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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/01/1543Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerden des G in W, und der K, ebendort, beide vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 28. Oktober 1993, Zl. 4.299.475/3 und 4/III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, ein rumänisches Ehepaar, dessen Partner am 9. Juli bzw. 6. August 1990 in das Bundesgebiet eingereist waren, haben dem durch eine Ausfertigung der angefochtenen Bescheide belegten Beschwerdevorbringen zufolge, die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Jänner 1991, mit denen festgestellt worden war, bei beiden Ehegatten lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtlinge nicht vor, mit Berufungen bekämpft. Mit Bescheiden vom 28. Oktober 1993 wies die belangte Behörde diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, daß Österreich den Beschwerdeführern kein Asyl gewähre.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat nach Verbindung beider Beschwerden infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden, denen die Beschwerdeführer im sachlichen Bereich nicht entgegengetreten sind, befand sich der Erstbeschwerdeführer im Zeitraum vom 1. August bis 5. August 1990, die Zweitbeschwerdeführerin im Zeitraum vom 5. Juli bis 9. Juli 1990 in Ungarn. Allein auf diesen Umstand gründete die belangte Behörde ihre Entscheidung, die Beschwerdeführer seien dort bereits vor Verfolgung sicher gewesen, was den Ausschlußtatbestand des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 verwirkliche. Die - im übrigen gleichlautenden - Ausführungen in den Beschwerden sind jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen, da sie im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, welches Gesetz von der belangten Behörde bei Erlassung der angefochtenen Bescheide auf Grund der Bestimmung des § 25 Abs. 2 AsylG 1991 bereits anzuwenden war, stehen.
Verfolgungssicherheit ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. als Beispiel für viele andere die hg. Erkenntnisse vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0433) schon dann anzunehmen, wenn ein Asylwerber sich in einem Land aufgehalten hat, in dem er nicht der Gefahr vor Verfolgung ausgesetzt war und in dem er auch wirksamen Schutz vor Verfolgung hatte (vgl. Rv 270, Blg. Nr. 18 GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991). Ungarn hat am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtung aus dieser Konvention die Alternative a) des Abschnittes B des Artikels 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, hinterlegt, was gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde - das war der 12. Juni 1989 - in Kraft getreten ist. Daraus folgt aber, daß beide Beschwerdeführer, die wegen angeblicher Verfolgung in Rumänien - einem europäischen Land - ihr Heimatland verlassen hatten, zu einem Zeitpunkt nach Ungarn eingereist waren, in dem der Beitritt dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention bereits wirksam war, sodaß schon in diesem Land Verfolgungssicherheit gegeben gewesen ist. Dafür, daß diese Voraussetzung bei den Beschwerdeführern nicht vorgelegen hätte, finden sich keine Anhaltspunkte im Verwaltungsverfahren. Es ergeben sich auch keine Hinweise, aus welchen Gründen die Beschwerdeführer gehindert gewesen wären, bereits in Ungarn um Asyl anzusuchen. Verfolgungssicherheit im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmung liegt entgegen der in den Beschwerden ausgedrückten Rechtsmeinung unabhängig davon vor, ob die Behörden des anderen Staates vom Aufenthalt des Asylwerbers wußten oder ihn geduldet haben. Ebensowenig kommt es darauf an, welche Absichten der Asylwerber dabei verfolgt und wie lange er sich in diesem anderen Staat aufgehalten hat, war doch die anzunehmende Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem die Beschwerdeführer ihr Heimatland verlassen hatten. Es ist auch der in den Beschwerden zum Ausdruck gebrachten Auffassung der Beschwerdeführer zu widersprechen, wonach es ausschließlich in der Ingerenz des Asylwerbers gelegen sei "in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher zu sein", in dem es ihm überlassen bliebe, einen allenfalls vorhandenen Verfolgungsschutz in Anspruch zu nehmen. Dazu wird auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357 gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich aber auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Beschwerdeführer in ihrem Heimatland tatsächlich Verfolgung im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ausgesetzt gewesen waren und ob diesbezüglich der belangten Behörde allenfalls Verfahrensfehler unterlaufen sind.
Da somit schon aus diesem Grunde der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über die in Verbindung mit den Beschwerden gestellten Anträge, den Beschwerden gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993011542.X00Im RIS seit
03.04.2001