TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/18 93/07/0125

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Veröffentlicht am 18.01.1994
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Index

L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;
L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
30/01 Finanzverfassung;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §1480;
FlVfGG §8 Abs2;
FlVfGG §8;
FlVfLG OÖ 1979 §17 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §7 Abs2;
FlVfLG OÖ 1979 §7 Abs3;
FlVfLG OÖ 1979 §8 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §9 Abs1 lita;
F-VG 1948 §5;
LAO OÖ 1984 §1 Abs1 litb;
LAO OÖ 1984 §1;
LAO OÖ 1984 §183;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Juni 1993, Zl. Bod-4496/3-1993, betreffend Vorschreibung von Kosten gemeinsamer Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Im Zuge von Entwässerungsmaßnahmen im Zusammenlegungsgebiet wurde u.a. auch auf einem nunmehr im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstück im Jahre 1984 eine Drainage durchgeführt und die dafür erwachsenen Kosten von der Zusammenlegungsgemeinschaft G. beglichen.

Mit Bescheid vom 8. Juli 1992 stellte die Agrarbezirksbehörde Linz fest, daß der von der Zusammenlegungsgemeinschaft G. dem Beschwerdeführer vorgeschriebene restliche Beitrag für die Kosten der Entwässerung im Zusammenlegungsgebiet in der Höhe von S 5.938,81 zu Recht bestehe, und verpflichtete den Beschwerdeführer, den genannten Betrag binnen zwei Wochen nach Bescheidzustellung an die Zusammenlegungsgemeinschaft zu bezahlen.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer weder die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten, noch die Höhe des ihm in Rechnung gestellten Betrages, sondern wendete ein, daß der gegen ihn erhobene Anspruch verjährt sei. Das

O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 (O.ö. FLG 1979) enthalte keine ausdrückliche Verjährungsbestimmung, nach der O.ö. Landesabgabenordnung (O.ö. LAO) betrage die Verjährungsfrist fünf Jahre; wende man die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes an, dann sei von einer dreijährigen Verjährungsfrist auszugehen. Da verjährungshemmende Mahnungen nicht ergangen seien, stünde der erst im Jahre 1992 erfolgten Vorschreibung der Kosten für die schon im Jahre 1984 durchgeführten Maßnahmen die Verjährung des erhobenen Anspruches entgegen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 1 AgrVG 1950 sowie den §§ 7 Abs. 2, 10 Abs. 1 und 17 Abs. 1 O.ö. FLG 1979 als unbegründet ab. Interessentenbeiträge für die Kosten von Entwässerungsanlagen könnten nicht als Abgaben qualifiziert werden, führte die belangte Behörde begründend aus, weshalb der Beschwerdeführer sich nicht auf die fünfjährige Verjährungsfrist der O.ö. LAO berufen könne. Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Verjährung ließen sich aber nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen, weil es sich bei der Verjährung um keine allgemeine, der gesamten österreichischen Rechtsordnung zugehörige Einrichtung handle, sodaß auf die Verjährungsvorschriften des bürgerlichen Rechtes nur dann ergänzungsweise zurückgegriffen werden könnte, wenn in Vorschriften des öffentlichen Rechtes Verjährungsbestimmungen ausdrücklich enthalten wären. Öffentlich-rechtliche Ansprüche verjährten nur dann, wenn dies ein Gesetz ausdrücklich vorsehe, was für den vom Streit betroffenen Anspruch nicht zutreffe.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, es aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt eine unrichtige Lösung der Rechtsfrage durch die belangte Behörde darin, daß diese die Anwendbarkeit der Verjährungsbestimmungen der O.ö. LAO im Beschwerdefall in Verkennung ihres sich aus ihrem § 1 ergebenden Anwendungsbereiches verneint habe. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diesen Standpunkt nicht.

Die Bestimmung des § 1 O.ö. LAO hat in ihrem, vom Beschwerdeführer inhaltlich angesprochenen ersten Absatz folgenden Wortlaut:

"(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten in Angelegenheiten

a) der nicht bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben des Landes und der Gemeinden, mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeverwaltung,

b) der nicht bundesrechtlich geregelten Beiträge an öffentliche Fonds oder an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht Gebietskörperschaften sind,

soweit diese Abgaben und Beiträge von Organen des Landes, der Gemeindeverbände oder der Gemeinden zu verwalten sind."

§ 17 Abs. 1 O.ö. FLG 1979 hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die anderweitig nicht gedeckten Kosten für gemeinsame Maßnahmen und Anlagen sind mangels eines Übereinkommens von den Eigentümern der der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücke nach Maßgabe des Wertes ihrer Grundabfindungen und des sonstigen Vorteiles aus der Zusammenlegung bzw. aus den gemeinsamen Maßnahmen oder Anlagen zu tragen. Die Kostenumlegung kann für Teile eines Zusammenlegungsgebietes gesondert erfolgen, wenn - insbesondere auf Grund der Gelände-, Verkehrs- oder Besitzverhältnisse - für solche Gebietsteile ein besonderer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, der in bezug auf das übrige Gebiet fehlt. Über Antrag der Zusammenlegungsgemeinschaft hat die Agrarbehörde die Kostenanteile zu errechnen und den Parteien mit Bescheid vorzuschreiben."

