TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/18 93/12/0194

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Veröffentlicht am 18.02.1994
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Index

63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

RGV 1955 §39 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des NN in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Mai 1993, Zl. 8117/52-II/4/93, betreffend Reisezulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Inspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten XY im Bezirk Linz-Land.

Am 4. April 1992 hatte der Beschwerdeführer von 20.00 Uhr bis zum 5. April 1992, 06.00 Uhr, zufolge eines Befehles des Bezirksgendarmeriekommandos Linz-Land an einer Radar- und Alkoholkontrolle teilzunehmen. Der Beschwerdeführer begehrte für diese Zeit mit Reiseausweis vom 5. April 1992 zwei Drittel Tagesgebühr nach Tarif I und eine Nächtigungsgebühr. Am 30. April 1992 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, daß diese Reisegebührenabrechnung nicht zur Anweisung gebracht wird, weil die darin verzeichneten Reisegebühren gemäß § 39 RGV durch die Pauschalvergütung abgegolten sind. Der Beschwerdeführer ersuchte daraufhin am 15. Juni 1992 um bescheidmäßige Erledigung seines Ansuchens.

Die Behörde erster Instanz wies den Antrag auf Auszahlung der geltend gemachten Reisegebühren letztlich mit Bescheid vom 29. März 1993 ab.

Der vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachten Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.

Zur Begründung wird in diesem nach Darstellung des Verfahrensablaufes folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer sei eingeteilter Beamter des Gendarmeriepostens XY des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich. Mit Dienstauftrag sei dem Beschwerdeführer zufolge des Befehles des Bezirksgendarmeriekommandos Linz vom 18. März 1992 angeordnet worden, daß er im Bezirk Linz-Land am 4. April 1992, ab 20.00 Uhr, bis 5. April 1992, 06.00 Uhr, an einer Radar- und Alkoholkontrolle teilzunehmen habe. Zu diesem Dienst seien neben den eigens dafür eingeteilten Patrouillendiensten auch Funkpatrouillen und sonstige im Dienst befindliche Außendienstpatrouillen herangezogen worden. Laut Dienstvorschreibung "ftl Nr 249" sei für den Beschwerdeführer grundsätzlich eine Patrouille mit Hinweis auf die vorgesehene Radar- und Alkoholkontrolle angeordnet gewesen. Laut Dienstvorschreibung "ftl Nr 72" des Einsatzleiters GrInsp K habe sich die Alkohol- und Radarkontrolle auf die Bereiche der GP L und XY beschränkt. Am 5. April 1992, in der Zeit von 00.15 bis 02.00 Uhr, habe der Beschwerdeführer den Gendarmerieposten N beim Einschreiten gegen eine Rockergruppe, die in E eine Massenschlägerei mit Schlagstöcken und Baseballschlägern angezettelt und sich dann nach H abgesetzt hatte, unterstützen müssen. Hiebei habe der Beschwerdeführer die Patrouillen T und L bei der Festnahme dieser Rocker in H unterstützt. Im Anschluß daran habe der Beschwerdeführer wieder mit anderen Beamten Geschwindigkeits- und Alkoholkontrollen bis 05.45 Uhr durchgeführt. Dieser Dienst sei ausschließlich im Bereich des Bezirksgendarmeriekommandos Linz-Land durchgeführt worden. Eine Nachtunterkunft sei während dieses Dienstes nicht in Anspruch genommen worden.

Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen weiter aus, der Beschwerdeführer habe die gegenständlichen Radar- und Alkoholkontrollen im Bezirk Linz-Land, und zwar im Bereich der Gendarmerieposten L und XY, durchgeführt. Daraus folge, daß er diesen Dienst im Bereich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (und zum Teil in seinem eigenen Postenrayon) durchgeführt habe, der unter die monatliche Pauschalvergütung nach § 39 Abs. 3 RGV in Verbindung mit Abs. 1 der genannten Bestimmung falle. Ein Anspruch auf Gebühren nach dem I. Hauptstück der RGV sei nur für solche auswärtigen Dienstverrichtungen (sogenannte Einsätze) vorgesehen, die nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst zählten. Diese Einsätze seien im § 39 Abs. 5 RGV taxativ in der Form aufgezählt, daß als solche Einsätze Dienstleistungen bei alpinen Rettungs- und Bergungsaktionen, Elementarereignissen, Großbränden, Unfällen im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr und besondere Wachdienste gelten. Daß der Beschwerdeführer eine der vorangeführten Dienstleistungen bei seinem Dienst zum 5. April 1992 erbracht habe, habe er weder behauptet noch habe es das Ermittlungsverfahren hervorgebracht. Grundsätzlich stellten vielmehr Geschwindigkeits- und Alkoholkontrollen für sich typische und regelmäßig anfallende Tätigkeiten im Rahmen der Verkehrspolizei dar. Darüber hinaus habe sich der Aufgabenbereich, der sich bei der Radar- und Alkoholkontrolle aus der Tätigkeit ergebe, nicht nur auf die Überwachung von straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften gestützt, sondern habe auch Tätigkeiten im kriminalpolizeilichen Bereich, wie z.B. das Überprüfen von Personen, umfaßt, die eindeutig dem normalen Sicherheitsdienst zuzuordnen seien. Außerdem gehöre eine solche Dienstleistung, die als Patrouille in der Dienstvorschreibung ausgewiesen sei, zur alltäglichen Patrouillentätigkeit der Gendarmeriebeamten. Eine spezielle Tätigkeit - wie eine Radar- und Alkoholkontrolle - bei der Überwachung von straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften - und sei sie auch als Sonderdienst bezeichnet - stelle noch keine Dienstleistung aus besonderem Anlaß im Sinne des § 39 RGV dar. Zu prüfen sei daher nur, ob es sich bei dem gegenständlichen Dienst um eine Dienstleistung gehandelt habe, die aus besonderen Anlässen zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen durchgeführt worden sei. Die Heranziehung dieser Bestimmung komme nur dann in Betracht, wenn die zuständige Gendarmeriedienststelle in besonderen Ausnahmefällen mit den eigenen Kräften nicht das Auslangen finde und demzufolge Verstärkung von anderen Dienststellen benötige. Diese Voraussetzungen seien im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben gewesen. Dies nicht nur deshalb, weil die gegenständliche Patrouillentätigkeit zum Teil auch im eigenen Postenrayon des Beschwerdeführers stattgefunden habe und demzufolge von einer Verstärkung anderer Dienststellen schon begrifflich nicht gesprochen werden könne. Darüber hinaus habe sich der Dienst zur Radar- und Alkoholkontrolle nicht nur auf einen Überwachungsrayon beschränkt, sondern sei in seiner Grundkonzeption als ein Dienst aufgebaut gewesen, der unter Außerachtlassung der Postenrayone rayonsübergreifend zu leisten gewesen sei, sodaß auch aus dieser Sicht von einer Verstärkung/Kommandierung nicht gesprochen werden könne. Aus all dem folge, daß der Beschwerdeführer nicht solche Dienste geleistet habe, die zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen durchgeführt worden seien. Daraus ergebe sich, daß keine der Voraussetzungen des § 39 Abs. 5 RGV vorliege, die eine Verrechnung dieser Dienstverrichtung nach dem I. Hauptstück rechtfertigen würde, sondern diese Dienstleistung bereits durch die Pauschalvergütung als abgegolten gelte. Für die Verrechnung einer Nächtigungsgebühr sei Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer während des genannten Dienstes auch tatsächlich eine Nachtunterkunft in Anspruch genommen habe. Daß der Beschwerdeführer keine Nachtunterkunft in Anspruch genommen habe, ergebe sich eindeutig aus der Aufgabenstellung der Dienstvorschreibung sowie aus dem Umstand, daß er tatsächlich Außendienst geleistet habe. Daraus folge, daß er auch keinen Anspruch auf Nächtigungsgebühr habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisezulage (Tagesgebühr nach Tarif I und Nächtigungsgebühr) nach § 13 RGV 1955 durch unrichtige Anwendung des § 39 dieses Gesetzes sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Nach § 39 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955 (die nach § 92 des Gehaltsgesetzes 1956 auf der Stufe eines Bundesgesetzes steht) in der Fassung BGBl. Nr. 288/1988 gebührt für den normalen Sicherheits- und Patrouillendienst, den Funkpatrouillendienst und den motorisierten Verkehrsdienst sowie andere regelmäßig zu leistende und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen außerhalb des Dienstortes im Überwachungsrayon der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, Außenstellen der Gendarmerieposten, Verkehrsposten, Motorbootstationen und Außenstellen der Verkehrsabteilungen anstelle der Tagesgebühren nach dem I. Hauptstück eine monatliche Pauschalvergütung. Für jede in Anspruch genommene Nachtunterkunft gebührt eine Nächtigungsgebühr.

Als Überwachungsrayon im Sinne des Abs. 1 gilt nach Abs. 3 der genannten Bestimmung u.a. für die Beamten der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, deren Außenstellen und der Verkehrsposten der Bereich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.

