TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/24 92/15/0110

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Veröffentlicht am 24.11.1993
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §125 Z1;
EStG 1988 §37 Abs2 Z3;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der aus Dipl. Ing. E und Mag. B gebildeten Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit in X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 27. April 1992, Zl. 1285-2/91, betreffend einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der Beschwerdeführerin - einer ein Architekturbüro betreibenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts - waren im Streitjahr Dipl. Ing. E. und Mag. B. je zur Hälfte als Gesellschafter beteiligt. Dipl. Ing. E. war schon seit Gründung der Gesellschaft am 1. November 1981 mit 25 % und seit 1. April 1983 mit weiteren 25 % an der Beschwerdeführerin beteiligt. Mag. B. trat erst im Jahre 1985 bei der Beschwerdeführerin als Gesellschafter ein. Während die Beschwerdeführerin zuvor ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt hatte, wurde in der Erklärung der Einkünfte für das Streitjahr (1989) ein Wechsel der Gewinnermittlungsart auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 angezeigt und ein Übergangsgewinn per 1. Jänner 1989 in Höhe von S 2,256.906,15 ausgewiesen. Unter Bedachtnahme auf den laufenden Reingewinn des Streitjahres von S 1,049.726,06 entfalle auf jeden der beiden genannten Gesellschafter ein Anteil an den Einkünften von S 1,653.316,--, bei weiterer Berücksichtigung der Pflichtbeiträge gemäß § 4 Abs.4 Z.1 EStG 1988 auf Dipl.-Ing. E. sohin ein Anteil von S 1,645.708,-- und auf Mag. B. ein Anteil von S 1,607.087,--.

Das Finanzamt stellte hierauf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Streitjahr gemäß § 188 BAO in Höhe von S 3,252.795,-- mit der in der Erklärung angegebenen Aufteilung auf die Gesellschafter fest.

In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin für den Übergangsgewinn die Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 37 Abs. 2 (Z.3) EStG (1988), weil dieser Gewinn noch aus dem Jahre 1988 herrühre.

Gegen eine in der Sache ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt, indem ausgesprochen wurde, daß von den Einkünften des Dipl.-Ing. E. ein Betrag von S 564.227,-- gemäß § 37 Abs. 2 Z.3 EStG 1988 begünstigt sei. Nach der Begründung des Bescheides sieht die belangte Behörde die siebenjährige Beibehaltefrist gemäß der eben zitierten Gesetzesstelle nur hinsichtlich der seit 1. November 1981 bestehenden 25 % - Beteiligung des Dipl.-Ing. E. an der Beschwerdeführerin, nicht aber hinsichtlich der später erworbenen Anteile dieses Gesellschafters und der Anteile des Mag. B. als erfüllt an. Daß die in Rede stehende Gesetzesstelle und nicht die eine solche Beibehaltefrist nicht vorsehende analoge Gesetzesstelle des EStG 1972 anzuwenden sei, ergebe sich daraus, daß als Übergangsstichtag der Gewinnermittlung der 1. Jänner 1989 und nicht der 31. Dezember 1988 anzusehen sei. Ein Übergang von der Einnahmenüberschußrechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich könne nämlich bei kalenderjahrweiser Gewinnermittlung immer nur zum 1. Jänner eines Jahres erfolgen.

Gegegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insoweit in ihren Rechten verletzt, "als die durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart im Kalenderjahr 1989 zu versteuernden Einkünfte (Übergangsgewinne) aus selbständiger Arbeit nicht dem ermäßigten Steuersatz für außerordentliche Einkünfte gemäß § 37 Abs. 2 Zif. 3 EStG unterzogen wurden".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 leg. cit. an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Ein solcher einheitlicher Feststellungsbescheid wirkt gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen.

Im Beschwerdefall wurde die Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerde als "Firma" bezeichnet. Da die handelsrechtlichen Voraussetzungen für die Firmenführung nach der Aktenlage nicht vorliegen, ist diese Parteienbezeichnung verfehlt. Dies ändert aber nichts daran, daß der angefochtene Bescheid als gegenüber der aus den Gesellschaftern

Dipl. Ing. E. und Mag. B. bestehenden Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit erlassen und die Beschwerde als durch diese Personenvereinigung erhoben anzusehen ist.

Über diese im Hinblick auf die oben zitierten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung von der Personenvereinigung zulässigerweise erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 Z.1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Gemäß Abs. 2 Z.3 leg.cit. gehören zu den außerordentlichen Einkünften auch die Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart entstehen, wenn der Steuerpflichtige überdies im Falle eines freiwilligen Wechsels die Gewinnermittlungsart mindestens sieben Jahre beibehalten hat.

