TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/17 92/17/0296

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.1993
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Index

L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde 1. der M und 2. der S-GesmbH, beide in Wien und vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. September 1992, Zl. MD-VfR - R 27/92 und S 14/92, betreffend Vergnügungssteuer samt Nebenansprüchen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben der Bundeshauptstadt Wien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer Überprüfung am 15. September 1990 fand das Revisionsorgan im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin einen angemeldeten Spielapparat vor und stellte folgendes fest:

"Art: Bildschirmgerät, Type: Qbert, Bemerkungen:

Typenbezeichnung an Anmeldedurchschrift ergänzt, Bezeichnung:

"Lucky" nur auf Gehäuse."

In der am 6. März 1991 mit Frau E.S. anläßlich einer weiteren Revision aufgenommenen Niederschrift wurde vom Organwalter des Magistrates der Stadt Wien folgendes festgehalten:

"Bei der heutigen Begehung im o.a. Lokal wurden zwei Apparate festgestellt. Hiezu gibt Fr. S. folgendes an:

... Weiters ist ein USPA TV-Lucky mit der Platine "Lady Liner" seit der Anmeldung, d.i. seit ca. Mitte 9/90 im Lokal aufgestellt und wird seit diesem Zeitpunkt unverändert zum Spielen für meine Gäste zur Verfügung gehalten. Steuerausweis ist am Gerät nicht angebracht."

Diese Niederschrift wurde unter Beisetzung der Firmenstampiglie von Frau E.S. unterfertigt.

In einer am 9. April 1991 anläßlich eines Augenscheines in Anwesenheit des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin sowie von Vertretern der Abgabenbehörde erster Instanz aufgenommenen Niederschrift wurde zur Funktionsweise des Apparates TV Lucky Lady Liner folgendes festgehalten:

    "Es erscheint Herr K.R. und bietet an, das Gerät TV-Lucky

Lady Liner vorzuführen und dabei zu zeigen, wie der Spieler das

Spielergebnis beeinflussen kann. Zu diesem Zweck wird die

Werkstätte der Firma ... aufgesucht.

    Fortsetzung der Niederschrift in der Werkstätte in ...

    Das Gerät weist 7 Tasten auf:

1) Setzen Gamble                        rot

2) Nehmen                               rot

3) Halten Tief Gewinnplan               rot

4) Halten Start                         gelb

5) Halten Hoch                          rot

6) Gamble                               rot

7) Halten Start                         gelb

Funktionen der Tasten:

1)

Einsatz wählen.

2)

Wenn ein Gewinn erzielt wurde, kann dieser "genommen" werden; die Alternative wäre, mit der Taste "Gamble" diesen Gewinn wieder zu riskieren zu Gunsten einer Verdoppelungschance.

3)

Dient zum Anhalten der linken "Walzen"reihe.

4)

Dient zum Anhalten der mittleren Reihe.

5)

Dient zum Anhalten der rechten Reihe.

6)

Mit dieser Taste kann auf Verdoppelung eines erzielten Gewinnes gespielt werden.

7)

Dient zum Starten des Spieles.

Mit der 4. Taste kann auch gestartet werden.

Wenn ein Spiel gestartet wird, so bleiben alle neun Felder zu unterschiedlichen Zeitpunkten stehen. Die Reihenfolge ist so:

4  5  6     Die dabei aufgezeigten Symbole sind aber jeweils

1  2  3     unterschiedlich.

7  8  9

Obwohl die bildliche Darstellung einem Walzengerät mit neun Walzen entspricht, erscheinen die Symbole auf den neun "Walzen" nicht in einer unabänderlichen Reihenfolge, wie bei einem echten Walzengerät mit körperlichen Walzen, sondern erscheinen in einer für den Spieler nicht vorhersehbaren Reihenfolge.

Es wird bei Probedurchläufen festgestellt, daß mit den Tasten 3 bis 5 tatsächlich die senkrechten Walzenreihen zum Anhalten gebracht werden können. Wenn eine Reihe angehalten wird, so laufen die anderen Felder nach dem ursprünglichen Schema weiter und bleiben in der beschriebenen Reihenfolge stehen. Es können nach Belieben auch zwei oder alle drei Reihen angehalten werden. Es bleiben jeweils alle drei Felder einer senkrechten Reihe gleichzeitig stehen, sofern nicht ein Feld bereits früher von selbst stehengeblieben ist.