Werden die Gendarmeriebeamten zu einem Einsatz herangezogen, der nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst gehört, so ist nach Abs. 5 der genannten Bestimmung das I. Hauptstück anzuwenden. Als solche Einsätze gelten Dienstleistungen bei alpinen Rettungs- und Bergungsaktionen, Elementarereignissen, Großbränden, Unfällen im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr und besondere Wachdienste sowie Dienstleistungen (Kommandierungen) aus besonderen Anlässen zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen, sofern diese außerhalb des eigenen Dienstortes liegen und nicht § 22 anzuwenden ist.

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (551 der Beilagen XVII. GP) ist zur Neufassung des § 39 RGV 1955 ausgeführt:

"Mit der neuen Regelung soll für die regelmäßigen Dienste der Gendarmerie (z.B. den normalen Sicherheits- und Patrouillendienst, den Funkpatrouillendienst und den motorisierten Verkehrsdienst), soweit sie außerhalb des Dienstortes zu verrichten sind, eine Pauschalabgeltung geschaffen werden. Anspruch und Ruhen dieser Pauschalabgeltung sollen sich nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 über die Fortzahlung pauschalierter Nebengebühren richten. Für Dienstleistungen, die nicht regelmäßig zu leisten und nicht in der Natur des Dienstes gelegen sind, ist weiterhin das I. Hauptstück der Reisegebührenvorschrift anzuwenden. Diese als "Einsätze" bezeichneten Dienste sind im § 39 Abs. 5 taxativ aufgezählt."

§ 39 RGV stellt demnach eine Sonderbestimmung für den Gendarmeriedienst dar, nach dessen Abs. 1 für die normale Dienstleistung von Gendarmen außerhalb des Dienstortes eine pauschale Abgeltung reisegebührenrechtlicher Ansprüche vorgesehen ist. Abs. 5 regelt in Ergänzung zu Abs. 1 taxativ, unter welchen Voraussetzungen Einsätze nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst gehören. Trotz der an sich denkmöglichen Interpretation, daß das I. Hauptstück der RGV schon dann Anwendung zu finden hat, wenn keine der Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, spricht der Zusammenhang dieser Regelung mit der nach Abs. 5 dafür, daß im Abs. 1 nur eine demonstrative Aufzählung des Normaldienstes enthalten ist, die durch die im Abs. 5 enthaltene taxative Aufzählung der Einsätze, die einen reisegebührenrechtlichen Anspruch nach den allgemeinen Regeln des I. Hauptstückes auslösen, eine negative Abgrenzung erfährt.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der gegenständliche Dienst reisegebührenrechtlich durch die Regelung der Pauschalvergütung nach § 39 RGV erfaßt ist oder nicht, wobei die Beschwerde die gesamte Außendienstleistung geltend macht.

Ausgehend von dem vorher dargelegten systematischen Zusammenhang und der konkreten Sachlage wäre ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Reisegebühren über die Pauschalvergütung hinaus im Sinne des Abs. 5 nur dann gegeben gewesen, wenn seine Dienstleistung aus besonderen Anlässen zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen außerhalb des eigenen Dienstortes vorgelegen wäre. Die belangte Behörde verneint das Vorliegen dieser Voraussetzung, weil die gegenständliche Patrouillentätigkeit zum Teil auch im eigenen Postenrayon des Beschwerdeführers stattgefunden habe und demzufolge von einer Verstärkung anderer Dienststellen nicht gesprochen werden könne. Darüber hinaus habe sich der Dienst zur Radar- und Alkoholkontrolle nicht nur auf einen Überwachungsrayon erstreckt, sondern sei rayonsübergreifend zu leisten gewesen, sodaß auch aus dieser Sicht nicht von einer Verstärkung habe gesprochen werden können.

Zu diesen nicht unzutreffenden Überlegungen der belangten Behörde kommt nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes noch dazu, daß die im Abs. 5 enthaltene Aufzählung der Einsätze, die eine eigene reisegebührenrechtliche Abgeltung auslösen, einen Grad der Besonderheit erkennen lassen (alpine Rettungs- und Bergungsaktionen, Elementarereignisse, Großbrände, Unfälle im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr), der auch auf die in der Umschreibung des letzten Tatbestandes enthaltene Formulierung "aus besonderen Anlässen" derart wirkt, daß der Anlaß für den gegenständlichen Einsatz des Beschwerdeführers (angeblich höhere Verkehrsunfallhäufigkeit im Bezirk Linz-Land) nicht als solcher besonderer Anlaß im Sinne des § 39 Abs. 5 RGV letzter Tatbestand gewertet werden kann.

Demnach wird der durch diesen Einsatz allenfalls entstandene Mehraufwand - daß ein solcher konkret gegeben gewesen wäre oder vom Beschwerdeführer eine Nachtunterkunft in Anspruch genommen worden sei, hat er gar nicht behauptet - durch die von ihm nach § 39 Abs. 1 RGV bezogene Pauschalvergütung abgegolten.

Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993120194.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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