TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/26 92/13/0144

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Veröffentlicht am 26.01.1994
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Index

21/01 Handelsrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §23 Z1;
EStG 1972 §28 Abs1 Z1;
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §28 Abs1 Z1;
EStG 1988 §28 Abs1;
HGB §335;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1.) der Ö-GmbH in W, 2.) der D-GmbH & Co KG in M, 3.) der A-KG in Z, 4.) der N-GmbH & Co KG in F, 5.) der I-GmbH in W, und 6.) der B-GmbH & Co KG in H, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld, vom 30.4.1992, GZ. 6/1-1159/91-01, betreffend Feststellung von Einkünften für 1988 und 1989 sowie Gewerbesteuer 1988 und 1989,

Spruch

1.) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von der viertbeschwerdeführenden N-Gesellschaft mbH & Co KG eingebracht worden ist, zurückgewiesen.

Die Viertbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2.) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den unter 1.), 2.), 3.), 5.) und 6.) angeführten Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Grundstückes in L. im Ausmaß von mehr als 20.000 m2, auf dem sich zwei Einkaufszentren befinden.

In den dem Verwaltungsgerichtshof nur unvollständig vorgelegten Verwaltungsakten erliegt die Ablichtung eines "Atypisch Stillen Gesellschaftsvertrages" vom 26. November 1979, der zwischen der Erstbeschwerdeführerin als "Geschäftsinhaberin" und der Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführerin als "stille Gesellschafter" abgeschlossen worden ist. § 5 des Gesellschaftsvertrages lautet:

"§ 5

Die Geschäftsführung und Vertretung

Grundsätzlich obliegt die Geschäftsführung und Vertretung der Geschäftsinhaberin, jedoch bedarf die Geschäftsinhaberin für die nachfolgend aufgeführten Rechtsgeschäfte der Zustimmung der stillen Gesellschafter:

a)

Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten über den im Emissionsprospekt bezeichneten Investitionsumfang hinaus.

b)

Die Übernahme, die Errichtung und der Betrieb zusätzlicher Gewerbeobjekte.

c)

Die Aufnahme von weiteren Darlehen über die Investitionsfinanzierung hinaus in Höhe von mehr als 3 Mio. ÖS insgesamt.

d)

Kreditgewährung mit Ausnahme der Gewährung handelsüblicher Zahlungsziele.

e)

Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien u.dgl.

f)

Rechtsgeschäft mit sich selbst sowie mit Mitgesellschaftern nach Ablauf der Investitions- und Anlaufphase. Durch die Zustimmungserteilung wird die Geschäftsführung im Einzelfall zugleich von den Bestimmungen des § 181 BGB befreit.

g)

Die Begebung von Wechseln, die nicht mit der im Emissionsprospekt dargestellten Investitionsfinanzierung im Zusammenhang steht.

h)

Der Abschluß von Dienstverträgen mit leitenden Mitarbeitern, Gewährung von Einzelvollmachten über den Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes hinaus sowie Pensionszusagen.

i)

Abschluß, Änderung und Aufhebung aller den Betrieb des Objektes betreffenden Verträge, soweit dadurch das im Emissionsprospekt dargestellte Investitionsvolumen nicht unwesentlich überschritten wird.

j)

Erwerb, Veräußerung und Belastung von Gesellschaftsbeteiligungen und Unternehmensbeteiligungen jeder Art sowie Abschluß von Verträgen, die eine Beteiligung Dritter an den Ergebnissen der Gesellschaft zum Gegenstand haben.

k)

Abschluß, Änderung oder Aufhebung von Verträgen, die die Übertragung von Teilbereichen der Geschäftsführung auf Mitgesellschafter (stille Gesellschafter) nach Ablauf der Investitions- und Anlaufphase zum Gegenstand haben. Die bis dahin von den stillen Gesellschaftern N., A. und I. zu erbringenden Gesellschafterleistungen, die sämtlichst der Erreichung des Gesellschaftszweckes dienen, sind in gesondertem Protokoll vom heutigen Tage geregelt. Die Vergütung dieser Gesellschafterleistungen ergibt sich aus der Anlage 1 zu diesem Vertrag."

Am 4. Dezember 1979 wurde zwischen der Erstbeschwerdeführerin (= Ö.) und der Fünftbeschwerdeführerin (= I.) eine als "Management- und Verwaltungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung getroffen. Diese lautet auszugsweise:

"§ 1

Vertragsobjekt

Die Ö. ist Eigentümerin eines Einkaufszentrums in L., Salzburger Straße, Flur-St. 1539/2 und 1550/4 - nachstehend Objekt L. genannt -.

Zum Vertragsobjekt gehören alle auf diesem Grundstück

stehenden Baulichkeiten sowie die Außenanlagen.

§ 2

Auftrag

Die Ö. beauftragt die I. mit der Verwaltung und dem Management des Objektes L. mit Wirkung vom 1.12.1979 für eine Festlaufzeit von 20 Jahren, somit bis zum 30.11.1999.