Die simulierte Drehbewegung ist zunächst so rasch, daß die einzelnen Symbole nicht einwandfrei erkennbar sind. Der Spieler hat in dieser Phase keine reelle Chance, ein bestimmtes Symbol in einem bestimmten Feld aufscheinen zu lassen. Gegen Ende der Drehbewegung wird diese wesentlich langsamer. Es wird von den Amtsorganen nicht ausgeschlossen, daß in dieser Endphase der simulierten Drehbewegung ein aufscheinendes Symbol gezielt zum Stillstand gebracht werden kann. In dieser langsamen Phase werden drei Symbole geboten.

Nach weiteren Probeläufen wird seitens der Amtsorgane jedoch festgehalten, daß nach Drücken einer Halten-Taste noch drei Symbole durchlaufen, sodaß ein am oberen Feldrand erscheinendes Symbol auch bei sofortigem Drücken der Halten-Taste erst unterhalb des unteren Feldrandes zum Stillstand kommt, also nicht in der Mitte des Feldes. Herr K.R. ist aber der Meinung, daß bei entsprechend guter Reaktion ein Anhalten eines am oberen Feldrand erscheinenden Symboles doch möglich ist.

Wenn ein "Gewinn" erzielt wird, so bietet das Gerät die Wahl zwischen Nehmen und Gamblen an (Tasten 2 und 6). Wenn sich der Spieler für Nehmen entscheidet, wird der Gewinn seinem Spielkapital zugeschlagen und er kann normal weiterspielen. Entscheidet er sich jedoch für Gamblen, erscheint ein Bild mit sechs Spielkarten und einer verdeckten Spielkarte. Der Spieler kann mit den Tasten 3 und 5 (Halten Tief und Halten Hoch) darauf spielen, ob die verdeckte Karte höher oder tiefer als 7 ist. Wenn er dies errät gewinnt er weiter, wenn er es nicht errät, verliert er die erzielten Punkte. Eine Einflußnahme auf das Ergebnis besteht bei dieser Spielart nicht.

Bei dieser Spielart wird unterhalb der Karten auf dem Bildschirm auch ein Mädchen dargestellt. Bei jeder richtigen Wahl hoch oder tief wird das Mädchen mit einem Kleidungsstück weniger dargestellt bis zur völligen Nacktheit."

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Dezember 1991 wurde der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin als Gesamtschuldnern gemäß § 6 Abs. 4 Vergnügungssteuergesetz (Wr VGSG) 1987 in der geltenden Fassung für das Halten eines Spielapparates der Type Lucky "Lady Liner", bei dem das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig ist, im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin für die Zeit von September 1990 bis Juli 1991 eine Vergnügungssteuer im Betrag von S 154.000,-- vorgeschrieben und gleichzeitig gemäß § 104 Abs. 1 WAO wegen unterlassener Anmeldung des Spielapparates ein Verspätungszuschlag von S 15.400,-- sowie gemäß §§ 164 und 166 WAO wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Vergnügungssteuer ein Säumniszuschlag von S 2.840,-- auferlegt. In der Begründung wird ausgeführt, die beschwerdeführenden Parteien hätten im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin im oben erwähnten Zeitraum einen Spielapparat der Type Lucky Lady Liner gehalten, bei dem das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei und der jedoch nicht zur Vergnügungssteuer angemeldet worden sei. Der amtlichen Aufforderung zur Anmeldung des Apparates sei nicht Folge geleistet worden, weshalb die Vergnügungssteuer bescheidmäßig hätte vorgeschrieben werden müssen. Die Dauer der Steuerpflicht beruhe auf den Angaben der beschwerdeführenden Parteien. Die Feststellung, daß das Spielergebnis vom Zufall abhängig sei, sei das Ergebnis einer Überprüfung des Apparates. Da bei dem Spielapparat der Type Lucky Lady Liner das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei, betrage die Vergnügungssteuer pro Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--, somit für den Bemessungszeitraum von September 1990 bis Juli 1991 insgesamt S 154.000,-- (S 14.000,-- x 1 Apparat x 11 Monate).

