TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/27 93/18/0595

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Veröffentlicht am 27.01.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Oktober 1993, Zl. SD 455/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Oktober 1993 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführerin mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. April 1993 wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (12 Monate, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen) rechtskräftig verurteilt worden sei. Mit dieser Verurteilung habe die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht. Auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.

Selbst wenn man - entsprechend dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sich außer ihrer Mutter sämtliche Familienangehörige in Österreich aufhielten - vom Vorliegen eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben ausgehe, so sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - hier zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer - dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG). Die Beschwerdeführerin habe in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Schon aus diesem Grund könne die Zukunftsprognose für die Beschwerdeführerin nicht positiv ausfallen, zumal an der Bekämpfung der gewerbsmäßiegen Eigentumskriminalität ein immenses öffentliches Interesse bestehe. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und ihrer Familie könne demnach keinesfalls schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, zumal bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung lediglich dem gesetzmäßigen Aufenthalt (bei der Beschwerdeführerin von Dezember 1988 bis September 1989 und ab Mai 1990) wesentliches Gewicht zukomme. Im Hinblick auf die relativ kurze Zeit des rechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet könne daher einer allfälligen Integration nicht jener Grad an Intensität zugemessen werden, daß die Entscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin ausgehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde wird die von der belangten Behörde als maßgeblicher Sachverhalt angenommene rechtskräftige Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wobei 12 Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, nicht in Abrede gestellt; ebensowenig wird die rechtliche Beurteilung, daß durch diese Verurteilung der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht worden und in weiterer Folge aufgrund dieser bestimmten Tatsache i.S. des § 18 Abs. 1 leg. cit. die in dieser Gesetzesstelle umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, bekämpft. Der Gerichtshof hegt weder gegen die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung noch gegen die Subsumtion rechtliche Bedenken.

1.2. Die dazu in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor: Die Einholung des Strafaktes war entbehrlich, da die daraus sich ergebende Beteiligung der Beschwerdeführerin an den Straftaten lediglich "in untergeordneter Weise" nichts an der genannten - im gegebenen Zusammenhang allein relevanten - rechtskräftigen Verurteilung der Beschwerdeführerin ändert; dies gilt auch in bezug auf die für die Beschwerdeführerin bestimmenden Motive. Daß die Beschwerdeführerin nur einmal vernommen und ihr keine Akteneinsicht gewährt worden sei, begründet jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel, unterläßt sie es doch darzutun, inwiefern sie - im Fall des Zutreffens ihrer Behauptung - dadurch in ihren Rechtsverfolgungsmöglichkeiten beeinträchtigt worden sei.

2. Was die von der belangten Behörde - unter der Annahme eines relevanten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin - bejahte Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG anlangt, so kann diese Beurteilung nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Gerichtshof teilt die dazu im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, daß die Art und die Schwere der der Beschwerdeführerin zur Last liegenden Rechtsbrüche die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zur Wahrung des im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interesses (konkret: zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte anderer) dringend geboten sei.

3. Die Beschwerde erachtet das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig. Diese Ansicht vermag der Gerichtshof nicht zu teilen. Entgegen ihrer Behauptung hält sich die Beschwerdeführerin nicht seit fünf, sondern - unter Zugrundelegung der diesbezüglichen, nicht bestrittenen, Feststellungen im bekämpften Bescheid - erst seit etwas über vier Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Daraus ist noch kein hoher Grad an Integration abzuleiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0446). Näherer Ermittlungen hiezu bedurfte es nicht. Die Tatsache, daß sich, so die Angaben in der Beschwerde, nur die Mutter der Beschwerdeführerin in Jugoslawien, hingegen die Schwester, der Schwager, die Tanten, die Cousins und die Cousinen der Beschwerdeführerin in Österreich aufhalten, schlägt deshalb nicht zugunsten der Beschwerdeführerin aus, weil diese Verwandten - sie leben nach den Beschwerdeausführungen nicht gemeinsam mit der Beschwerdeführerin - nicht vom Schutzbereich des § 20 Abs. 1 FrG umfaßt sind (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491, und vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0516). Die (erst) ca. einen Monat vor Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte Verehelichung mit einem österreichischen Staatsbürger verleiht den familiären Interessen der Beschwerdeführerin kein erhebliches Gewicht. Angesichts der damit insgesamt nur als gering zu gewichtenden Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie (Ehegatte) hat die belangte Behörde die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme gegenüber jenen Auswirkungen zutreffend als schwerer wiegend gewertet, zumal die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des Ausmaßes der Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen den wiederholten Angriffen der Beschwerdeführerin auf fremdes Eigentum mit der Absicht, sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahmequelle zu schaffen, mit Recht großes Gewicht beigemessen hat.

4. Den in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen für das Leben der Beschwerdeführerin im Fall der "Ausweisung" aus Österreich und der damit erzwungenen Rückkehr in das "ehemalige Serbien" mangelt im gegebenen Zusammenhang die rechtliche Relevanz. Denn entgegen der offenbaren Meinung der Beschwerdeführerin wird mit einem Aufenthaltsverbot nicht auch eine Abschiebung des Fremden (in ein bestimmtes Land) angeordnet, vielmehr ausschließlich das Verbot, sich weiter in Österreich aufzuhalten, ausgesprochen.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180595.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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