TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/22 93/07/0127

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Veröffentlicht am 22.02.1994
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1.) des A H und 2.) der H H in U, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juli 1993, Zl. Wa-102138/2-1993/Spi/Pö, betreffend Aufhebung eines Bescheides nach § 66 Abs. 2 AVG (mitbeteiligte Partei: E in Z), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) vom 25. November 1992 wurde den Beschwerdeführern unter Berufung auf die §§ 9, 11 bis 13, 19, 21, 98, 105, 111 und 121 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die beantragte wasserrechtliche Bewilligung erteilt, das unter Postzahl 3020 im Wasserbuch des Bezirkes Vöcklabruck eingetragene Wasserbenutzungsrecht, und zwar: Wasserversorgungsanlage E, zur Versorgung der Liegenschaften auf den Grundstücken 549/10, 549/11 und 549/12, KG L, durch Mitbenutzung zu erweitern sowie die dafür erforderlichen Anlagen zu errichten und zu betreiben.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1993 hob die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG den Bescheid der BH vom 25. November 1992 auf und verwies die Angelegenheit zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz. In der Begründung heißt es, da die Einräumung eines Mitbenutzungsrechtes die Einräumung eines Wasserbenutzungsrechtes voraussetze, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 107 Abs. 1 WRG 1959 zwingend vorgeschrieben. Ein Mitbenutzungsrecht könne nicht verfügt werden, wenn nicht zugleich eine wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserbenutzung erteilt werde. Der Wortlaut des angefochtenen Bescheides lasse die Auslegung zu, daß den Beschwerdeführern auch eine wasserrechtliche Bewilligung zur Quellwasserentnahme erteilt worden sei. Diese Bewilligungserteilung leide an einem Verfahrensmangel, da ihr keine mündliche Verhandlung vorangegangen sei. Allein aus diesem Grunde sei die belangte Behörde zur Aufhebung berechtigt gewesen. Im weiteren Verfahren werde zu prüfen sein, ob der Anschluß der Liegenschaft der beschwerdeführenden Parteien an die Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei überhaupt einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe. Wenn die Anlage der mitbeteiligten Partei vom Zweck und vom Maß der Wasserbenutzung her für die Versorgung der Liegenschaften der Beschwerdeführer konzipiert und bewilligt sei, handle es sich um bloße Hausanschlüsse, die keiner wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterlägen, da der Wasserbezug zwischen den Beschwerdeführern und der mitbeteiligten Partei durch einen privatrechtlichen Vertrag geregelt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht, gemäß § 9 WRG 1959 auf Antrag ein Wasserbenutzungsrecht eingeräumt zu erhalten, sowie die dafür erforderlichen Anlagen errichten bzw. ändern und betreiben zu dürfen, sowie in dem Recht, gemäß § 19 WRG 1959 auf Antrag ein Mitbenützungsrecht an einer bestehenden Stau- bzw. Wasserführungsanlage eingeräumt zu erhalten, verletzt. Sie bringen vor, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, es habe keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Dies treffe nicht zu. Wie sich aus dem Bescheid der BH vom 25. November 1992 ergebe, sei am 24. August 1992 eine Verhandlung durchgeführt worden, bei der über das Ansuchen der Beschwerdeführer vom 12. Juni 1992 verhandelt worden sei; die darüber aufgenommene Niederschrift sei zu einem Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides erklärt worden.

Die belangte Behörde habe auch nicht dargelegt, inwiefern der Sachverhalt so mangelhaft sei, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine.

Ein Widerspruch werde auch darin gesehen, daß die belangte Behörde auf der einen Seite argumentiere, die Sachverhaltsfeststellung wäre mangelhaft gewesen, während andererseits die Aufhebung allein damit begründet werde, daß keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei. Der Behörde erster Instanz seien alle entscheidungswesentlichen Unterlagen vorgelegen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Sehen die Verwaltungsvorschriften zwingend eine mündliche Verhandlung vor, wurde eine solche aber von der Behörde erster Instanz nicht durchgeführt, so berechtigt dies die Berufungsbehörde jedenfalls, von § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch zu machen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt, daß der vorliegende Sachverhalt nicht ausreicht, um zu beurteilen, ob die Mitbenutzung der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei durch die Beschwerdeführer einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf oder nicht. Eine solche Bewilligungspflicht kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. War die Mitbenutzung aber bewilligungspflichtig, dann war im Verfahren zu ihrer Erlassung auch § 107 Abs. 1 WRG 1959 anzuwenden. Nach dieser Bestimmung ist, wenn der Antrag (auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung) nicht gemäß § 106 sofort abzuweisen ist oder wenn der Antragsteller ungeachtet der ihm mitgeteilten Bedenken auf seinem Vorhaben beharrt, das Verfahren bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheides durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung (§§ 40 bis 44 AVG) fortzusetzen, sofern nicht in besonderen Fällen nach ausdrücklichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann.

