TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/22 93/04/0218

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Veröffentlicht am 22.02.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X-AG in N, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. August 1993, Zl. 314.198/2-III/A/2a/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages um Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 12. August 1993 behob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über Berufung des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. März 1991 diesen Bescheid sowie den diesem zugrundeliegenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 23. Juli 1990, und wies das namens der Beschwerdeführerin eingebrachte Ansuchen des Dipl.-Ing. S vom 4. April 1990 betreffend die Erteilung einer Genehmigung "zur Errichtung" einer Betriebsanlage in P gemäß §§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 3 AVG zurück. In der Begründung dieses Bescheides führte der Bundesminister aus, am 4. April 1990 habe Dipl.-Ing. S "im Namen seiner Bauherrschaft, der X-AG mit Sitz in N", um Erteilung der Genehmigung zur Errichtung einer Betriebsanlage angesucht. Eine entsprechende Vollmacht sei nicht vorgelegt worden. Über dieses Ansuchen sei der genehmigende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 23. Juli 1990 ergangen, gegen welchen das Arbeitsinspektorat für den 6. Aufsichtsbezirk Berufung erhoben habe. Mit Bescheid vom 12. März 1991 habe der Landeshauptmann von Niederösterreich dieser Berufung keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Dagegen habe das Arbeitsinspektorat neuerlich Berufung erhoben. Der Bundesminister habe die Beschwerdeführerin in einem Schreiben vom 18. Februar 1993 nachweislich aufgefordert, "gemäß §§ 10, 13 AVG 1950" innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Bevollmächtigung des Architekten Dipl.-Ing. S nachzuweisen. Dieser Nachweis sei bisher nicht erbracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Erledigung ihres Genehmigungsansuchens verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin vor, es sei ihr im gegenständlichen Fall nicht "aufgetragen" worden, die fehlende Vollmacht nachzuweisen, sondern sie sei vielmehr bloß dazu "eingeladen" worden. Sie sei nicht darauf aufmerksam gemacht worden, welche weitreichenden Konsequenzen mit einem Versäumnis der ihr gesetzten Frist verbunden seien. Sie hätte sicherlich aufmerksamer reagiert, wenn ihr ein förmlicher Verbesserungs-"Auftrag" erteilt worden wäre, anstelle der formlosen "Einladung". Auch wenn keine Formvorschriften für einen Verbesserungsauftrag bestünden, zeige die im § 13 AVG verwendete Wortwahl "Auftrag", daß insbesondere gegenüber unvertretenen Parteien eine gewisse Förmlichkeit am Platz sei. Da die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten gewesen sei, wäre sie gemäß § 13a AVG über die mit einer etwaigen Säumnis unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren gewesen. Die belangte Behörde habe daher, falls das Schreiben vom 18. Februar 1993 überhaupt als Mängelbehebungsauftrag im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren sei, ihre Manuduktionspflicht verletzt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten einen Hinweis auf einen Auftrag an die Beschwerdeführerin zur Behebung von Formgebrechen, insbesondere das Schreiben vom 18. Februar 1993, nicht enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof legt daher seiner Entscheidung in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG die Behauptungen der Beschwerdeführerin über den Inhalt dieses Schreibens zugrunde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem auch in der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, Zlen. 87/04/0101, 0102, ausgeführt hat, ist zwar im § 13 Abs. 3 AVG die Aufnahme eines Hinweises auf die Rechtsfolgen der Nichtbeachtung eines nach dieser Gesetzesstelle ergangenen Verbesserungsauftrages nicht vorgesehen. Es ist jedoch unter der Voraussetzung des § 13a AVG, nämlich, daß ein solcher Auftrag an eine Person ergeht, die nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist, in Entsprechung der behördlichen Manuduktionspflicht eine Rechtsbelehrung über diese Rechtsfolgen zu erteilen.

Das Unterbleiben der Rechtsbelehrung stellt einen Verfahrensmangel dar, von dem nicht gesagt werden kann, daß die belangte Behörde auch bei dessen Vermeidung zu keinem anderen als dem im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Ergebnis hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Manuduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040218.X00

Im RIS seit

27.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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