TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/31 92/10/0142

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Veröffentlicht am 31.01.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
82/04 Apotheken Arzneimittel;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

AMG 1983 §1 Abs1 Z1;
AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §1 Abs3 Z1;
AMG 1983 §1 Abs3 Z2;
B-VG Art7 Abs1;
LMG 1975 §3;
LMG 1975 §9 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in X, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 1. Juni 1992, Zl. 366.536/0-III/B/12a/92, betreffend Zulassung gesundheitsbezogener Angaben gemäß § 9 Abs. 3 Lebensmittelgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin, für das Produkt "Schoenenberger Frischpflanzensaft Huflattich" die gesundheitsbezogene Angabe "wirkt wohltuend auf Hals und Rachen, bei Husten und Heiserkeit" gemäß § 9 Abs. 3 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) zuzulassen, nicht Folge. Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung der Rechtslage aus, die eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen hätten ergeben, daß das in Rede stehende Produkt auf Grund seiner Zusammensetzung nicht überwiegend zu Ernährungs- oder Genußzwecken bestimmt sei (§ 2 LMG 1975), sondern nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Arzneimittel gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 AMG zu beurteilen sei. Zwecks Vermeidung einer gesundheitlichen Gefährdung solle die unkontrollierte Anwendung von Huflattichzubereitungen unterbleiben. Die Amtssachverständigengutachten seien der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt worden. In ihrer Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgebracht, den zuständigen Fachabteilungen müsse bekannt sein, daß für Konkurrenzprodukte gesundheitsbezogene Angaben zugelassen worden seien. Seit der Novelle zum Arzneimittelgesetz (AMG) dürften Verzehrprodukte sehr wohl die Zweckbestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG erfüllen, nämlich, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. Mangels Bewerbung und subjektiver Angaben über arzneiliche Zwecke könne daher ein Produkt, welches diese Wirkungen hätte, dennoch ein Verzehrprodukt sein. Dies müsse insbesondere für Huflattichsaft gelten, wenn man bedenke, daß Produkte von Mitbewerbern als Verzehrprodukte eingestuft und hiefür sogar teilweise gesundheitsbezogene Angaben zugelassen worden seien. Mangels Änderung im Stand der Wissenschaft müsse daher auch das in Rede stehende Erzeugnis als Verzehrprodukt eingestuft werden. Die belangte Behörde stellte daraufhin folgenden Sachverhalt fest: Das in Rede stehende Erzeugnis werde durch Pressung aus frischen Huflattichblättern gewonnen. Der Preßsaft werde zentrifugiert, durch kurzzeitiges Erhitzen haltbar gemacht und sechsfach verdünnt. Empfohlen werde die Einnahme von täglich zweimal vier Kaffeelöffeln in Flüssigkeit verdünnt. Das Erzeugnis sei auf Grund der Zusammensetzung nicht überwiegend zu Ernährungs- oder Genußzwecken bestimmt. Den Inhaltsstoffen des Erzeugnisses kämen nach der einschlägigen, näher bezeichneten Fachliteratur zweifelsfrei spezifische pharmakologische Wirkungen zu. Die Droge enthalte Schleim- und Gerbstoffe. Es seien wechselnde Mengen an Pyrrolizidinalkaloiden mit einem 1,2-ungesättigten Necingerüst und deren N-Oxide in Huflattichblättern enthalten. Huflattich sei ein bewährtes Hustenmittel. Anwendungsbiete seien Katarrhe der Luftwege mit Husten und Heiserkeit sowie leichte Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhäute. Auf Grund der Wirkung werde Huflattich in vielen Hustenteemischungen arzneilich verwendet. Die vorliegende Zubereitung sei zur Behandlung von Katarrhen der Luftwege mit Husten und Heiserkeit bestimmt. Auf Grund der Zusammensetzung des Erzeugnisses sei mit einer objektiv-arzneilichen Wirkung zu rechnen. Von einigen Pyrrolizidinalkaloiden sei eine hepatotoxische und karzinogene Wirkung zu erwarten; eine unkontrollierte Anwendung von Huflattichzubereitungen solle daher unterbleiben. Die Anwendungsdauer solle gemäß der neueren Fachliteratur auf unter vier Wochen beschränkt werden. Die Tagesdosis an Frischpflanzenpreßsaft solle nicht mehr als ein Mikrogramm Pyrrolizidinalkaloide mit 1,2-ungesättigtem Necingerüst einschließlich ihrer N-Oxide enthalten, damit eine gesundheitliche Gefährdung des Patienten ausgeschlossen werden könne. Nach diesen auf die ausführlichen und nachvollziehbaren Darlegungen des Amtssachverständigen gestützten Feststellungen enthalte das Erzeugnis Inhaltsstoffe, die nur arzneiliche Verwendung fänden; das Produkt sei zur Behandlung von Katarrhen der Luftwege mit Husten und Heiserkeit bestimmt. Dem Gutachten sei die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; das Produkt sei daher schon allein nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Arzneimittel einzustufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob auch das subjektive Einstufungskriterium des § 1 Abs. 1 AMG zutreffe oder das Erzeugnis gesundheitsschädlich sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 3 LMG 1975 hat der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz auf Antrag für bestimmte Lebensmittel oder Verzehrprodukte gesundheitsbezogene Angaben mit Bescheid zuzulassen, wenn dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist.