Eine mündliche Verhandlung wurde von der BH nicht durchgeführt. In der Einleitung des Bescheides der BH vom 25. November 1992 ist davon die Rede, daß auf Grund eines Ansuchens (der Beschwerdeführer) vom 12. Juni 1992 am 24. August 1992 eine wasserrechtliche Verhandlung durchgeführt worden sei und daß die darüber aufgenommene Verhandlungsschrift einen ergänzenden Bestandteil dieses Bescheides bilde; im Spruch des Bescheides findet sich ein Passus, wonach Grundlage für die getroffene Entscheidung die bei der mündlichen Verhandlung am 24. August 1992 vorgelegenen Projektsunterlagen und die Beschreibung des Vorhabens im Befund der Verhandlungsschrift sei. Auch die Begründung verweist auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 24. August 1992. Tatsächlich hat aber, wie sich aus dem Akt eindeutig ergibt, eine solche mündliche Verhandlung nicht stattgefunden. Zwar war für 24. August 1992 eine mündliche Verhandlung über die Einräumung eines Mitbenutzungsrechtes für E.R. an der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei anberaumt. Diese wurde aber nicht bzw. nicht in einer Art und Weise durchgeführt, daß sie als mündliche Verhandlung im Sinne der §§ 40 ff AVG angesehen werden könnte. In einem Aktenvermerk der BH vom 24. August 1992 heißt es, zu der für diesen Tag angeberaumten Verhandlung über die Einräumung eines Mitbenutzungsrechtes für E.R. an der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei werde festgehalten, es gebe derzeit mehrere (angeblich neun) Eigentümer von Liegenschaften, denen die mitbeteiligte Partei ein Wasserrecht von ihrer Quelle eingeräumt habe. Einer der Wasserberechtigten habe inzwischen ein Mitbenutzungsrecht seitens der Wasserrechtsbehörde eingeräumt erhalten. Zwei weitere derartige Anträge lägen bei der BH auf, darunter jener von E.R. und der der Beschwerdeführer. Für den Verhandlungsleiter erscheine es am heutigen Tag nicht sinnvoll, einzeln über die Einräumung der Mitbenutzungsrechte zu verhandeln, zumal nicht dezidiert feststehe, wieviele Mitbenutzungsrechte insgesamt zu erwarten seien und welchen Wasserbedarf die einzelnen Berechtigten hätten. Die Anwesenden - darunter auch die Beschwerdeführer - hätten mit Ausnahme des Vertreters der Gemeinde Zell am Moos erklärt, daß sie bereits eine Wassergenossenschaft gegründet hätten und daß diese einen Antrag auf Einräumung eines Mitbenutzungsrechtes für den gesamten Wasserbedarf der Genossenschaft stellen werde. Die einzelnen Anträge blieben aufrecht. Die nächste Verhandlung solle so ausgeschrieben werden, daß sowohl der Antrag der Genossenschaft als auch die Einzelanträge Verhandlungsgegenstand seien. In der Folge urgierten die Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung für die von ihnen beantragte Mitbenutzung und begehrten in diesem Zusammenhang auch die rasche Durchführung einer mündlichen Verhandlung, da sich im Anschluß an die Verhandlung vom 24. August 1992 gezeigt habe, daß die in Gründung befindliche Wassergenossenschaft "Schweibern 92" infolge verschiedener Anlaufschwierigkeiten noch längst nicht handlungsfähig sei.

Aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt sich, daß zwar für 24. August 1992 eine - überdies das Mitbenutzungsrecht einer anderen Partei betreffende - mündliche Verhandlung anberaumt wurde, daß diese aber nicht als mündliche Verhandlung im Sinne der §§ 40 ff AVG durchgeführt wurde. Die im § 107 Abs. 1 WRG 1959 zwingend vorgeschriebene mündliche Verhandlung hat demnach nicht stattgefunden. Die belangte Behörde hat daher den erstinstanzlichen Bescheid zu Recht nach § 66 Abs. 2 AVG behoben.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993070127.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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