TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/22 91/13/0011

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Veröffentlicht am 22.12.1993
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §21;
BAO §22;
EStG 1972 §27 Abs2 Z1;
EStG 1972 §27;
KStG 1966 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des H in Z, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld, Berufungssenat VIII, vom 19. 11. 1990, GZ. 6/4-4258/88-05, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1978 bis 1985 und Vermögensteuer zum 1. Jänner 1983 und 1. Jänner 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1985 und hinsichtlich Vermögensteuer zum 1. Jänner 1983 und 1. Jänner 1984 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb im Jahre 1978 zehn Aktien der im liechtensteinischen Handelsregister eingetragenen S. Company Limited (im folgenden: S.) über ein Nominale von 5.000,-- US-$ pro Aktie. Der Beschwerdeführer erhielt in den Streitjahren Zahlungen der S.; er vertrat hinsichtlich dieser Zahlungen den Standpunkt, daß es sich dabei um Rückzahlungen des hingegebenen Kapitals handelte.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde vom Prüfer festgestellt, daß die S. ihr gesamtes Kapital an die B.-Gas N.V. als Darlehen hingegeben habe, die ihrerseits wiederum an anderen Unternehmungen in den Vereinigten Staaten von Amerika wie z.B. bei der W. Drilling Engineering beteiligt sei. In den der Aktivseite der Bilanzen der S. seien "Aktionärsdarlehen" ausgewiesen. Nach den Erläuterungen in den Bilanzen handle es sich dabei um Rückzahlungen der Beteiligung W./B.-Gas an die Aktionäre. Nach Rückfluß des gesamten investierten Kapitals werde dieser Darlehensposten mit dem Aktienkapital verrechnet. Im Jahre 1982 sei das Aktienkapital auf die Hälfte des Nennwertes herabgesetzt worden (pro Aktie US-$ 2.500,--). 1986 wurde das Aktienkapital neuerlich und zwar auf US-$ 100,-- je Aktie herabgesetzt. Die Herabsetzung sei durch Verrechnung mit dem Aktionärsdarlehen erfolgt. Der Prüfer folgerte aus den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen, daß der Beschwerdeführer unter Außerachtlassung der für steuerliche Zwecke zwischengeschalteten Unternehmungen eine Beteiligung in Form einer echten stillen Gesellschaft direkt mit der jeweiligen Erdöl- und Erdgas-Bohrgesellschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika erworben hat. Die erfolgten Zahlungen wurden daher als Erträge aus der stillen Gesellschaft gewertet und als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ dementsprechende Abgabenbescheide.