§ 3

Aufgaben der I.

1.)

Vermietung

Der I. obliegt die Vermietung freier Flächen und die Nachvermietung auf der Grundlage eines in Abstimmung mit der Ö. noch festzulegenden Standard-Mietvertrages.

Die I. ist berechtigt und wird in gesonderter Urkunde bevollmächtigt, im Namen und für Rechnung des Grundstückseigentümers Mietverträge abzuschließen und bestehende Mietverträge zu kündigen.

Der Abschluß von Mietverträgen die über die Festlaufzeit dieses Vertrages hinausgehen sowie Kündigungen von Mietverhältnissen können nur mit schriftlicher Zustimmung der Ö. erfolgen. Die Zustimmung zur Kündigung kann von der Ö. nur verweigert werden, wenn sich für diese hierdurch ein wirtschaftlicher Nachteil ergibt. Sie ist binnen 7 Tagen nach Eingang der Anfrage abzugeben. Nach ungenütztem Verstreichen dieser Frist gilt sie als erteilt.

Die I. ist berechtigt zur Wahrung und Erhaltung aller dem Eigentümer zustehenden Vermieterrechte und zur Geltendmachung aller Ansprüche aus den Mietverhältnissen erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme anwaltlicher und gerichtlicher Hilfe, wobei die Kosten hierfür von der I. zu tragen sind.

Zu den Aufgaben der I. gehört auch die Koordination der Mieterinteressen.

2.)

Umbauten

Die I. ist verpflichtet, auf eigene Rechnung Umbauten innerhalb des Objektes vorzunehmen, die für die Vermietung erforderlich oder für die Funktion des Einkaufszentrums notwendig sind.

3.)

Versicherungen

Ferner ist die I. verpflichtet, alle erforderlichen Versicherungen in ausreichender Höhe (gem. Schätzgutachten des beeideten Sachverständigen) abzuschließen sowie die Zahlungen der Versicherungsprämien zu leisten.

4.)

Örtliche Verwaltung

Der Betrieb, die Pflege, die Wartung, die Überwachung und Instandhaltung aller gemeinschaftlichen Anlagen wie z.B. Außenbeleuchtung, Sprinkleranlage, Gänge, Treppen, Parkplätze

u. dergl. ist ebenfalls von der I. vorzunehmen.

Die Kosten für Heizung, Strom- und Wasserverbrauch bezüglich der gemeinschaftlichen bzw. durch den Kundenbetrieb genutzten Anlagen, der Grundsteuern und sonstigen Grundbesitzabgaben sind von der I. zu ermitteln und den jeweiligen Mietern vertragsgemäß entsprechend aufzuerlegen.

Die Ausgaben der Grundstücksbewirtschaftung sind aus den Eingängen der Nebenkostenvorauszahlungen der Mieter zu entrichten.

Die Ein- und Ausgaben werden über ein bei der ... anzulegendes Verwaltungskonto geführt.

Die dem Eigentümer obliegende Pflege zur Reinigung, Schneeräumung, Streuung der Parkplätze und Fahrwege ist im Leistungsumfang der I. enthalten.

5.)

Personalverwaltung

Der I. obliegt die Einstellung eines Centermanagers, von Hauswarten, Heizern u.ä. soweit erforderlich.

Der Abschluß von Dienstverträgen wird von der I. im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorgenommen.

6.)

Rechnungslegung

...

§ 4

Sorgfaltspflichten, Diskretion

1.)

Die I. verwaltet das Objekt L. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Sie ist berechtigt, Erfüllungsgehilfen einzusetzen.

2.)

Die I. verpflichtet sich zur Diskretion hinsichtlich sämtlicher ihr im Rahmen der Zusammenarbeit bekannt gewordenen internen Geschäftsvorgänge der Ö. oder deren Beteiligten.

..."

Weiters wurde am 4. Dezember 1979 zwischen der Erst- und der Fünftbeschwerdeführerin ein Vertrag "über die Instandhaltung des "I."" geschlossen, in dem sich die Fünftbeschwerdeführerin zur Instandhaltung des Mietobjektes verpflichtete.

Schließlich übernahm die Fünftbeschwerdeführerin gegenüber der Erstbeschwerdeführerin in einer weiteren Vereinbarung vom 4. Dezember 1979 eine Mietgarantie für das in Rede stehende Objekt.

Abweichend von der eingebrachten Erklärung qualifizierte das Finanzamt die Einkünfte der Mitunternehmerschaft als solche aus Gewerbebetrieb und erließ hinsichtlich der Jahre 1988 und 1989 entsprechende Feststellungs- und Gewerbesteuerbescheide. Die Anteile an den jeweiligen Einkünften wurden erklärungsgemäß der Erst-, Zweit-, Dritt-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführerin zugerechnet.

