TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/27 93/01/1201

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.1994
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. August 1993, Zl. 4.303.278/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, der am 21. September 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. Jänner 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 24. August 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 27. September 1990 angegeben, er sei weder aus politischen noch aus religiösen Gründen verfolgt worden und sei nie Mitglied einer politischen Partei gewesen. Sein Vater sei Lehrer an einer Grundschule in Teheran und gegen das Regime politisch aktiv gewesen. Im April 1989 sei er (der Vater) unter der Beschuldigung, politisch links orientiert zu sein, gleich von der Schule in das Evin-Gefängnis gebracht und dort hingerichtet worden. Nach der Verständigung über das Ableben und die Bestattung seines Vaters in einem Massengrab sei dem Beschwerdeführer klar gewesen, daß sein Vater hingerichtet worden sei. Der Beschwerdeführer habe an den ihm bekannten Mitgliedern der islamischen Kommission in der Schule seines Vaters Rache üben wollen und sei deshalb ständig vor der Schule auf der Lauer gelegen. Dies dürfte der Schulbehörde zwar aufgefallen sein, doch sei der Beschwerdeführer, als er zu Hause aufgesucht worden sei, nicht anwesend gewesen. Am 22. Mai 1990 habe der Beschwerdeführer mit der Pistole seines Vaters auf zwei Mitglieder der islamischen Kommission vor der Schule aus einer Entfernung von etwa acht Metern fünf Schüsse abgefeuert. Die Männer seien im Bereich des Nackens bis zu den Oberschenkelansätzen getroffen worden und zusammengebrochen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer nach Hamedan geflüchtet, wo er sich bis zum Verlassen des Landes aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer habe einerseits angegeben, er habe die Männer nicht töten wollen, andererseits aber ausgeführt, sie nur deshalb nicht ermordet zu haben, weil er die vielen anwesenden Kinder nicht habe gefährden wollen. Von seiner Mutter sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, daß die Polizei nach ihm suche.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer über eine Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens hinaus ergänzend geltend gemacht, er sei als Anhänger der Monarchisten 1986 von Khomeini-Anhängern schwer verletzt worden, und habe deshalb fünf Monate im Krankenhaus verbringen müssen. Anschließend sei er zwei Jahre lang im Evin-Gefängnis festgehalten und während dieser Zeit oft zusammengeschlagen und gefoltert geworden. Über die davon herrührenden, noch erkennbaren Narben habe der Beschwerdeführer ein ärztliches Gutachten vorgelegt.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen von für die Gewährung von Asyl erforderlichen Gründen im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) deshalb verneint, weil die vom Beschwerdeführer begangene Tat der vorsätzlichen schweren Körperverletzung, deretwegen er Verfolgung befürchte, eine in jedem Rechtssystem strafbare Handlung darstelle und weil der Beschwerdeführer auch sonst in keiner Weise dargetan habe, aus Gründen der angeführten Gesetzesstelle in einer dem iranischen Staat zurechenbaren Weise benachteiligt worden zu sein. Dieser Auffassung der belangten Behörde ist beizupflichten, handelt es sich bei der vom Beschwerdeführer begangenen Tat doch um eine solche, die der allgemeinen Kriminalität zuzurechenen ist und die nicht in einem derartigen Naheverhältnis zu einer politischen Tätigkeit oder politischen Meinung bzw. religiösen Gesinnung des Beschwerdeführers steht, welches es rechtfertigen würde, die wegen dieser Tat drohende Strafverfolgung als Verfolgung wegen politischer oder religiöser Gesinnung (oder aus einem der anderen in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründe) anzusehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0086). Der Beschwerdeführer wäre daher gehalten gewesen, sich dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der von ihm gar nicht bestrittenen Begehung der angeführten - auch in Österreich strafbaren - Tat zu stellen und eine deswegen über ihn verhängte Strafe auf sich zu nehmen.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, er habe in seiner Berufung darauf hingewiesen, sich bei seiner Ersteinvernahme in schlechter psychischer Verfassung befunden zu haben, weshalb das Unterbleiben einer ergänzenden Befragung eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens darstelle, ist ihm entgegenzuhalten, daß er in der Berufung lediglich angeblich im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit Khomeini-Anhängern im Jahre 1986 und während einer anschließenden Inhaftierung erlittene Verletzungen ins Treffen geführt, nicht aber dargelegt hat, er sei gehindert gewesen, noch weiteres Vorbringen zu erstatten. Da aus den nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung seines Berufungsvorbringens geltend gemachten Verletzungen allein keine aktuelle, allenfalls mit der von ihm begangenen schweren Körperverletzung in Zusammenhang stehende Verfolgung des Beschwerdeführers aus den in der angeführten Gesetzesstelle angeführten Gründen abgeleitet werden kann, hätte die belangte Behörde, selbst wenn aus der Nichtberücksichtigung des psychischen Zustandes des Beschwerdeführers während seiner Ersteinvernahme eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens abgeleitet werden könnte, auch bei Ergänzung dieses Verfahrens angesichts der übrigen bereits dargestellten Angaben des Beschwerdeführers zu keinem anderen Bescheid gelangen können. Dem Beschwerdeführer ist daher insoweit die Aufzeigung eines wesentlichen Verfahrensmangels nicht gelungen. Angesichts dieser Sachlage vermag der Beschwerdeführer auch nicht, mit seiner Rüge, die belangte Behörde sei der ihr durch § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 aufgegebenen Ermittlungspflicht bzw. der sich aus § 20 Asylgesetz 1991 ergebenden Pflicht zur Anordnung der Ergänzung oder Wiederholung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens nicht nachgekommen, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befürchtung seiner Rückschiebung (§ 37 Fremdengesetz) ist nicht Gegenstand des Verfahrens über die Asylgewährung.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993011201.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten