TE Vfgh Erkenntnis 1991/9/30 B454/91

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art15 Abs1
StGG Art5
Vlbg GVG §5 Abs2 litb
Vlbg GVG §5 Abs2 litc
Vlbg GVG §18 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der Genehmigung eines Ausländergrunderwerbs von einem ausländischen Verkäufer aufgrund der hohen Quote ausländischer Grundbesitzer und eines inländischen Kaufinteressenten; keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die Regelung der Auswirkungen der Nichtgenehmigung eines Rechtsgeschäftes durch das Land

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer - ein deutscher Staatsangehöriger - hat eine Ferienwohnung im Kleinen Walsertal von einer deutschen Staatsangehörigen erworben. Die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg hat mit Bescheid vom 9. April 1990 ihre Genehmigung zum Erwerb von 37/17298 Anteilen der Liegenschaft EZ 1618, KG Mittelberg, durch den Beschwerdeführer versagt. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde vom Grundverkehrssenat des Landes Vorarlberg unter Hinweis auf §5 Abs2 litb und c Grundverkehrsgesetz Vorarlberg, LGBl. 18/1977 idF der Novelle LGBl. 63/1987 (in der Folge kurz: GVG Vbg) abgewiesen.

2. Dagegen richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer behauptet, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Er habe die Wohnung, die in einem Appartementhaus liegt, von einer deutschen Staatsangehörigen gekauft. Auch die restlichen, in diesem Appartementhaus gelegenen Wohnungen seien zum überwiegenden Teil im Besitz ausländischer Feriengäste. Durch den Eigentumserwerb sei keine weitere Entfremdung österreichischen Grundbesitzes entstanden.

2.a) Durch Art10 Abs1 Z6 B-VG wird der (Ausländer-)Grundverkehr aus der Materie "Zivilrechtswesen" ausgenommen und dem Landesgesetzgeber die Kompetenz übertragen, diesbezügliche Normen zu schaffen. §1 Abs1 GVG Vbg regelt nun, wann der Verkehr mit Grundstücken der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde bedarf. §1 Abs1 litb GVG Vbg bestimmt, daß der Verkehr mit Grundstücken jedenfalls dann den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegt, wenn - wie hier - an diesen Ausländer Rechte erwerben.

b) §5 Abs2 GVG Vbg legt fest, unter welchen Voraussetzungen Rechtserwerbe von Ausländern grundverkehrsbehördlich zu genehmigen sind. Dies hat dann zu geschehen, wenn land- und forstwirtschaftliche Interessen nicht verletzt werden (lita), staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden (litb) und am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches und soziales Interesse besteht (litc).

3. Wie die belangte Behörde in der - unwidersprochen gebliebenen - Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte, sei das Grundvermögen in der Gemeinde Mittelberg im Jahr 1977 zu 43,6 % in ausländischem Besitz gewesen. Inzwischen habe sich diese Quote in die Nähe von 50 % bewegt. Ein Grunderwerb von Ausländern sei nur unter den Voraussetzungen des §5 Abs2 GVG Vbg zu genehmigen. Diese Voraussetzungen seien aber im gegebenen Fall nicht vorgelegen, da ein inländischer Kaufinteressent vorhanden war.

4.a) Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9708/1983, 9720/1983) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzeslosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

b)aa) Die Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eigentumsübertragung gründet die Behörde auf §5 Abs. 2 litb und c GVG Vbg.

Der Verfassungsgerichtshof hat die zitierten Bestimmungen zB in den Erkenntnissen VfSlg. 10271/1984 und VfSlg. 11689/1988 als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet; auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung nicht entstanden.

bb) Der Beschwerdeführer bringt Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §18 Abs1 zweiter Satz GVG Vbg vor. Diese Bestimmung sei deshalb verfassungswidrig, weil sie bestimmt, daß ein Kaufvertrag durch die Nichtgenehmigung der Grundverkehrsbehörde nichtig wird; die Kompetenz für eine derartige Regelung falle nach der Meinung des Beschwerdeführers nicht in den Bereich des Landesgesetzgebers, sondern des Bundesgesetzgebers.

Diese Ansicht ist unzutreffend. Der Verfassungsgerichtshof hat die Regelung über die Auswirkungen der Nichtgenehmigung eines Rechtsgeschäftes, das die Übertragung des Eigentums an einem dem Grundverkehrsgesetz unterliegenden Grundstück zum Gegenstand hat, in seiner ständigen Rechtsprechung als Regelung im Rahmen der nach Art15 B-VG in die Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeit der Länder fallenden Angelegenheiten des Grundverkehrsrechtes für unbedenklich erachtet (VfSlg. 7538/1975, 7539/1975, 7707/1975, 8309/1978; vgl. auch: Küng, Das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz, Bregenz 1990, S 164 ff).

Bei diesem Ergebnis kann unerörtert bleiben, ob §18 Abs1 zweiter Satz GVG Vbg überhaupt präjudiziell ist.

c)aa) Bei der Unbedenklichkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsgrundlage könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes verletzt worden sein. Davon kann aber keine Rede sein. Ausgehend von den - unwidersprochen gebliebenen - Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach in der Gemeinde Mittelberg ein sehr hoher Anteil des Grundvermögens im ausländischen Besitz ist, ist es jedenfalls nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde von einer drohenden Überfremdung durch Ausländer ausgegangen ist und auf dem Boden des §5 Abs2 litb und c GVG Vbg der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung verweigert hat.

bb) Den Ausführungen des Beschwerdeführers, bei der zu genehmigenden Eigentumsübertragung trete keine Änderung des Anteils ausländischen Grundeigentums in der Gemeinde Mittelberg ein, da auch die Verkäuferin deutsche Staatsangehörige sei, ist ebenfalls nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, daß keine weitere Überfremdung erfolgt, wenn bereits der Verkäufer ein Ausländer ist. Dem Sinn des Grundverkehrsgesetzes entspricht es aber, den Verkauf eines österreichischen Grundstückes an einen Ausländer auch unter den hier gegebenen Voraussetzungen zu unterbinden, also auch dann, wenn sich das Grundstück bereits im Eigentum eines Ausländers befindet (VfSlg. 7448/1974); in diesem Fall besteht die erhöhte Wahrscheinlichkeit, daß das Grundstück bei einer Veräußerungsabsicht des ausländischen Eigentümers an einen inländischen Eigentümer übergeht. Außerdem würde die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung dazu führen, daß ausländische Grundeigentümer bei der Veräußerung österreichischer Grundstücke gegenüber österreichischen Eigentümern bevorzugt wären (VfSlg. 10025/1984).

5. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Ausländergrunderwerb, Überfremdung, Grundverkehrsrecht, Ausländergrunderwerb Kompetenz, Grundverkehrsrecht Kompetenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B454.1991

Dokumentnummer

JFT_10089070_91B00454_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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