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien - soweit für das weitere Verfahren noch von Relevanz - vor, daß es sich bei der Spielplatine TV Lucky Lady Liner nicht um eine solche im Sinne des § 6 Abs. 4 Wr VGSG, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handle. Zum Beweis dieses Vorbringens legten die beschwerdeführenden Parteien eine mit 5. August 1991 datierte "Spielbeschreibung der Platine TAB Lucky Lady Liner" eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Automaten vor, deren Kernaussage wie folgt lautet: "Die Symbole kommen unterschiedlich zum Stillstand, können jedoch bei Spielbeginn gehalten werden oder sind während des Walzenlaufes mit Geschick zu stoppen". Die Überprüfung der gegenständlichen Spielplatine hinsichtlich der Spieleigenschaft und die daraus folgende Qualifizierung als steuerpflichtig im Sinne des § 6 Abs. 4 VGSG sei, wie aus dem Sachverständigengutachten ersichtlich, objektiv unrichtig. Der Erstbehörde sei das Gutachten bereits aus amtlicher Wahrnehmung im Zusammenhang mit anderen Abgabenverfahren bekannt. Dennoch halte sie an ihrer irrigen Meinung fest. Im Spielapparat sei keinesfalls für die im Bescheid angenommene Dauer die Spielplatine "TV Lucky Lady Liner" in Betrieb gewesen. Es sei auch keinesfalls richtig, daß die diesbezüglich im Bescheid angeführte Dauer auf Angaben der beschwerdeführenden Parteien beruhe. Es sei vielmehr im Apparat ein anderes Spiel zum Steuersatz von S 3.000,--/Monat in Verwendung gestanden. Es werde hiezu die Einvernahme des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin als Zeugen beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 14. Mai 1992 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung ab. Begründend heißt es in diesem Bescheid, die Berufung wende sich zunächst gegen die Einstufung des Spieles "Lady Liner" in den Steuersatz von S 14.000,-- und stütze sich dabei auf ein Sachverständigengutachten. Dieses Gutachten sei jedoch ungenügend und gehe auf wesentliche Teile des Spielablaufes nicht ein. Es vermöge damit die einheitlichen Feststellungen zahlreicher Amtsorgane - nicht nur im vorliegenden Fall, sondern auch in anderen Fällen - nicht zu erschüttern. An diesen Feststellungen habe auch der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin wesentlich mitgewirkt, weil er eine genaue Funktionsüberprüfung des Gerätes in seiner Anwesenheit ermöglicht habe. Die Abgabenbehörde habe auch in einem anderen Fall trotz dieses Gutachtens die Einstufung in den Steuersatz von S 14.000,-- bejaht. Es sei zwar richtig, daß ursprünglich ein anderes Spiel (Qbert) aufgestellt gewesen sei, das nur einem Steuersatz von S 3.000,-- unterliege. Dieses Gerät sei jedoch ausgetauscht worden. Bei Überprüfung des Spieles "Qbert" sei am Gerät ein Steuerausweis angebracht gewesen, beim Spiel "Lady Liner" sei kein Steuerausweis vorhanden. Zur Frage, ab wann das Spiel "Lady Liner" aufgestellt gewesen sei, mache die Berufung keine Angaben. Es werde lediglich bestritten, daß das Spiel die ganze im Bescheid angegebene Dauer in Betrieb gewesen sei. Antragsgemäß sei hiezu der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin als Zeuge einvernommen worden. Der Zeuge habe zu diesem Punkt keine Angabe machen können. Die Aussage sei den beschwerdeführenden Parteien zur Kenntnis gebracht worden, sie hätten jedoch die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht genützt. Die Dauer der Vorschreibung werde daher weiterhin auf die am 6. März 1991 bei der Revision niederschriftlich festgehaltenen Angabe der Zweitbeschwerdeführerin gestützt, wonach das Spiel "Lady Liner" seit ca. Mitte September 1990 im Lokal aufgestellt gewesen sei.

