TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 93/16/0150

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
35/02 Zollgesetz;
46/02 Sonstige Angelegenheiten der Statistik;;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

B-VG Art18 Abs1;
HStatG 1988 §20 Abs1;
HStatG 1988 §20 Abs3;
MOG 1985 §20 Abs2;
MOG 1985 §38 Abs2;
ViehWG §10 Abs3;
ViehWG §10 Abs5;
ViehWG §10 Abs6;
ViehWG §5;
VwRallg;
ZollG 1955 §4;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/16/0151 E 17. Februar 1994 93/16/0152 E 17. Februar 1994 93/16/0153 E 17. Februar 1994 93/16/0154 E 17. Februar 1994 93/16/0155 E 17. Februar 1994 95/16/0326 E 14. November 1996

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der B in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. August 1993, Zl. 17.352/40-IA7b/93, betreffend Importausgleichssatz nach dem Viehwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage der Ermittlung des Auslandspreises als Grundlage des Importausgleichssatzes gemäß § 10 Abs. 5 Viehwirtschaftsgesetz 1983, BGBl. 621 idF der Nov. BGBl. 325/1987 (im folgenden kurz: VWG) strittig.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1992 setzte die Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (im folgenden kurz: Kommission) über Antrag des Zollamtes Innsbruck Importausgleichssätze für folgende, im Jahr 1991 importierte Waren fest:

    a)   517,50 kg  Beiried mit Rostbraten, gut zugeputzt,

                    ohne Deckel (CSFR)

    b) 1.025,50 kg  Beiried mit Rostbraten, gut zugeputzt,

                    ohne Deckel (CSFR)

    c) 1.060,50 kg  Beiried mit Rostbraten, sauber zugeputzt,

                    ohne Deckel (CSFR)

    d)   992,50 kg  Beiried mit Rostbraten, ohne Deckel,

                    zugeputzt (CSFR)

    e)   292,00 kg  Tafelspitz, zugeschnitten (Österreich)

    f)   710,50 kg  Rinderfilet, zugeputzt (Paraquay)

    g)   446,00 kg  Schweinefilet (Polen)

    h)   526,50 kg  Schweinefilet, zugeputzt (küchenfertig)

                    (CSFR)

    i)   458,00 kg  Schweinefilet (Polen)

Diese Festsetzung erfolgte aufgrund von Erhebungen, die die Kommission bei den Außenhandelsstellen in Prag, Warschau und Rom sowie "inländischen Firmen" eingeholt hatte, im einzelnen unter Heranziehung folgender Daten:

                      a) - c) d) e)

Auslandspreis:      S  30,00/kg     S  29,00/kg     S  83,70/kg

Inlandspreis:       S 142,--/kg     S 136,--/kg     S 120,--/kg

Spesen und Spanne

(8,6 %):            S   2,58/kg     S   2,49/kg     S   7,20/kg

errechn. IA-Satz:   S 109,42/kg     S 104,51/kg     S  29,10 kg

                       f) g) und i)        h)

Auslandspreis:      S  99,70/kg     S  57,70/kg     S  62,30/kg

Inlandspreis:       S 190,--/kg     S 120,--/kg     S 120,--/kg

Spesen und Spanne

(8,6 %):            S   8,57/kg     S   4,96 kg     S   5,36/kg

errechn. IA-Satz:   S  81,73/kg     S  57,34/kg     S  52,34/kg

Die Kommission führte dazu unter anderem aus, wegen der großen Differenz sei für jedes Ursprungsland ein eigener Auslandspreis errechnet worden. Der Argumentation, daß zusätzlich zu den Auslandspreisen mit Ursprung außerhalb der EG die Zollbelastung, die Abschöpfung, Spesen und Spanne einer Handelsstufe in Italien beim Import in die EG hinzuzurechnen seien, folgte die Kommission nicht. Sie begründete dies damit, daß der Importausgleich nach § 10 VWG zu berechnen sei und dessen Bestimmungen keine "Umwege" über andere Länder vorsähen, wodurch sich die Auslandspreise deutlich erhöhen würden. Die Kommission habe sich bei Bemessung des Importausgleiches daran zu orientieren, wie der Auslandspreis bei einem Import im Rahmen von Verfahren gemäß § 5 VWG ermittelt werde. Bei solchen Verfahren widerspreche es dem VWG, höhere Auslandspreise aufgrund von "Umwegen" über andere Länder anzuwenden, da dies die Importausgleichssätze vermindern und dem staatsfinanziellen Interesse widersprechen würde.

Die gegen den Bescheid der Kommission erhobene Berufung wies die belangte Behörde ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid, wobei sie im wesentlichen folgende Rechtsansicht vertrat:

Bei der Erhebung des Importausgleiches seien reguläre und illegale Einfuhren grundsätzlich gleich zu behandeln. In Ansehung der Auslandspreise sei für die Bestimmung des Importausgleichssatzes bei "sonstigen Einfuhren" schon vom Gesetzeswortlaut her primär auf die Preise in maßgebenden Ursprungsländern abzustellen. Nur dann, wenn z.B. infolge eines Schmuggels das bzw. die Ursprungsländer nicht ermittelbar seien, sei (sekundär) auf die Preise in den "Handelsländern" abzustellen. Im Lichte dieser Überlegungen erachtete die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid als gesetzeskonform. Im übrigen hätten sich aufgrund der Ermittlungen des Zollamtes Innsbruck, wozu auch Experten der Kommission als Sachverständige beigezogen gewesen wären, keine Hinweise ergeben, daß die gegenständliche Ware in Italien einer Be- oder Verarbeitung unterzogen worden wäre, derzufolge man Italien als Ursprungsland ansehen hätte können.

