TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/25 91/17/0143

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Veröffentlicht am 25.02.1994
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §200 Abs1;
FremdenverkehrsG Tir 1979 §1 Abs6;
FremdenverkehrsG Tir 1979 §33 Abs1;
FremdenverkehrsGNov Tir 1991 Art3 Abs6;
FremdenverkehrsGNov Tir 1991 Art3 Abs8;
LAO Tir 1984 §150 Abs1;
VwGG §52 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Höß und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der XY-Ges.m.b.H. & Co in D, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Berufungskommission nach § 38 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 vom 5. März 1991, Zl. Id-Zl. 6.2/1025-2/91, betreffend Pflichtbeiträge zu Fremdenverkehrsverbänden und zum Tiroler Fremdenverkehrsförderungsfonds, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit vorläufigen Bescheiden des Amtes der Tiroler Landesregierung je vom 12. Juli 1990 wurden der Beschwerdeführerin Pflichtbeiträge zu acht näher genannten Fremdenverkehrsverbänden und - damit jeweils verbunden - an den Tiroler Fremdenverkehrsförderungsfonds für das Kalenderjahr 1990 vorgeschrieben.

Gegen diese acht Bescheide erhob die Beschwerdeführerin gemeinsam Berufung, in der sie im wesentlichen Normbedenken geltendmachte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die nach § 38 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 gebildete Berufungskommission die Berufung als unbegründet ab.

Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 17. Juni 1991, B 474/91-3, die Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung zur Pflichtmitgliedschaft bei Fremdenverkehrsverbänden, zur Standortfrage, zur Anknüpfung der Höhe der Fremdenverkehrsbeiträge an den Umsatz und zum nur mittelbaren Interesse einer Unternehmung am Fremdenverkehr ablehnte. Mit weiterem Beschluß vom 14. August 1991 trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde über nachträglich gestellten Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der gegenständlichen Pflichtbeiträge verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst geprüft, ob die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über die gegenständliche Berufung gesetzmäßig zusammengesetzt war.

Zur Zeit der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide galt das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1979, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 29. Mai 1979 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1976, LGBl. Nr. 39/1979 (Tir. FrVG 1979). Gemäß § 35 Abs. 2 dieses Gesetzes entschied über Berufungen gegen Bescheide des Amtes der Landesregierung betreffend (unter anderem) die Vorschreibung von Pflichtbeiträgen nach § 31 leg. cit. die beim Amt der Landesregierung einzurichtende Berufungskommission, die nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle aus einem Vorsitzenden und drei Beisitzern bestand. Abs. 4 dieser Gesetzesstelle traf nähere Regelungen über die Bestellung der Berufungskommission.

Durch Art. I. Z. 1 der Novelle zum Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1979, LGBl. Nr. 16/1991, erhielt das Gesetz den Titel "Tiroler Tourismusgesetz". Durch Art. I. Z. 29 der Novelle wurde § 35 leg. cit. dahin geändert, daß nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle die Berufungskommission aus FÜNF, dort näher genannten Mitgliedern zu bestehen hat. Gemäß Art. II Abs. 1 dieser Novelle ist sie mit 1. Jänner 1991 in Kraft getreten. Art. III der Novelle enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"...

(6) Die Mitglieder der Berufungskommission sind nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes neu zu bestellen.

...

(8) Verfahren nach § 35 Abs. 1 des Tiroler Tourismusgesetzes in der Fassung des Art. I Z. 29 dieses Gesetzes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, sind nach den bisherigen Vorschriften weiterzuführen.

..."

Mit Kundmachung der Landesregierung vom 25. Februar 1991, LGBl. Nr. 24, wurde das Tiroler Tourismusgesetz, LGBl. Nr. 39/1979, unter Berücksichtigung der durch die Gesetze LGBl. Nr. 34/1985 und 16/1991 erfolgten Änderungen als "Tiroler Tourismusgesetz 1991" wiederverlautbart. Hiebei erhielt der frühere § 35 die Bezeichnung "§ 38".

