TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/16 93/01/1205

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Veröffentlicht am 16.12.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1993, Zl. 4.329.692/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines iranischen Staatsangehörigen, der am 15. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. November 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der - insoweit unbestritten gebliebenen - Begründung des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 25. November 1991 im wesentlichen angegeben, er hätte in seiner Heimat weder einer politischen noch einer militärischen Organisation als Mitglied angehört. Wegen seiner Zugehörigkeit zur armenischen Minderheit und seines gregorianischen Glaubensbekenntnisses sei er in seinem Heimatland "unterdrückt und beschimpft" worden. "An und für sich" sei er aus wirtschaftlichen Überlegungen geflüchtet. Nach seinem Hauptschulabschluß habe er von 1986 bis 1989 als Sandwichverkäufer in Teheran gearbeitet. Um als Armenier das Geschäft weiter führen zu dürfen, habe er den Revolutionswächtern gewisse Geldbeträge abzugeben gehabt. Da er keinen Gewinn mehr gemacht habe, habe er Ende 1989 diese Tätigkeit aufgegeben und in der Folge als Mechaniker gearbeitet.

Im Jahre 1990 habe er ein religiöses Fest gefeiert, bei dem auch Alkohol konsumiert worden sei. Er sei von den Revolutionswächtern aufgefordert worden, das Fest bzw. das Feiern einzustellen, widrigenfalls er mit seiner Verhaftung zu rechnen habe. Beim Kirchenbesuch sei er auch immer wieder belästigt worden. Aus all diesen Gründen habe er sich zur Flucht aus seinem Heimatland entschlossen.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer um nochmalige Überprüfung seines Asylantrages ersucht und bekräftigt, er habe seine Heimat aus politischen und religiösen Gründen verlassen und er würde - falls erforderlich - seine bereits ausgeführten Gründe neuerlich ausführen.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht habe entnommen werden können, daß er in seinem Heimatland Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 erlitten oder zu befürchten habe. Die von ihm geschilderten Maßnahmen könnten nämlich weder nach ihrer Intensität noch nach ihrer Qualität als Verfolgungsmaßnahmen im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung gewertet werden.

Sie ist mit ihrer Auffassung - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im Recht. Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/1041). Dabei kommt es immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers an, nicht aber bloß auf die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland (vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0734). Die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur armenischen Minderheit bzw. sein gregorianisches Glaubensbekenntnis stellen daher für sich allein noch keinen Grund für die Gewährung von Asyl dar.

Soweit der Beschwerdeführer konkrete, gegen ihn gerichtete Maßnahmen geltend macht, ist er zunächst auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen, wonach der Verlust des Arbeitsplatzes nur dann als Verfolgung zu werten ist, wenn dadurch die Lebensgrundlage massiv bedroht würde (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0786). Daß dies durch die Aufgabe des Geschäftes als Sandwichverkäufer beim Beschwerdeführer der Fall gewesen wäre - wobei die Geschäftsaufgabe fast zwei Jahre vor seiner Ausreise erfolgte und es daher auch an einem entsprechenden zeitlichen Konnex fehlte -, hat er freilich nicht dargetan, sondern vielmehr vorgebracht, er habe in der Folge als Mechaniker gearbeitet. Auch die behaupteten Einschränkungen in der Religionsausübung - wobei die Bedrohung mit Verhaftung wegen der Teilnahme an einer religiösen Feier laut Vorbringen des Beschwerdeführers "im Jahre 1990" also jedenfalls fast ein Jahr vor seiner Ausreise erfolgte und daher auch hier der erforderliche zeitliche Konnex fehlte - erreichen aus objektiver Sicht keine solche Intensität, daß dem Beschwerdeführer deshalb ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland unerträglich gewesen wäre. Nach hg. Judikatur stellt nämlich selbst der Umstand, zur Aufgabe der Kirchenbesuche gezwungen zu sein, für sich allein (noch) keinen derart gravierenden Nachteil dar, daß daraus begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1992 abgeleitet werden könnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1991, Zl. 92/01/0929). Umso weniger trifft dies daher für "Belästigungen beim Kirchenbesuch" zu.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich - unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens - geltend macht, bei seiner Einvernahme seien "nicht alle seine Angaben protokolliert" worden, "die Verständigung mit dem beigezogenen Dolmetscher sei mangelhaft" gewesen und der habe "daher" auch nicht die Möglichkeit gehabt, "allenfalls erforderliche Urkunden" zu beschaffen, um seinen Asylantrag zu begründen, so ist ihm entgegenzuhalten, daß die damit erhobenen Einwände nicht ausreichend konkret gehalten sind, um einen relevanten Verfahrensmangel darzutun. Denn weder hat der Beschwerdeführer dargestellt, welche der von ihm vorgebrachten Angaben nicht protokolliert bzw. welche Angaben aufgrund der angeblich nur mangelhaft möglichen Verständigung mit dem Dolmetscher nicht protokolliert worden seien, noch ist daraus zu ersehen, welche zur Begründung seines Asylantrages erforderlichen Urkunden ihm vorzulegen verwehrt gewesen wäre - zumal dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen ist, daß es überhaupt der Vorlage von Urkunden bedurft hätte, etwa weil dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt worden wäre.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011205.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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