TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/26 93/01/1061

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Veröffentlicht am 26.11.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Juni 1993, Zl. 4.325.417/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der im Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Dezember 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 9. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 30. Oktober 1991 angegeben, er sei in seinem Heimatland nicht Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen, habe aber als Christ in einer Gegend gewohnt, wo sehr viele Moslems ansässig seien. Er habe nach einem durch eine Operation bedingten Krankenhausaufenthalt die Einrichtung und die Türen seiner Holzbearbeitungsfabrik, in der zwölf Personen beschäftigt gewesen seien, zerstört vorgefunden. Hinterlassene arabische Schriften hätten auf die "Metisini-Gruppe", eine fanatische Moslemgruppe, hingewiesen. Mit der in seinem Eigentum gestandenen Fabrik sei sein ganzes Vermögen und somit seine Erwerbsgrundlage zerstört worden. Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Ausreise bei Bekannten gewohnt und habe sein Heimatland deshalb verlassen, weil er von den Moslems nicht in Ruhe gelassen worden sei.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin präzisiert, daß auf die Überreste seiner Möbeltischlerei arabische Schriftzeichen geschrieben gewesen seien. Er habe in der Folge bei der Polizeistation in Okene Anzeige erstattet, doch seien die Untersuchungen ohne Erfolg geblieben. Es sei nicht selten vorgekommen - dies habe sich auch in Okene in bezug auf dem Beschwerdeführer bekannte Personen ereignet -, daß Christen von Moslems getötet worden seien. Aus Angst, daß jene Leute, die seine Tischlerei zerstört hätten, auch ihn persönlich angreifen und töten könnten, habe der Beschwerdeführer seine Heimat verlassen.

Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers zunächst deshalb keine Folge gegeben, weil aus der von ihm islamischen Aktivisten zugeschriebene Zerstörung seines Gewerbebetriebes gegen den Beschwerdeführer gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen nicht abgeleitet werden könne. Auch habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, daß die Polizei in der Angelegenheit ermittelt habe, wobei er nicht behauptet habe, diese Ermittlungen seien aus Gründen seiner religiösen Gesinnung erfolglos geblieben. Aus der Ermittlungstätigkeit der Polizei sei zu erkennen, daß diese als hoheitliches Organ gewillt gewesen sei, Verfolgung durch Privatpersonen hintanzuhalten. Dieser Argumentation der belangten Behörde ist unter Zugrundelegung des vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sachverhaltes beizupflichten, weil sich aus diesem nicht ergibt, daß es sich bei der Zerstörung seines Gewerbebetriebes um staatliches Vorgehen gehandelt hat.

Der Beschwerdeführer hat auch in der Beschwerde nichts vorgebracht, was in Richtung staatlicher oder vom Staat geduldeter Verfolgung deuten würde. Allein aus der Intensität eines Eingriffes - wie sie der Beschwerdeführer in der Beschwerde betont - kann das Vorliegen von Gründen im Sinne von § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht abgeleitet werden.

Dem Beschwerdeführer gelingt es auch nicht, die Schlüssigkeit der Argumentation der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte im Falle tatsächlicher Furcht vor Verfolgung und Tötung nicht mehr als zehn Monate mit seiner Ausreise zugewartet, dadurch zu erschüttern, daß er lediglich darauf hinweist, er habe erst bei Erlangung eines Visums ausreisen können. Diesem Vorbringen ist nicht entnehmbar, welche Hindernisse einer früheren Ausstellung des Visums entgegengestanden sind und warum der Beschwerdeführer nicht versucht hat, ohne Visum sein Heimatland zu verlassen.

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides weder die Angabe der Behörde, die den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat, noch das Datum oder die Zahl dieses Bescheides anführt. Die Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung (Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Dezember 1991, Zl. FrA-5404/91) ist aber der Begründung des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Da Spruch und Begründung insoweit eine Einheit bilden, wurde der Beschwerdeführer dadurch, daß der Gegenstand der Erledigung im Spruch des angefochtenen Bescheides mit den Worten "Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion" nur allgemein umschrieben wurde, nicht in seinen Rechten verletzt. Wie im übrigen aus der Beschwerde hervorgeht, bestand beim Beschwerdeführer auch kein Zweifel darüber, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die angeführte Berufung entschieden worden ist (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834).

Ebensowenig ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers aus dem Umstand, daß er in Wahrheit am 17. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist sei, während im angefochtenen Bescheid als Einreisedatum der 18. Oktober 1991 angeführt worden sei, inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses Bescheides abzuleiten, hat doch weder er selbst angegeben, in welcher Hinsicht er sich durch diese Diskrepanz in seinen Rechten verletzt erachtet, noch kann beim gegebenen Sachverhalt sonst ersehen werden, worin eine solche Rechtswidrigkeit bestehen sollte.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011061.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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