Die beschwerdeführenden Parteien beantragten, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Die beschwerdeführenden Parteien brachten im Vorlageantrag vor, nach dem bisher einzig vorliegenden Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen handle es sich bei dem Spiel "Lady Liner" um ein Geschicklichkeitsspiel. Es sei unrichtig, daß seit Mitte September 1990 das Spiel "Lady Liner" im Lokal aufgestellt gewesen sei. Lediglich aus dem Umstand, daß der Behörde im März 1991 bekannt geworden sei, daß der am 10. September 1990 in der Steuerkategorie von S 3.000,--/Monat angemeldete Apparat nicht mehr gehalten werde, folgere diese, ab September 1990 sei ein Apparat "Lady Liner" aufgestellt gewesen. Dies obwohl aktenkundig sei, daß bei einer Revision am 15. September 1990 vom Revisionsbeamten der Anmeldung entsprechend die Platinenbezeichnung "Qbert" ergänzt und erst im März 1991 angeblich ein TV-Gerät "Lady Liner" vorgefunden worden sei. Im übrigen werde darauf verwiesen, daß eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach den einschlägigen Vorschriften durch Geschäftsführer oder Prokuristen vertreten werde und nur eine Erklärung solcher Organe für die Gesellschaft wirke.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es habe in Anwesenheit des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und von Vertretern der Abgabenbehörde erster Instanz eine Augenscheinsverhandlung über die Funktionsweise des Apparats "TV Lucky Lady Liner" am 9. April 1991 stattgefunden und es seien die in der darüber aufgenommenen Niederschrift enthaltenen (im Sachverhalt bereits wiedergegebenen) Feststellungen getroffen worden. Gegen diese Feststellungen sei kein stichhältiger Einwand erhoben worden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten nicht behauptet, daß gegenüber den vorangegangenen Verfahren eine Änderung des Spielablaufes erfolgt sei, zumal auch die beschwerdeführenden Parteien sich auf ein "Gutachten" vom 5. August 1991 stützten, das allgemein Geräte des Types "Lady Liner" betreffe. Unter Zugrundelegung der getroffenen Feststellungen sei evident, daß das Spielergebnis bei den Spielapparaten TV Lucky Lady Liner vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Es stehe fest, daß die Symbole auf den "Walzen" nicht in einer unabänderlichen, sondern in einer für den Spieler nicht vorhersehbaren Reihenfolge erschienen. Deshalb sei es für den Spieler auch in der langsameren Endphase nicht möglich, eine bestimmte Kombination ohne Zufallskomponente zu steuern. Ein Voraussehen der angebotenen Symbole sei selbst dem reaktionsstarken Spieler nicht möglich, sodaß das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Dazu komme, daß selbst nach Darstellung des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin nur bei entsprechend guter Reaktion ein vom Spieler gesteuertes Anhalten eines Symboles möglich sei. Es stehe somit fest, daß ein Durchschnittsspieler dieses Ziel nicht erreichen könne. Für die beschwerdeführenden Parteien sei unter diesem Gesichtspunkt nichts zu gewinnen, weil bei Beurteilung eines Apparates nicht auf den überdurchschnittlich reaktionsschnellen Spieler, sondern auf den Durchschnittsspieler abzustellen sei. Selbst wenn man den Berufungsausführungen in diesem Punkt folgen würde, ergebe sich die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 4 Wr VGSG zweifelsfrei daraus, daß das Spiel in Form eines Kartenspieles fortgesetzt werden könne. Hierbei stehe unstrittig fest, daß eine Einflußnahme auf das Ergebnis nicht bestehe, weil ein Berechnen, ob die verdeckte Karte "höher oder tiefer als 7" sei, nicht möglich sei. Die beschwerdeführenden Parteien hätten zu dieser Frage auch kein konkretes Vorbringen erstattet. Das vorgelegte "Gutachten" sei ohne Beweiswert, weil es keine konkret belegten Feststellungen enthalte. Insbesondere fehle jede Aussage, wieviel Zeit zwischen dem Drücken der Taste durch den Spieler und dem Anhalten des Symbols vergehe. Es enthalte auch nicht die Feststellung, daß der Spieler in der Lage sei, durch sein Handeln einen bestimmten, von ihm von vornherein festgelegten Erfolg zu erreichen. Das "Gutachten" gehe außerdem auf die zweite Spielphase (Kartenspiel) nicht ein, sodaß es unvollständig und damit ohne Aussagekraft für das gegenständliche Verfahren sei. Da somit das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei, betrage die Steuer nach § 6 Abs. 4 VGSG je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--. Strittig sei weiters, seit wann eine Steuerpflicht für den Apparat der Type TV Lucky Lady Liner bestehe. Bei einer Kontrolle am 6. März 1991 habe ein Revisionsorgan festgestellt, daß ein Apparat der Type TV Lucky Lady Liner im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin betriebsbereit gehalten worden sei. Else S (laut Niederschrift vom 6. März 1991 "Inhaberin") habe bei der im Zuge der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift zu Protokoll gegeben:

"Weiters ist ein USPA TV-Lucky mit der Platine "Lady Liner" seit der Anmeldung, d.i. seit ca. Mitte 9/90 im Lokal aufgestellt und wird seit diesem Zeitpunkt unverändert zum Spielen für meine Gäste zur Verfügung gehalten. Steuerausweis ist am Gerät nicht angebracht."

Die beschwerdeführenden Parteien hätten zwar im Zuge des Verfahrens bestritten, daß der Apparat seit September 1990 im Betrieb gehalten werde. Sie seien jedoch nicht in der Lage gewesen, konkret anzugeben, seit wann der Apparat tatsächlich gehalten werde. Der namhaft gemachte Zeuge (Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin) habe am 12. Feber 1992 zugeben müssen, daß er nicht wisse, seit wann das Gerät aufgestellt gewesen sei und er in den Unterlagen nichts darüber gefunden habe. Es bestehe somit kein Anhaltspunkt dafür, daß sich die bei der Kontrolle anwesende Vertreterin der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Auskunft geirrt hätte. Hätte tatsächlich kurz vorher ein Platinentausch stattgefunden, wäre ihr dieser sicherlich noch in Erinnerung gewesen. Offenkundig hätten die beschwerdeführenden Parteien in Kenntnis der Kontrolle vom 15. September 1990, die keine Beanstandung ergeben habe, gerechnet, daß eine weitere Kontrolle nicht so bald stattfinden werde und die Platine getauscht.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, B 1806/92-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die beschwerdeführenden Parteien aus der Beschwerdeschrift erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Ihrem gesamten Vorbringen nach erachten sie sich in ihrem Recht auf Nichterhebung der Vergnügungssteuer betreffend den in Rede stehenden Apparat verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des VGSG 1987, LGBl. für Wien Nr. 43/1987 in den Fassungen LGBl. Nr. 40/1988 und Nr. 3/1990 lauten:

"Steuergegenstand

§ 1. (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

...

3. Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 6);

...

Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten

§ 6. (1) Für das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- und ähnlichen Apparaten, wie zB Flipper, Schießapparate, Kegelautomaten, Spielapparate mit Bildschirmen, Fußballspiel- und Hockeyautomaten und Guckkasten, beträgt die Steuer je nach Apparat und begonnenem Kalendermonat 1 500 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach den Abs. 2 bis 4 zutreffen. ...

(2) ...

(3) Für das Halten von Apparaten, bei denen ein Spielergebnis angezeigt wird, ausgenommen Fußballspiel- und Hockeyautomaten, beträgt die Steuer je Apparat und angefangenem Kalendermonat 3 000 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach Abs. 4 zutreffen.

(4) Für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 14 000 S.

(5) Für das Halten von Musikautomaten (Musikboxen) beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 600 S.

(6) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat von dem Steuerpflichtigen nicht mehr gehalten wird.