Gegenüber den von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren angegebenen Auslandspreisen, die bloße Behauptungen darstellten, wäre den von der Kommission verwendeten Werten der Vorzug zu geben, weil diese auf Informationen der jeweiligen Außenhandelsstellen beruhten und daher gut abgesichert seien. Italienische Preise könnten nur berücksichtigt werden, wenn Italien "Ursprungsland" sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf richtige Anwendung des VWG und korrekte Ermittlung der Importausgleichssätze verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 VWG in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung

der Nov. BGBl. 325/1987 lautet auszugsweise:

"(3) Der Importausgleichssatz ergibt sich aus dem Unterscheid zwischen dem Auslandspreis und dem höheren Inlandspreis einer gleichartigen Ware, vermindert um die Importspesen und eine angemessene Importspanne...

(5) Als Auslandspreis gelten bei Ausschreibungen (§ 5 Abs. 4) die Angebotspreise der Einfuhranträge, die bewilligt werden, und bei sonstigen Einfuhren, soweit nicht Abs. 6 zu Anwendung kommt, die Durchschnittspreise in maßgebenden Ursprungs- oder Handelsländern.

(6) Für Einfuhren, die in einem allgemeinen Einfuhrverfahren bewilligt werden, hat die Kommission durch Verordnung den Importausgleichssatz in Form eines Pauschalsatzes festzulegen. Der Pauschalsatz ist unter Berücksichtigung der Preissituation, die in den maßgebenden Ursprungs- und Handelsländern Österreichs besteht, in einem Ausmaß festzulegen, ..."

Im vorliegenden Fall geht es unstrittigermaßen um "sonstige Einfuhren" iS des § 10 Abs. 5 VWG.

Die für den Beschwerdefall entscheidende Rechtsfrage ist die Auslegung des Begriffes "Durchschnittspreise in maßgebenden Ursprungs- oder Handelsländer" in § 10 Abs. 5 leg. cit. Der Gesetzgeber stellt damit - ganz anders als z.B. in § 20 Abs. 2 oder § 38 Abs. 2 Marktordnungsgesetz BGBl. 210/1985, wo es auf den Zollwert der Ware ankommt - nicht auf einen konkreten Wert oder Preis der Importware sondern auf eine Durchschnittsgröße ab. Wie sich aus dem Zusammenhang der Bestimmungen der Abs. 5 und 6 des § 10 VWG ergibt, sind unter den maßgebenden Ursprungs- oder Handelsländern jene zu verstehen, denen entsprechende Bedeutung für Österreich und damit den österreichischen Markt zukommt.

Aus dem Abs. 6 der zitierten Gesetzesstelle betreffenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1993, Zl. V 38/93-8, ergibt sich dazu, daß einerseits eine gesetzlich so (wie in Abs. 6) umschriebene Preissituation prinzipiell ermittelbar ist (weshalb aus dem Blickwinkel des Art. 18 Abs. 2 B-VG keine Bedenken gegen die entsprechende Gesetzesstelle bestehen, was auch für die Regelung des § 10 Abs. 5 leg. cit. zu gelten hat) und daß andererseits von den wirtschaftlichen Verhältnissen und Bedingungen der im Importzeitraum für den österreichischen Markt tatsächlich in Betracht kommenden Länder auszugehen ist. Hiebei ist es unzulässig, Einkaufspreise zu berücksichtigen, die nur durch Einschaltung zusätzlicher Zwischenhandelsstufen entstehen und die damit den tatsächlichen Marktpreisen nicht entsprechen.

Diesen dem Gesetz und der zitierten Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes entnehmbaren Kriterien folgend ist somit bei der Ermittlung des Auslandspreises gemäß § 10 Abs. 5 VWG eine Orientierung an den Durchschnittspreisen jener Länder vorzunehmen, die im Streitzeitraum für Österreich betreffend die beschwerdegegenständlichen Waren als Ursprung- oder Handelsländer tatsächlich wirtschaftliche Bedeutung hatten und daher als maßgeblich anzusehen sind. Als sachliche Beurteilungsgrundlage kann z.B. - wie in dem vom Verfassungsgerichtshof judizierten Fall - die Importstatistik für das betreffende Jahr herangezogen werden, wobei die Begriffe Ursprungs- bzw. Handelsland iSd Bestimmungen des § 20 Abs. 1 und Abs. 3 HStatG iVm § 4 ZollG zu verstehen sind. Betreffend den Fall "sonstige Einfuhren" iS des § 5 VWG - der im Beschwerdefall unstrittig gegeben ist - wird es sohin darauf ankommen, ob für die konkret in Rede stehenden Fleischwaren im fraglichen Zeitraum bezogen auf den österreichischen Markt andere Länder überhaupt als Ursprungs- oder (in deren Ermangelung als) Handelsländer in Frage kamen und welche davon in maßgeblicher Hinsicht. Die Durchschnittspreise dieser Länder sind dann (unter Ausschaltung etwaiger zusätzlicher Zwischenhandelsstufen) als Auslandspreis der gemäß § 10 Abs. 3 VWG vorzunehmenden Berechnung des Importausgleichssatzes zugrundezulegen.

Indem nun die belangte Behörde im Beschwerdefall, ohne daß dies gesetzlich geboten wäre "primär" auf die Preise in den konkreten Ursprungsländern der Waren abstellte ohne die Frage der Maßgeblichkeit dieser LÄnder für den österreichen Markt näher zu behandeln, und deshalb die nach dem Gesetz relevanten Durchschnittspreise der für Österreich betreffend das Jahr 1991 hinsichtlich der in Rede stehenden Fleischsorten maßgeblichen Ursprungsländer nicht ermittelte und seiner Entscheidung nicht zugrundelegte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO. BGBl. 104/1991.

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993160150.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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