Diese Bestimmungen finden gemäß § 125 Z.1 EStG 1988 in Fällen, in denen die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1989 Anwendung.

Soweit die Beschwerde zunächst meint, die Bestimmungen des EStG 1988 dürften auf den im Beschwerdefall erzielten Gewinn aus dem Übergang von der Einnahmenüberschußrechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich noch nicht angewendet werden, weil der Wechsel der Gewinnermittlungsart - der von ihr so verstandenen Lehre von Hofstätter - Reichel (Kommentar zum EStG 1972, TZ. 8 zu § 4 allgemein) folgend, daß dieser in der Regel nur zum ENDE des Kalenderjahres möglich sei - schon mit 31. Dezember 1988 erfolgt sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Übergangsgewinn erst in der Abgabenerklärung der Beschwerdeführerin für das Jahr 1989 ausgewiesen ist, der Wechsel der Gewinnermittlungsart also TATSÄCHLICH erst mit 1. Jänner 1989 stattgefunden hat; dies durchaus im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung, die den Wechsel der Gewinnermittlung nur zu BEGINN eines Kalenderjahres für zulässig erachtet (vgl. hiezu Doralt, Kommentar zum EStG 1988, TZ.409 zu § 4, und das hg. Erkenntnis vom 20. September 1983, Zl. 82/14/0247, mwN). Zwar sprechen Hofstätter - Reichel, a.a.O., davon, daß der Übergang von der Einnahmenüberschußrechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG in der Regel nur zum Ende des Kalenderjahres möglich sei, die nachfolgenden Ausführungen zeigen jedoch, daß es den Autoren an dieser Stelle lediglich um die Unterscheidung von Fällen ging, in denen der Übergang der Gewinnermittlungsart während eines Kalenderjahres stattfindet. Unter Bezugnahme allein auf diese Kommentarstelle kann daher der Beschwerde in dem in Rede stehenden Punkt kein Erfolg beschieden sein.

Die Beschwerde meint weiters, auch nach dem § 37 Abs. 2 Z.3 EStG 1988 gebühre für den gesamten Übergangsgewinn der ermäßigte Steuersatz. Bei konsequenter Anwendung der Bilanzbündeltheorie und Beachtung des Grundsatzes der Stetigkeit sei hinsichtlich des Beginnes der siebenjährigen Beibehaltefrist auf die Betriebseröffnung der beiden Gesellschafter Dipl.-Ing. E. und Mag. B. abzustellen, die beide bereits vor dem Jahre 1982 als (selbständige) Architekten tätig gewesen seien und beide seit Beginn ihrer Tätigkeit ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG (1972) ermittelt hätten. Nur diese Auslegung entspreche den Auslegungsgrundsätzen und angesichts der Rückwirkung der Neuregelung dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die siebenjährige Frist zur Beibehaltung der Gewinnermittlungsart nur auf die Quelle beziehen kann, in deren Rahmen solche Gewinne anfallen, bei mehreren Quellen also auf jede einzelne, für die eine unterschiedliche Gewinnermittlung in Betracht kommt. Da es sich bei der Tätigkeit des Dipl.-Ing. E. und Mag. B. innerhalb und außerhalb der Beschwerdeführerin um jeweils einer unterschiedlichen Gewinnermittlung zugängliche Aktivitäten (im Rahmen derselben Einkunftsart) handelt, kann sich die Einnahmenüberschußrechnung dieser Personen bei ihren nicht im Unternehmen der Beschwerdeführerin entfalteten Aktivitäten sohin nicht auf das in Rede stehende Fristerfordernis auswirken. Nicht von rechtlicher Bedeutung für die Beibehaltefrist war hiebei auch, daß die in Rede stehenden Gesellschafter für die im Wege der Singularsukzession erworbenen Gesellschaftsrechte kein Entgelt zu entrichten brauchten.

Von einer Rückwirkung der Bestimmung des § 37 Abs. 2 Z.3 EStG 1988 kann ferner nicht schon deshalb die Rede sein, weil in der Vorläuferbestimmung des EStG 1972 eine Beibehaltefrist nicht enthalten war. Die im Beschwerdefall anzuwendenden Gesetzesstelle erfaßt nur Fälle, in denen der Wechsel der Gewinnermittlungsart und also die Tatbestandsverwirklichung ab dem 1. Jänner 1989 eingetreten ist. Die behauptete Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liegt daher schon aus diesem Grund nicht vor.

Auch ein wesentlicher Verfahrensmangel ist nicht erkennbar, weil die von der Beschwerdeführerin vermißten Sachverhaltsfeststellungen im Beschwerdefall nicht entscheidungswesentlich waren. Da somit der angefochtene Bescheid frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992150110.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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