TE Vfgh Erkenntnis 1991/6/11 B1160/90

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Veröffentlicht am 11.06.1991
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

AVG §71 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch richtige Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags als verspätet

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Die Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK) wies - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1989 - mit Bescheid vom selben Tag eine Berufung des P F gegen den Bescheid der Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 22. August 1989 ab, mit dem seinem auf §2 Abs1 Zivildienstgesetz bezogenen Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §2 Abs1 iVm §6 Abs1 leg.cit. keine Folge gegeben worden war.

Der Bescheid der ZDOK war im wesentlichen folgendermaßen begründet:

"Der Berufungswerber ist zur mündlichen Berufungsverhandlung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Die Zivildienstoberkommission mußte daher aufgrund der Aktenlage entscheiden. Diese bietet aber keine Anhaltspunkte dafür, die schlüssige Beweiswürdigung der Zivildienstkommission in Zweifel zu ziehen, zumal auch die Berufung diesbezüglich kein entgegenstehendes, ins Gewicht fallendes Vorbringen enthält. Ausgehend vom konstatierten Sachverhalt erwies sich aber auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz als zutreffend.

Der Senat betrachtet es zur Beurteilung der Schwere und insbesondere der Glaubwürdigkeit von Gewissensgründen als notwendig, sich vom Berufungswerber unmittelbar ein Bild zu verschaffen. Da die schriftlichen Ausführungen oft nicht gänzlich frei von fremden Einflüssen sind, stellen die spontanen Antworten des Berufungswerbers auf die an ihn gestellten Fragen und das dabei zum Ausdruck kommende persönliche Verhalten die verläßlichsten Bescheinigungsmittel dar, auf die bei der Entscheidung über die Glaubhaftmachung von Gewissensgründen nicht verzichtet werden kann."

Dieser Bescheid wurde P F am 15. Februar 1990 zugestellt.

b) P F brachte am 19. Februar 1990 (Postaufgabe am selben Tag) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der vorerwähnten Berufungsverhandlung mit folgendem Vorbringen ein:

"Ich beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand/bzw. Aufhebung des Bescheides vom 7.12.1989 - Zahl 152 551/2-ZDOK/3/89 und bitte um einen nochmaligen Termin bei der Zivildienstoberkommission.

Begründung

Am 7.12.1989 - Ladung vom 27.10.1989; GZ: 152551/2/ZDOK/3/89 - verspäteten sich meine Vertrauensperson und ich um fünf Minuten, da wir im dichten Verkehr behindert wurden. Bei einer für diesen Tag normalen Verkehrslage wären wir mindestens 5 Minuten vor 14.40 Uhr anwesend gewesen. Als wir den Verhandlungsraum verspätet betraten, trafen wir noch 2 Mitglieder der Kommission an, die uns an die Geschäftsstelle verwiesen eine Zeitbestätigung ausfertigen zu lassen. Nach Erhalt dieser Bestätigung wurde mir noch empfohlen, Herrn Dr. B anzurufen, um den weiteren amtlichen Verlauf zu klären. Laut seinen Ausführungen beantrage ich somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand."

c) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung wurde von der ZDOK mit Bescheid vom 4. April 1990 gemäß §71 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen und dies folgendermaßen begründet:

"Es ist unbestritten, daß das 'Hindernis', auf das sich P F in seinem Wiedereinsetzungsantrag bezieht am 7.12.1989 (Tag der mündlichen Verhandlung) weggefallen ist. Desgleichen ist evident, daß P F seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst am 19.2.1990 zur Post gegeben hat.

Die Frist zur Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages stellt gemäß §71 Abs2 in Verbindung mit §32 Abs2 AVG 1950 einerseits auf den Tag des Wegfallens des Hindernisses und andererseits auf den Tag der Einbringung des Antrages bei der Post ab. Da bei P F das Hindernis am 7.12.1989 weggefallen ist und er seinen mit 19.2.1990 datierten Wiedereinsetzungsantrag am selben Tag also zu einem Zeitpunkt zur Post gegeben hat, als die einwöchige Frist längst abgelaufen gewesen ist, war der Wiedereinsetzungsantrag wegen Fristversäumnis zurückzuweisen."

2. Gegen den zuletzt zitierten Bescheid der ZDOK richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des

P F an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter anderem mit der Begründung beantragt wird, der Beschwerdeführer habe die Auskunft des Ministerialrates Dr. B(er gehörte der ZDOK am 7. Dezember 1989 in der Funktion des Berichterstatters an), die dieser dem Beschwerdeführer gegenüber am 7. Dezember 1989 gemacht habe, dahin mißverstanden, die Frist für die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beginne mit Zustellung des Bescheides der Zivildienstoberkommission zu laufen. Im übrigen bekämpft der Beschwerdeführer die Abweisung seines Ansuchens um Zivildienstleistung, welche aber überhaupt nicht Gegenstand des angefochtenen - ausschließlich verfahrensrechtlichen - Bescheides ist.

3. Die ZDOK als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf eine Gegenschrift, brachte jedoch ausdrücklich vor, das Mitglied der Zivildienstoberkommission Min.Rat. Dr. B habe den Beschwerdeführer lediglich auf die Möglichkeit der Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung aufmerksam gemacht. Eine unrichtige Rechtsbelehrung über die hiebei zu beachtende Frist sei nicht erfolgt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Wie sich aus dem in der Beschwerde und auch im Vorlagebericht der belangten ZDOK übereinstimmend geschilderten Verwaltungsgeschehen ergibt, hat die belangte Behörde im Ergebnis richtig entschieden:

2.a) Gemäß §71 Abs1 lita AVG 1950 ist unter anderem gegen die Versäumung einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, zur Verhandlung zu erscheinen.

Dem §71 Abs2 AVG 1950 zufolge muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach Aufhören des Hindernisses gestellt werden.

b) Im vorliegenden Fall hörte das Hindernis an dem Tag auf, als der Beschwerdeführer wußte, daß er die mündliche Verhandlung versäumt hatte, nämlich am 7. Dezember 1989. Daran vermag auch die Behauptung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, er habe aus der erteilten Rechtsmittelbelehrung "infolge eines Mißverständnisses" den Schluß gezogen, die Wiedereinsetzungsfrist beginne mit Zustellung des Bescheides der ZDOK zu laufen.

Die einwöchige Frist im Sinne des §71 Abs1 AVG 1950 begann also am 7. Dezember 1989 zu laufen und endete daher mit Ablauf des 14. Dezember 1989.

Der Wiedereinsetzungsantrag wurde aber erst am 19. Februar 1990 zur Post gegeben, also verspätet eingebracht.

c) Die ZDOK hat mit dem bekämpften Bescheid den Wiedereinsetzungsantrag somit zu Recht zurückgewiesen, also den Beschwerdeführer in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt.

Da der Verfassungsgerichtshof auch gegen die angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, wurde der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B1160.1990

Dokumentnummer

JFT_10089389_90B01160_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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