Gesundheitsbezogene Angaben können demnach für Lebensmittel oder Verzehrprodukte zugelassen werden. Ist ein Produkt weder ein Lebensmittel noch ein Verzehrprodukt, sondern ein Arzneimittel, dann kommt eine Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nach der angeführten Gesetzesstelle nicht in Betracht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1992, Zl. 91/10/0209).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, ob "Schoenenberger Pflanzensaft Huflattich" ein Arzneimittel ist, bereits in dem (den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin betreffenden) Erkenntnis vom 5. Juli 1993, Zl. 92/10/0144, befaßt und diese Frage (auf der Grundlage des im dort angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes) bejaht. Auf das genannte Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die Beschwerde zeigt nicht auf, daß im vorliegenden Fall eine hievon abweichende Beurteilung geboten gewesen wäre.

Sie macht (zusammengefaßt) geltend, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde weder im Rahmen der Beweisaufnahme, noch in der Begründung ihres Bescheides den Umstand beachtet habe, daß mit vier (näher bezeichneten) Bescheiden in den Jahren 1981 bis 1985 gesundheitsbezogene Angaben für Huflattichsaft zugelassen worden seien; daraus sei abzuleiten, daß damals die Auffassung vertreten worden sei, Huflattichsaft sei nicht als Arzneimittel einzustufen.

Diesen Darlegungen ist zu erwidern, daß kein Rechtsanspruch auf Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe gemäß § 9 Abs. 3 LMG daraus abzuleiten ist, daß eine vergleichbare oder idente Angabe für gleichartige Produkte (allenfalls anderer Hersteller) zugelassen wurde; denn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist allein am Gesetz zu messen (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 21. September 1988, Zlen. 88/10/0086, 0087, vom 12. Dezember 1988, Zl. 88/10/0186, und vom 5. Juli 1993, Zl. 92/10/0144).

Die Frage, ob gesundheitsbezogene Angaben für Produkte anderer Hersteller zugelassen worden waren, war für die vorliegende Entscheidung somit nicht wesentlich; es liegt somit kein relevanter Begründungsmangel darin, daß sich die belangte Behörde mit dieser Frage im Beweisverfahren und in der Begründung ihres Bescheides nicht auseinandersetzte, weil die belangte Behörde den für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt und somit die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Eigenschaften des gegenständlichen Produktes zu ermitteln und diese Feststellungen einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen, nicht jedoch andere Entscheidungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz zu überprüfen hatte.

Die Auffassung der Beschwerde, schon der Hinweis auf die oben erwähnten Bescheide im Verwaltungsverfahren bedeute, daß sie dem Sachverständigengutachten "auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten" wäre, kann schon deshalb nicht geteilt werden, weil die Beschwerdeführerin damit nicht konkret auf bestimmte vom Sachverständigen erhobene Tatsachen bzw. von diesem gezogene Schlußfolgerungen Bezug genommen hatte.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992100142.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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