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44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Oktober 1993, Zl. 145 879/12-IV/10/93, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 18. November 1992 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Die belangte Behörde anerkannte das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an der begehrten Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, sie verneinte aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes. Dem bei der Stellung am 13.6.1978 für tauglich befundenen Beschwerdeführer sei zu Studienzwecken der Antritt des ordentlichen Präsenzdienstes wiederholt aufgeschoben, in der Folge sei er wiederholt von der Präsenzdienstpflicht befristet befreit worden, zuletzt bis 15. August 1990. Der Beschwerdeführer habe zwischen 29. Mai 1987 und 17. April 1991 wiederholt seine Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung beantragt. Diesem Begehren sei mit Bescheid vom 19. Juli 1991 stattgegeben worden. Zwischen 1987 und 1989 sei der Beschwerdeführer als freier Mitarbeiter bei mehreren Projekten tätig gewesen. 1989 habe er gemeinsam mit Dr. B. die S-Gesellschaft mbH gegründet, deren Alleineigentümer er seit 9. April 1992 sei. Gegenstand dieses Unternehmens seien die Ausarbeitung von Marketingkonzepten, das Entwerfen deren corporate identity, die Gestaltung von Geschäftspapier und sonstigen Unterlagen, der Vertrieb eines eigenen Terminplaners und schließlich Beratungsleistungen im EDV-Bereich. Seit 5. März 1992 sei der Beschwerdeführer weiters Mitgesellschafter (20 % Anteil) und Mitgeschäftsführer der I-Gesellschaft mbH. In diesem Unternehmen habe der Beschwerdeführer gewisse büroorganisatorische Aufgaben zu erfüllen, Kundengespräche zu führen und ihm übertragene Projekte zu betreuen. Seinem Vorbringen zufolge ergäben sich bei Ableistung des ordentlichen Zivildienstes folgende nachteilige Auswirkungen in Ansehung der S-Gesellschaft mbH: Die laufenden Beratungsverhältnisse mit den Kunden müßten aufgelöst werden und es sei mit dem Verlust des Kundenstockes zu rechnen. Weiters würden zur Beschaffung von Betriebsmitteln aufgenommene Bankkredite in Höhe von rund S 1,000.000,-- aushaften; die hiefür erforderlichen Kreditrückzahlungen könnten aber ausschließlich aus den Erträgen des Unternehmens geleistet werden. In Ansehung der I-Gesellschaft mbH könnten geschlossene Verträge teilweise nicht eingehalten bzw. Kunden nicht betreut werden und es sei mit Pönalezahlungen zu rechnen.
Die belangte Behörde verneinte die besondere Rücksichtswürdigkeit der geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen in erster Linie mit dem Hinweis auf die Verletzung der Harmonisierungspflicht durch den Beschwerdeführer. Er habe in Kenntnis seiner Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bzw. Zivildienstes die S-Gesellschaft mbH gegründet, dieses Unternehmen mit der I-Gesellschaft mbH vernetzt und die Geschäftsführertätigkeit übernommen. Gründe, die es ihm nicht ermöglicht hätten, bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen auf die Harmonisierungspflicht entsprechend Bedacht zu nehmen, seien nicht ersichtlich. Seiner Behauptung, er habe sich ab der ersten Einberufung (zum Präsenzdienst) um die Leistung von Zivildienst bemüht und er sei damals dazu auch bereit gewesen, vermochte die belangte Behörde nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer habe unabhängig von den geäußerten Gewissensgründen wiederholt den Aufschub des Antrittes des ordentlichen Präsenzdienstes und in der Folge die Befreiung von der Verpflichtung zu dessen Ableistung in Anspruch genommen. Die von ihm gewählten Verfahrensschritte, insbesondere die ständig wiederkehrenden Entschuldigungen hinsichtlich mündlicher Verhandlungen wegen anderweitiger Verpflichtungen, hätten letztlich die mehrjährige Dauer des Verfahrens nach dem Zivildienstgesetz bewirkt. Aus diesem Umstand könne keine Bevorzugung des Beschwerdeführer gegenüber anderen Zivildienstpflichtigen abgeleitet werden. Im übrigen ging die belangte Behörde davon aus, daß es dem Beschwerdeführer auch bei Ableistung des ordentlichen Zivildienstes möglich sein werde, in den beiden Unternehmen, wenn auch in eingeschränktem Umfang, tätig zu sein.
Die Beschwerde tritt dem primären Argument der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die Harmonisierungspflicht verletzt, nicht entgegen. Sie geht offensichtlich davon aus, besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen, wie etwa die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz, würden stets die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Wehr- oder Zivildienstes rechtfertigen. Diese Voraussetzung liege im Beschwerdefall entgegen der Annahme der belangten Behörde vor.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Beschwerdeführer geht zu Unrecht davon aus, schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile infolge Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes begründeten auch dann besonders rücksichtswürdige Interessen im Sinne des Gesetzes, wenn sie lediglich die Folge mangelnder Bedachtnahme auf die Harmonisierungspflicht seien. Das Gegenteil ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall (vgl. die Erkenntnisse vom 30. Juni 1987, Slg. Nr. 12502/A, vom 18. April 1989, Zl. 89/11/0074, und vom 18. Mai 1993, Zl. 92/11/0223). Aus den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen ergibt sich nicht Gegenteiliges. Gegen die Annahme, der Beschwerdeführer habe die Harmonisierungspflicht verletzt, bringt die Beschwerde nichts vor und bestehen auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Der Beschwerdeführer hat nach den unbestritten gebliebenen Annahmen der belangten Behörde sein Unternehmen gegründet, als er noch wehrpflichtig war. Nachdem er im Jahre 1991 zivildienstpflichtig geworden war, erwarb er das Alleineigentum daran und beteiligte sich obendrein an einem weiteren Unternehmen als geschäftsführender Gesellschafter. Er mußte seit 1991 mit seiner Zuweisung zu einer Zivildienstleistung rechnen. Dessen ungeachtet hat er die erwähnten Dispositionen getroffen, aus denen er nun seine Befreiung von der Zivildienstpflicht ableiten möchte. Es liegt demnach ein typischer Fall einer Verletzung der Harmonisierungspflicht vor. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen können schon deshalb nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes angesehen werden.
Da sich die Abweisung des Befreiungsbegehrens schon aus diesem Grund als berechtigt erweist, braucht auf die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides und das darauf abgestellte Beschwerdevorbringen nicht eingegangen zu werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110262.X00Im RIS seit
20.11.2000