berufungsbehörde ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, "daß die Dachneigung - ab dem aufgehenden Mauerwerk gemessen - mit 45 Grad festgelegt wurde". Verfahrensrechte der Beschwerdeführer wurden daher nicht verletzt.

Schließlich ist noch festzuhalten, daß die Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werden, wobei darauf hinzuweisen ist, daß auch der Verfassungsgerichtshof den im wesentlichen gleichartigen diesbezüglichen Erwägungen der Beschwerdeführer in seinem erwähnten Ablehnungsbeschluß unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

Die Beschwerdeführer sind daher durch die Abweisung ihrer Vorstellung nicht in ihren Rechten verletzt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050083.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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