Die Berufung gegen diese Bescheide wurde mit der Auffassung begründet, die Beschwerdeführerinnen übten bloß eine vermögensverwaltende Tätigkeit aus.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf § 5 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Tätigkeit der Gesellschaft grundsätzlich auch den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken sowie die Übernahme, die Errichtung und den Betrieb zusätzlicher Gewerbeprojekte umfasse. Weiters ging die belangte Behörde davon aus, daß die Verwaltung des Einkaufszentrums Tätigkeiten bedinge, die mit den üblichen, bei einer Vermietung anfallenden Nebenleistungen dem Umfang nach nicht vergleichbar seien. Diese Leistungen würden auch durch die zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführerin abgeschlossenen Verträge, nach denen dieser die Verwaltung als Vertreterin übertragen werde, verdeutlicht. Aus dem "Management- und Verwaltungsvertrag" gehe hervor, daß der Leistungsumfang entsprechendes Personal und eine Personalverwaltung erforderlich mache.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - hinsichtlich der nachstehenden Z. 1 in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1.

Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich Viertbeschwerdeführerin

Die im Instanzenzug bestätigten Feststellungsbescheide sind weder an die viertbeschwerdeführende Kommanditgesellschaft ergangen noch wirken sie gegen diese, weil ihr - auch im Sinne der beim Finanzamt eingereichten Erklärungen - keine gemeinschaftlichen Einkünfte zugeflossen sind (vgl. § 191 Abs. 3 lit. b BAO). Die Viertbeschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in keinem subjektiven Recht verletzt worden, sodaß die Beschwerde insoweit, als sie von der Viertbeschwerdeführerin erhoben wurde, wegen der fehlenden Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.

2.

Zur Beschwerde hinsichtlich der übrigen Beschwerdeführerinnen

Die Vermietung einer Liegenschaft ist grundsätzlich Vermögensverwaltung. Zur gewerblichen Tätigkeit wird sie erst, wenn die laufende Verwaltungsarbeit im konkreten Fall in erheblichem Umfang (deutlich) jenes Maß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1989, 88/14/0117, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid sinngemäß darauf, daß die im § 5 des Gesellschaftsvertrages genannten Betätigungen einerseits und die vereinbarungsgemäß von der Fünftbeschwerdeführerin ausgeführten Tätigkeiten andererseits eine solche Verwaltungsmehrarbeit darstellten. Keine dieser Begründungen kann aber den Spruch des angefochtenen Bescheides tragen.

Zum einen sind die Beschwerdeführerinnen im Recht, wenn sie die Ansicht vertreten, daß es nicht auf einen in einem Gesellschaftsvertrag als grundsätzliche Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung angeführten Betriebsgegenstand, sondern vielmehr auf die tatsächliche Betätigung ankommt. Der Hinweis der belangten Behörde auf § 5 des Vertrages über die atypische stille Gesellschaft geht somit ins Leere.

Andrerseits ist davon auszugehen, daß die Beurteilung einer Verwaltungsmehrarbeit als gewerbliche Tätigkeit voraussetzt, daß sie für den Vermieter anfällt oder ihm zumindest zuzurechnen ist. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn die Verwaltungsmehrarbeit nicht vom Vermieter selbst, sondern in dessen Auftrag (Namen) von einem Dritten (Vertreter, Erfüllungsgehilfen) erledigt wird (vgl. neuerlich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1989, 88/14/0117). In dem hiefür im Beschwerdefall insbesondere maßgeblichen "Management- und Verwaltungsvertrag" ist dabei zwar zunächst vereinbart, daß die Fünftbeschwerdeführerin zum Abschluß der Mietverträge im Namen und für Rechnung des Grundstückseigentümers (der Erstbeschwerdeführerin) berechtigt und bevollmächtigt ist. Die Kosten für die Wahrnehmung der Vermieterrechte seien jedoch von der Fünftbeschwerdeführerin zu tragen. Ebenso seien erforderliche Umbauten innerhalb des Objektes auf Rechnung der Fünftbeschwerdeführerin vorzunehmen. Auch die Zahlungen aller erforderlichen Versicherungsprämien seien von der Fünftbeschwerdeführerin zu leisten. Der Fünftbeschwerdeführerin obliege auch die Einstellung von erforderlichem Personal, wobei die Dienstverträge von dieser im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abzuschließen seien. Auch die im Vertrag über die Instandhaltung des Einkaufszentrums vereinbarten Tätigkeiten können nicht den Beschwerdeführerinnen zugerechnet werden, zumal die Kosten dieser Instandhaltungsarbeiten im Verhältnis der Fünftbeschwerdeführerin zur Erstbeschwerdeführerin von jener zu tragen sind. Daraus folgt aber, daß die mit den in Rede stehenden Mietobjekten verbundene Verwaltungsarbeit - die nach der Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde über eine übliche Vermögensverwaltung hinausgegangen ist - nicht der von den Beschwerdeführerinnen gebildeten Personengemeinschaft zugerechnet werden kann. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, womit es sich erübrigte, auf die übrigen Beschwerdeausführungen einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992130144.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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