Nun könnte Art. III Abs. 8 der Novelle LGBl. Nr. 16/1991 so verstanden werden, daß unter den "bisherigen Vorschriften", nach denen die am 1. Jänner 1991 bereits anhängigen Verfahren über die Festsetzung der Pflichtbeiträge weiterzuführen sind, auch die Bestimmungen des § 35 Abs. 3 und 4 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1979 über die Zusammensetzung der Berufungskommission zu verstehen wären. Dem steht jedoch die (gleichfalls bereits zitierte) Bestimmung des Art. III Abs. 6 der Novelle LGBl. Nr. 16/1991 entgegen. Die dort normierte Neubestellung der Mitglieder der Berufungskommission läßt erkennen, daß der Gesetzgeber unter den "bisherigen Vorschriften" nach Abs. 8 dieser Gesetzesstelle jedenfalls nicht jene über die Zusammensetzung und die Bestellungsmodalitäten der Berufungskommission verstanden wissen wollte. Zutreffenderweise hat daher im Beschwerdefall die nach den neuen Vorschriften zusammengesetzte Berufungskommission entschieden.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung ihr Vorbringen im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof betreffend die vermeintliche Verfassungswidrigkeit von Vorschriften des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1979 idF. VOR der Novelle LGBl. Nr. 16/1991 (Tir. FrVG 1979, welches im Beschwerdefall nach Obgesagtem in materiell-rechtlicher Hinsicht jedenfalls anzuwenden ist) wiederholt, ist ihr zu erwidern, daß auch beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die bezughabenden Bestimmungen entstanden sind. Hiezu genügt es, auf die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluß zitierte Rechtsprechung zu verweisen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, zu keinem Zeitpunkt sei jemals bescheidmäßig festgelegt worden, daß sie den jeweiligen Fremdenverkehrsverbänden zugehörig sei. Eine derartige bescheidmäßige Festlegung sei aber erforderlich, um die Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin bei einem Fremdenverkehrsverband in einem rechtsstaatlichen Verfahren abklären zu können; weiters aber auch deshalb, weil der "Hebesatz" (richtig: Promillesatz) nach § 32 Abs. 12 des Tir. FrVG 1979 von der Summe aller Bemessungsgrundlagen abhängig sei.

Hiezu ist zu sagen, daß gemäß § 1 Abs. 6 leg. cit. über die Zugehörigkeit (Pflichtmitgliedschaft) zu einem Fremdenverkehrsverband im Zweifel das Amt der Landesregierung entscheidet. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom 15. April 1983, Zlen. 82/17/0026, 0027, 0076, 0122, bereits ausgesprochen hat, läßt sich der zuletzt erwähnten Bestimmung nicht entnehmen, daß es dem gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. mit der Berechnung, Vorschreibung, Einhebung und zwangsweisen Einbringung der Beiträge betrauten Amt der Landesregierung verwehrt wäre, auch vor Erlassung eines Feststellungsbescheides die Zugehörigkeitsfrage im Vorschreibungsverfahren als Vorfrage zu beurteilen. Daß und inwieweit den Abgabenbehörden diesbezüglich im Beschwerdefall ein Fehler unterlaufen sei, wird von der Beschwerde nicht aufgezeigt.

In ihrer Verfahrensrüge bringt die Beschwerdeführerin vor, die Festlegung der Fremdenverkehrsbeiträge sei jeweils im Schätzungswege erfolgt, weil die Grundlagen dafür von der Beschwerdeführerin nicht "geliefert" worden seien. Tatsächlich sei die Beschwerdeführerin gar nicht aufgefordert worden, diese Bemessungsgrundlagen bekanntzugeben. Auch für den Fall der Schätzung wäre eine "ordnungsgemäße Anhörung mit Parteiengehör" erforderlich gewesen, die jedoch nicht erfolgt sei.

Richtig ist, daß auch bei einer vorläufigen Abgabenfestsetzung nach § 150 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung (§ 200 BAO) die Behörde alle Umstände, die sie - wenngleich unter Aufwand von Zeit und Mühe - endgültig klären kann, auch tatsächlich ermitteln muß, bevor sie die Abgabe festsetzt (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 13. Juli 1951, Slg. Nr. 448/F, vom 9. November 1964, Zl. 1280/64, vom 3. November 1972, Zlen. 686 und 804/72, und vom 4. September 1986, Slg. Nr. 6136/F). Ob den Abgabenbehörden in dieser Hinsicht ein Verfahrensmangel unterlaufen ist und ob die Beschwerdeführerin, die auf Verwaltungsebene die Höhe der Vorschreibungen nicht bekämpft hatte, zur Geltendmachung eines solchen Verfahrensmangels (entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung) berechtigt ist, braucht jedoch nicht geprüft zu werden. Denn Verfahrensmängel nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b bzw. c VwGG können nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 591, wiedergegebene Rechtsprechung sowie etwa auch das Erkenntnis vom 29. April 1992, Zl. 88/17/0106). Die Beschwerdeführerin behauptet jedoch auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht, aus welchen Gründen und inwieweit die Abgabenfestsetzung ziffernmäßig unrichtig sei. Sie hat damit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nur EIN Bescheid der belangten Behörde angefochten war (vgl. hiezu die bei Dolp, a.a.O., Seite 707 f., angefochtene Rechtsprechung).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991170143.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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