TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/16 89/14/0231

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Veröffentlicht am 16.11.1993
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der G in N, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 22. August 1989, Zl. B 270-4/88, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1987 (außergewöhnliche Belastung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezahlte im Jahr 1987 an ihre beiden Töchter je ein Heiratsgut von S 90.000,-- und beantragte die Berücksichtigung dieses Aufwandes als außergewöhnliche Belastung durch Eintragung eines steuerfreien Betrages auf ihrer Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987.

Das Finanzamt stellte fest, daß die Töchter bereits in den Jahren 1977 und 1980 geheiratet hatten, und wies den Antrag ab. Die Verpflichtung zur Bezahlung eines Heiratsgutes sei in den Jahren der Eheschließung entstanden. Es sei kein triftiger Grund für die wesentlich später erfolgte Bezahlung des Heiratsgutes erkennbar. Ein zwangsläufig erwachsener Aufwand liege daher nicht vor.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Ihre beiden Töchter hätten erst im Jahr 1987 ihre Dotationsansprüche geltend gemacht. Dafür seien wirtschaftliche Gründe (Hauskauf etc.) maßgebend gewesen. Die Bezahlung des Heiratsgutes an beide Töchter sei daher zwangsläufig erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und begründete dies im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin keine triftigen Gründe dafür vorgebracht habe, daß sie ihren Töchtern erst Jahre nach deren Verehelichung ein Heiratsgut bezahlt habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt selbst fest, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf hg. Rechtsprechung stützen kann. Sie zitiert die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1989, 88/13/0157, und vom 1. März 1989, 88/13/0207, in denen der Gerichtshof ausgesprochen hat, daß das für die Berücksichtigung eines Aufwandes als außergewöhnliche Belastung erforderliche Merkmal der Zwangsläufigkeit nicht nur dem Grunde und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein muß, sondern auch bezüglich des Zeitraumes, in dem die Belastung erwachsen ist. Im zweitzitierten Erkenntnis hat der Gerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Leistung des Heiratsgutes erst rund 1 1/2 Jahre nach der Eheschließung in zeitlicher Hinsicht nicht schon deswegen zwangsläufig erfolgte, weil der Dotationsanspruch erst zu diesem späteren Zeitpunkt geltend gemacht worden sei.

Die Beschwerdeführerin wendet gegen diese Rechtsprechung ein, daß das Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung dem Betroffenen noch nicht den Eindruck vermittle, zwangsläufig eine Leistung erbringen zu müssen; dies sei erst der Fall, wenn der entsprechende Anspruch geltend gemacht wird. Sie übersieht bei diesem Argument, daß sich die Verpflichtung zur Leistung eines Heiratsgutes aus der gesetzlichen Unterhaltspflicht ableitet. Nun kann aber sicherlich nicht ernsthaft behauptet werden, die Eltern eines Kindes empfänden erst dann eine gesetzliche Verpflichtung, ihrem Kind Unterhalt zu gewähren, wenn der Unterhaltsanspruch vom Kind ausdrücklich geltend gemacht wird. Schon aus diesem Grund sieht sich der Gerichtshof nicht veranlaßt, von seiner Rechtsprechung abzurücken. Es mag zwar zutreffen, daß Eltern bisweilen aus verschiedenen Gründen ihrer Verpflichtung zur Hingabe eines Heiratsgutes nicht aus eigenem nachkommen, sondern abwarten, ob ein solches gefordert wird. Bezahlen sie erst unter diesem "Druck", dann haben sie durch ihr Verhalten selbst bewirkt, daß eine Verpflichtung, die ursächlich im Jahr der Verehelichung ihres Kindes entstanden ist, erst in einem späteren Jahr zu einem tatsächlichen Aufwand geführt hat. Von einem zwangsläufig erwachsenen Aufwand im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 kann aber nur dann gesprochen werden, wenn das Einkommen eines bestimmten Jahres, von dem die außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 1 leg. cit. abzuziehen ist, zwangsläufig mit diesem Aufwand belastet wurde.

Die Beschwerdeführerin erblickt einen Widerspruch in der hg. Rechtsprechung darin, daß der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. November 1979, 571/78, darauf hingewiesen hat, der Anspruch auf ein Heiratsgut unterliege nicht der Verjährung und selbst die Unterlassung der Geltendmachung eines solchen Anspruches durch noch so lange Zeit während des Bestandes der Ehe beinhalte grundsätzlich keinen Anspruchsverzicht, sodaß für die Eltern auch zu einem Jahre späteren Zeitpunkt die rechtliche Verpflichtung bestehe, derartige Ansprüche zu erfüllen.

Die Beschwerdeführerin verkennt, daß der Gerichtshof mit dem eben zitierten Erkenntnis nur ausgesprochen hat, daß die zivilrechtliche Verpflichtung zur Bezahlung eines Heiratsgutes auch dann weiterbesteht, wenn sie nicht zeitgerecht (im Zeitpunkt der Eheschließung) erfüllt wird. Damit ist aber nicht gesagt, daß das Einkommen eines bestimmten Jahres auch dann zwangsläufig mit dem Aufwand für die Hingabe eines Heiratsgutes belastet wird, wenn die Erfüllung dieser Verpflichtung erst in diesem Jahr erfolgt, obwohl die Verpflichtung bereits Jahre vorher entstanden ist. Vielmehr müssen in einem solchen Fall zwingende Gründe dafür vorliegen, daß die Bezahlung des Heiratsgutes erst in einer späteren Einkommensteuerperiode erfolgt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1989, 89/14/0191, vom 20. November 1990, 90/14/0236, vom 19. Dezember 1990, 90/13/0168, und vom 9. Oktober 1991, 91/13/0078). Der von der Beschwerdeführerin behauptete Widerspruch in der hg. Rechtsprechung liegt demnach nicht vor.

Die belangte Behörde hat in der Hingabe des Heiratsgutes an die Töchter der Beschwerdeführerin zu Recht deswegen keine außergewöhnliche Belastung erblickt, weil die Beschwerdeführerin keine triftigen Gründe für die verspätete Bezahlung vorgebracht hat; daß für sie nach wie vor eine rechtliche Dotationsverpflichtung bestanden hat, war, wie bereits ausgeführt, nicht allein entscheidend.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, welches Ausmaß die Dotationspflicht der Beschwerdeführerin hatte, und ob die Bezahlung aus Eigen- oder Fremdmitteln erfolgte.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1989140231.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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