Der zutreffenden Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die den Eigentümern der der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücke vorgeschriebenen Kostenanteile nicht als Abgaben im Sinne des § 1 O.ö. LAO qualifiziert werden könnten, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Er meint aber unter inhaltlicher Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 lit. b O.ö. LAO, daß die vorgeschriebenen Kosten als Beiträge an Körperschaften des öffentlichen Rechts anzusehen und deshalb dem Anwendungsbereich der O.ö. LAO zu unterstellen wären. Daran ist richtig, daß die Zusammenlegungsgemeinschaft kraft Gesetzes (§ 7 Abs. 1 O.ö. FLG 1979) eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist. Ob die dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Kosten als Beiträge im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. b O.ö. LAO beurteilt werden könnten, stehe dahin. Es wäre für den vom Beschwerdeführer eingenommenen Standpunkt der Anwendbarkeit der O.ö. LAO auf den ihm vorgeschriebenen Kostenersatz aus dessen Qualifizierbarkeit als Beitrag im Sinne der angeführten Bestimmung nämlich deswegen nichts zu gewinnen, weil es jedenfalls am Tatbestandselement der Verwaltung der gegebenenfalls als Beiträge zu qualifizierenden Gelder durch die im § 1 Abs. 1 O.ö. LAO genannten Organe fehlte.

Gemäß § 7 Abs. 2 O.ö. FLG 1979 hat die Zusammenlegungsgemeinschaft die gemeinschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen, die Agrarbehörde bei der Neuordnung des Zusammenlegungsgebietes und in wirtschaftlichen Fragen zu beraten sowie im Auftrag und unter Aufsicht der Agrarbehörde die Maßnahmen durchzuführen, die sich aus der Zusammenlegung ergeben. Sie hat insbesondere die erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen zu leisten und auf ihre Mitglieder umzulegen. Nach dem zweiten Satz des dritten Absatzes des genannten Paragraphen können im erforderlichen Ausmaß, solange der Umlegungsschlüssel noch nicht endgültig festgesetzt ist, von den Mitgliedern Vorschüsse auf die zu erbringenden Geldleistungen eingehoben werden. Gemäß § 8 Abs. 1 des O.ö. FLG 1979 sind Organe der Zusammenlegungsgemeinschaft der Ausschuß und der Obmann. Über die Frage, wem die Verwaltung der von der Zusammenlegungsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 zweiter Satz O.ö. FLG 1979 und nach § 17 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. vereinnahmten Gelder zukommt, enthält das zitierte Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Da es zu den gesetzlich definierten Aufgaben der Zusammenlegungsgemeinschaft gehört, u.a. auch die erforderlichen Geldaufwendungen zu leisten und auf ihre Mitglieder umzulegen, muß die Aufgabe einer Verwaltung der vereinnahmten Gelder dem Agendenkreis des Ausschusses zugezählt werden, weil diesem gemäß § 9 Abs. 1 lit. a O.ö. FLG 1979 die Beschlußfassung in allen Angelegenheiten obliegt, die der Zusammenlegungsgemeinschaft zur Besorgung zugewiesen sind.

Der Ausschuß der Zusammenlegungsgemeinschaft ist aber kein Organ des Landes, eines Gemeindeverbandes oder einer Gemeinde im Sinne des § 1 Abs. 1 O.ö. LAO. Dieser Ausschuß ist vielmehr nach dem oben wiedergegebenen Inhalt der Bestimmung des § 8 Abs. 1 O.ö. FLG 1979 ein Organ der Zusammenlegungsgemeinschaft selbst, die als juristische Person des öffentlichen Rechtes nur durch Organe handeln und ihrerseits die im § 1 Abs. 1 O.ö. LAO geforderte Bedingung der Verwaltung eingenommener Gelder als Organ - etwa des Landes - insoweit schon rein begrifflich nicht erfüllen kann. Fordert die O.ö. LAO für ihre Anwendbarkeit die Verwaltung der einem öffentlich-rechtlichen Rechtsträger zufließenden "Beiträge" durch Organe des Landes, der Gemeindeverbände oder der Gemeinden, dann kann dieses Tatbestandsmerkmal der Anwendbarkeit der O.ö. LAO durch die organschaftliche Selbstverwaltung eingehobener Gelder durch den empfangsberechtigten Rechtsträger nicht als erfüllt gelten.

In der Ablehnung der Anwendbarkeit der Verjährungsbestimmungen der O.ö. LAO auf die vom Beschwerdeführer eingehobenen Kostenbeiträge ist der belangten Behörde somit kein Rechtsirrtum unterlaufen. Gegen die von der belangten Behörde unter Hinweis auf die im angefochtenen Erkenntnis angeführten Nachweise mit Recht verneinte Heranziehbarkeit der Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes auf die im Beschwerdefall vorgeschriebenen Kosten trägt der Beschwerdeführer kein Sachargument vor.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993070125.X00

Im RIS seit

15.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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