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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Juli 1993, Zl. 4.336.726/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist vom folgenden Sachverhalt auszugehen:
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Juli 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, der am 28. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. April 1992, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 31. März 1992 im wesentlichen angegeben, er hätte in seinem Heimatland keiner politischen Organisation, sondern einer moslemischen Studentenvereinigung angehört. Im Oktober 1991 habe er in Kano an einer Demonstration teilgenommen, bei welcher sich die Moslems gegen die Katholiken hätten wehren wollen. Dabei sei es zu Kämpfen zwischen den beiden Religionsgruppen gekommen, dem Beschwerdeführer sei es jedoch gelungen, zu entkommen. Er sei in der Folge von "den Katholiken" gesucht worden, da diese erfahren hätten, daß auch er zu den Demonstrationsteilnehmern gezählt habe. Es sei unmöglich gewesen, mit Katholiken friedlich zusammenzuleben. Die Moslems hätten in dem in Rede stehenden Gebiet keine Rechte. Der Beschwerdeführer habe, da er, nachdem "Katholiken" auch in moslemische Häuser eingedrungen seien und Personen getötet hätten, seines Lebens nicht mehr sicher gewesen sei, den Entschluß gefaßt, sein Heimatland zu verlassen. Bei einer allfälligen Rückkehr würde er von "den Katholiken" getötet werden.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe er sein Vorbringen dahingehend ergänzt, daß bei den geschilderten Auseinandersetzungen sein Cousin verletzt worden sei und daß Studenten von den fanatischen Gruppen beider Seiten als Schlüsselfiguren betrachtet werden, "da diese Anführer und Aufrührer" seien.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen einer "Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1991" im wesentlichen deshalb verneint, weil die "bloße Behauptung", der Beschwerdeführer sei "von den Katholiken" wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration gesucht worden, noch nicht auf eine konkrete, individuell gegen seine Person gerichtete staatliche bzw. dem Staat zurechenbare Maßnahme schließen lasse." Allfällige Beeinträchtigungen "des Beschwerdeführers seien lediglich den Mitgliedern einer anders denkenden Religionsgruppe, also Privatpersonen zuzuschreiben, nicht aber staatlichen Behörden. Daß er jedoch versucht habe, sich unter den Schutz staatlicher Behörden zu stellen, habe der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Im übrigen sei das Vorbringen, die Moslems hätten ihn Kano keine Rechte und würden von den Katholiken unterdrückt, unglaubwürdig, da der Norden Nigerias (wo sich Kano befinde) eine überwiegend "moslemische Sozialstruktur" aufweise. Selbst wenn aber in Kano Katholiken gegen Moslems - und damit auch gegen den Beschwerdeführer - vorgegangen wären, hätte er immer noch die "nationale Fluchtalternative" in einen anderen Teil des nördlichen Nigerias gehabt, in dem sich überwiegend Moslems aufhielten.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, die belangte Behörde habe die tatsächliche Situation bezüglich der Konfrontation zwischen Moslems und "Katholiken, die bekanntermaßen das Land beherrschen" unzutreffend bewertet, zumal sie es auch unterlassen habe, im Wege der Österreichischen Botschaft in Nigeria einen diesbezüglichen Bericht einzuholen. "Gerade in Afrika" seien "staatlich tolerierte Terrorgruppen am Werke", die Andersdenkende brutal und lebensbedrohend verfolgten. Für einen Verfolgten mache es dabei keinen Unterschied, ob die gegen ihn gerichtete Gewalt direkt von staatlichen Organen herrühre oder von diesen nur bewußt gefördert werde.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:
Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiven Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen, wobei es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtstellung vorzubringen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/1108).
Da weder dem Berufungs- noch dem Beschwerdevorbringen entnommen werden kann, daß eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vorliege (die übrigen Gründe des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 kommen im vorliegenden Fall von vorneherein nicht in Betracht), hatte die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das erstinstanzliche Vorbringen des Beschwerdeführers zugrundezulegen. Diesem - allerdings auch dem Berufungsvorbringen - läßt sich jedoch nicht einmal ansatzweise entnehmen, daß der Beschwerdeführer aus Gründen seiner Religion in seinem Heimatland staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen sei oder solche zu befürchten habe. Die Angriffe der "Katholiken" könnten nämlich nur dann als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet werden, wenn der Staat nicht willens oder nicht in der Lage wäre, diese hintanzuhalten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0208). Daß der Beschwerdeführer jedoch vergeblich den Schutz der staatlichen Behörden gegen Übergriffe von katholischer Seite gesucht hätte oder ein solcher Versuch von vorneherein vergeblich gewesen wäre, kann der unwidersprochen gebliebener Darstellung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren nicht entnommen werden. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die von "katholischer" Seite ausgehenden Feindseligkeiten nicht als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet. Bei diesem - durch die Angaben des Beschwerdeführers bestimmten - Sachverhalt war die belangte Behörde entgegen der in der Beschwerde dargelegten Auffassung auch nicht verpflichtet, weitere Erhebungen über den in Nigeria bestehenden Konflikt zwischen Moslems und Katholiken bzw. über die Vorgangsweise der nigerianischen Behörden einzuholen (vgl. dazu nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0208).
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190938.X00Im RIS seit
20.11.2000