In der Berufung gegen diese Bescheide wurde eingewendet, daß es sich bei den Zahlungen der S. tatsächlich um Kapitalstilgungen gehandelt habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat dabei die Ansicht, daß es sich bei der S. um eine reine Sitzgesellschaft gehandelt habe. Sitzgesellschaften in Liechtenstein würden häufig dazu vorgeschoben, eine Gewinnverschleierung bzw. Gewinnverschiebung ins Ausland herbeizuführen. Auffällig sei, daß der offiziell festgelegte Zweck der Gesellschaft, nämlich die Beteiligung an der Aufschließung von Gasvorkommen in Amerika, nicht etwa durch eine Kapitalbeteiligung an den dortigen Bohrgesellschaften, sondern durch Hingabe eines Darlehens erreicht werden sollte. Dazu fänden sich in den der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen keine Anhaltspunkte, daß für das hingegebene Kapital Zinsen vereinbart worden wären. Es seien auch in den Gewinn- und Verlustrechnungen keine derartigen Erträge verzeichnet. Auch über eine etwaige Sicherstellung des hingegebenen Dollarbetrages werde nichts berichtet. Es könne daher ausgeschlossen werden, daß die vom Beschwerdeführer und der S. behauptete Rechtsform das wahre Erscheinungsbild der Geschäftsvorgänge darstelle. Es könne mit Sicherheit ein verdecktes Geschäft angenommen werden. Im Jahresbericht 1985 der S. werde von einer "Beteiligung" gesprochen. In den der Abgabenbehörde vorliegenden Kontoauszügen des Beschwerdeführers seien die Zahlungen der S. als "Ausschüttungen" bezeichnet worden. Alle diese Indizien (keine Zinsen, ertragsabhängige Rückzahlungen, keine Sicherheiten, Bezeichnungen) ergäben nur dann einen Sinn, wenn man eine Beteiligung an der B-Gas annehme. Die belangte Behörde betrachtete daher die gegenständlichen Rückflüsse als Kapitalerträge. Es lägen der belangten Behörde auch Dokumente vor, welche belegten, daß sich die das Finanzierungsmodell anbietende liechtensteinische Treuhandgesellschaft auch anderer liechtensteinischer Sitzgesellschaften zwecks Investierung in amerikanische Gasvorkommen bediente. Die Verträge und die rechtliche Abwicklung seien nach denselben Mustern wie im gegenständlichen Fall erstellt worden. Auch daraus sei zu folgern, daß im vorliegenden Fall genau vorbereitete und durchkalkulierte Programme zur Steuervermeidung abgelaufen seien. In vermögensteuerlicher Sicht sei angesichts der Einschätzung der Zahlungen an den Beschwerdeführer als Ausschüttungen seiner Kapitalbeteiligung dem Prüfer in der Auffassung zu folgen, daß die Aktien mit dem Nominale von US-$ 50.000,-- zu bewerten seien. Für die Stichtage 1. Jänner 1983 und 1984 sei das Aktienpaket wie zu den vorhergehenden Stichtagen zu bewerten, weil die behaupteten Kapitalherabsetzungen einen Mißbrauch darstellten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der dem Beschwerdefall zugrunde liegende Sachverhalt gleicht in seinen wesentlichen Punkten demjenigen, über den mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. August 1993, 91/13/0005, entschieden worden ist. Auch der vorliegende Beschwerdefall ist nicht anders zu beurteilen. So ist auch hier für die belangte Behörde für die Frage nach dem Rechtsgrund der dem Beschwerdeführer von der S. zugeflossenen Zahlungen nichts daraus zu gewinnen, daß sie eine Kapitalbeteiligung der S. an ihren überseeischen Partnerunternehmen angenommen hat. Aus den im genannten Erkenntnis angeführten Gründen kann im vorliegenden Beschwerdefall der Beweiswürdigung, wonach die belangte Behörde den nach dem Kapitalherabsetzungsbeschluß der S. (gleichfalls) vom 25. Juni 1982 erfolgten Zahlungen den Rechtsgrund der Rückgewähr des angelegten Kapitals absprach, nicht gefolgt werden.

Hingegen war die belangte Behörde im Recht, wenn sie die dem Beschwerdeführer vor Fassung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses zugeflossenen Zahlungen weder als Rückgewähr von Einlagen noch als Darlehen, sondern als Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 angesehen hat. Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, daß erst Bezüge, die nach völliger Abdeckung des Vermögensstamms zufließen, Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen könnten, ist im Gesetz nicht gedeckt.

Die von der belangten Behörde für Zwecke der Vermögensteuer vorgenommene Bewertung der in Rede stehenden Aktien zu den - nach der Kapitalherabsetzung liegenden - Stichtagen 1. Jänner 1983 und 1984 mit dem Nominalbetrag erscheint aus den Gründen des angeführten Erkenntnisses nicht schlüssig begründet.

Soweit im angefochtenen Bescheid über Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1985 sowie über Vermögensteuer zum 1. Jänner 1983 und 1984 abgesprochen worden ist, hat die Behörde somit durch ihre nicht schlüssige Beweiswürdigung Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können; der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. In dem danach pauschalierten Schriftsatzaufwand ist dabei die Umsatzsteuer bereits enthalten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991130011.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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