TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/23 93/09/0465

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Veröffentlicht am 23.02.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §20;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litc idF 1990/450;
B-VG Art140 Abs1;
MRK Art6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des L in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg vom 25. Oktober 1993, Zl. III/6702-1122894, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der in N einen Gartenbaubetrieb führt, stellte am 24. August 1993 beim Arbeitsamt Bludenz den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für den "jugoslawischen" Staatsbürger A.F. als "Gartenbautechniker" mit einem Stundenbruttolohn von S 95,--. Spezielle Kenntnisse und Ausbildung wurden nicht gefordert.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 26. August 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, außerdem habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 - 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er beschäftige in seinem Betrieb derzeit nur zwei Personen, davon einen Ausländer. Bis vor kurzem habe er einen zweiten Ausländer gehabt, der jedoch gekündigt habe. Das Arbeitsamt habe bislang keine Ersatzkraft vermitteln können.

Am 29. September 1993 erging seitens der belangten Behörde an den Beschwerdeführer eine "Verständigung vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens", in welcher auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl für 1993 hingewiesen wurde. Der Fall sei daher im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Der Beschwerdeführer habe behauptet, A.F. als dringenden Ersatz für einen ausgeschiedenen Ausländer zu benötigen. Der beim Beschwerdeführer am 18. August 1993 ausgeschiedene Faruk Subasi sei als Hilfsarbeiter beschäftigt worden, nun werde jedoch ein Gartenbautechniker gesucht. Auf Grund der vorgelegten Qualifikationsnachweise und der Bezeichnung im Antrag könne der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Grund nicht anerkannt werden, weil das Qualifikationsniveau des ausgeschiedenen und des nunmehr beantragten Ausländers nicht ident seien. Weitere Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Diese Verständigung ließ der Beschwerdeführer binnen der ihm gesetzten Frist unbeantwortet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 864/1991 keine Folge. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist im wesentlichen eine Wiederholung der von der belangten Behörde bereits in ihrer Verständigung vom 29. September 1993 gebrauchten Argumente.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der für A.F. beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Ausführungen in der Beschwerde, wonach über Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG Gerichte im Sinne des Art. 6 EMRK zu entscheiden hätten, geben keinen Anlaß zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes, weil dieser bereits in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 1993, G 226/92-7, die Auffassung verworfen hat, daß mit verwaltungsgerichtlichen Eingriffen in das Recht, Ausländer zu beschäftigen, "civil rights" verletzt würden.

Der von der belangten Behörde als einzige rechtliche Grundlage des angefochtenen Bescheides herangezogene § 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle

BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Dazu hat die belangte Behörde festgestellt, daß die Landeshöchstzahl für Vorarlberg für das Jahr 1993 überschritten ist, und daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet hat. Dagegen hat der Beschwerdeführer trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren nichts vorgebracht. Die erstmals in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen zur Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl stellen deshalb im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerungen dar. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im folgenden auf Grund des von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhaltes vom Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen für die Anwendung des erschwerten Verfahrens gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG aus.

Der belangten Behörde ist darin Recht zu geben, daß das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, er benötige A.F. als Erastz für einen aus seinem Betrieb ausgeschiedenen Ausländer, die Geltendmachung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG darstellt. Die belangte Behörde ist im übrigen aber offenbar davon ausgegangen, daß ein Ausländer in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zum vorliegenden Antrag den Betrieb des Beschwerdeführers verlassen hat. A.F. könne indes nicht als Ersatz für diesen ausgeschiedenen Ausländer Anerkennung finden, weil A.F. als Gartenbautechniker benötigt werde, der ausgeschiedene Ausländer hingegen Hilfsarbeiter gewesen sei. Damit hat die belangte Behörde allerdings die Rechtslage verkannt, weil das AuslBG die von der belangten Behörde vorausgesetzte Identität der Bezeichnung der beiden in Betracht kommenden Arbeitsplätze nicht fordert.

Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingende Bestimmungen verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung. Davon ist auch im Falle der Suche nach einer Ersatzkraft für einen ausgeschiedenen Mitarbeiter auszugehen, es wäre denn, die Änderung des Anforderungsprofiles ließe an sich bereits erkennen, daß durch die neue Kraft eine von der freigewordenen gänzlich verschiedene Arbeitsstelle ausgefüllt werden soll. "Ersatz" bedeutet ganz allgemein eine Person, die anstelle einer nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr geeigneten Person eingesetzt werden soll. Es ist daher auch im Falle des A.F. ohne jedwede Erforschung der tatsächlich gegebenen Umstände nicht zulässig, allein aus der Bezeichnung "Gartenbautechniker" abzuleiten, A.F. werde im Betrieb des Beschwerdeführers keinesfalls in jenem Bereich eingesetzt werden, welchen vor ihm ein anderer Ausländer als "Hilfsarbeiter" abgedeckt hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0027, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Es hat auch nicht etwa der Beschwerdeführer dadurch, daß er den Vorhalt der belangten Behörde vom 29. September 1993 unbeantwortet gelassen hat, entgegen seinem ausdrücklichen Berufungsvorbringen zugestanden, daß A.F. nun doch nicht als dringender Ersatz für den ausgeschiedenen Ausländer benötigt würde.

Die belangte Behörde hat damit insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß es dazu der Abhaltung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bedurfte (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090465.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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