(7) Wird ein angemeldeter Apparat innerhalb eines Kalendermonates gegen einen gleich oder niedriger besteuerten Apparat getauscht, so entsteht die Steuerpflicht für den neuen Apparat erst ab dem folgenden Kalendermonat, wenn die Anmeldung des neuen Apparates rechtzeitig (§ 14 Abs. 2) und spätestens gleichzeitig auch die Abmeldung des alten Apparates erfolgt.

(8) ...

(9) ...

...

Steuerpflicht und Haftung

§ 13. (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z. 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Mitunternehmer.

...

Anmeldung, Eintrittskarten und Sicherheitsleistung

§ 14. ...

(2) Das Halten von Apparaten (§ 6) ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung haben alle Mitunternehmer (§ 13 Abs. 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlung zu leisten hat.

...

Festsetzung und Fälligkeit der Steuerschuld

§ 17. ...

(3) Die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) gilt als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. ... Die Steuer ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. ..."

Im Beschwerdefall ist strittig, ob bei dem Spielapparat TV Lucky Lady Liner das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig ist oder nicht. Vorwiegend vom Zufall abhängig bedeutet, daß nicht nur (ausschließlich) Zufallskomponenten maßgebend sind, sondern auch der Spieler in der Lage ist, das Spiel in einem bestimmten Ausmaß zu beeinflussen, wobei aber das Spielergebnis "hauptsächlich, in erster Linie, ganz besonders, zum größten Teil" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden) vom Zufall abhängt.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nach durchgeführten Ermittlungen den in Rede stehenden Spielapparat eingehend beschrieben sowie die Möglichkeiten eines Spielers bei der Bedienung dieses Gerätes aufgezeigt und ist dabei zu der nicht unschlüssigen Feststellung gelangt, daß bei dieser Art von Spielapparaten das Spielergebnis VORWIEGEND vom Zufall abhängig ist.

Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte "Spielbeschreibung" vom 5. August 1991 enthält keine Aussage zu der entscheidungswesentlichen Frage, ob das Spielergebnis vom Zufall abhängig ist oder nicht, sodaß diese Spielbeschreibung die von der Behörde getroffenen Feststellungen nicht zu entkräften vermag. Die Behörde war bei dieser Sachlage nicht verhalten, über die von ihr getroffenen Feststellungen hinaus weitere Sachverhaltsermittlungen durchzuführen oder ein Sachverständigengutachten einzuholen. Wenn die belangte Behörde daher die Steuervorschreibung auf § 6 Abs. 4 Wr VGSG stützt, hat sie den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet.

Mit der Behauptung, die belangte Behörde gehe unrichtig davon aus, daß der Apparat TV Lucky Lady Liner bereits seit September 1990 mit der Platine "Lady Liner" im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellt gewesen sei, bekämpfen die beschwerdeführenden Parteien die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Die freie Beweiswürdigung der belangten Behörde unterliegt nur insoweit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, als der Verwaltungsgerichtshof überprüft, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind; schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, d.h. ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich der Überprüfung durch den Gerichtshof (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1991, Zl. 88/17/0108).

Da der Verwaltungsgerichtshof weder aus den Beschwerdeausführungen noch nach der Aktenlage finden konnte, daß der Sachverhalt unzureichend erhoben worden ist, eine unschlüssige Beweiswürdigung gegeben sei oder eine Aktenwidrigkeit - die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Kontrolle am 15. September 1990 keine Beanstandung ergeben habe - vorliegt, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von der Steuerpflicht vom September 1990 bis Juli 1991 ausgegangen ist.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien schließlich unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/17/0068, die Ansicht vertreten, bei der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides habe die belangte Behörde gegen Zuständigkeitsvorschriften verstoßen, verkennen sie, daß im vorliegenden Fall - anders als im Falle des zitierten Erkenntnisses - der Vorsitzende der belangten Kollegialbehörde den angefochtenen Bescheid unterfertigt hat

(vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1993, Zl. 91/17/0125).

Keine Ausführungen enthält die Beschwerde über die Vorschreibung des Verspätungs- und des Säumniszuschlages.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die beschwerdeführenden Parteien in ihren Rechten nicht verletzt worden sind. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Sachverhalt Beweiswürdigung Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992170296.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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